Versionsverlauf


  • ab 09.08.2018 (aktuelle Fassung)

§ 17 ThürArchivG - Schutzfristen

Bibliographie

Titel
Thüringer Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut (Thüringer Archivgesetz - ThürArchivG)
Amtliche Abkürzung
ThürArchivG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Thüringen
Gliederungs-Nr.
224-2

(1) Archivgut wird im Regelfall 30 Jahre nach Entstehung der Unterlagen für die Benutzung freigegeben. Archivgut, das sich nach seiner Zweckbestimmung oder nach seinem wesentlichen Inhalt auf eine oder mehrere natürliche Personen bezieht oder die schützenswerte Privatsphäre berührt (personenbezogenes Archivgut), darf erst zehn Jahre nach dem Tod der betreffenden Person benutzt werden. Ist das Todesjahr nicht oder nur mit hohem Aufwand feststellbar, endet die Schutzfrist 100 Jahre nach der Geburt der betroffenen Person. Kann auch deren Geburtsjahr nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand festgestellt werden, endet der Schutz 60 Jahre nach Entstehung der Unterlagen.

(2) Die Schutzfrist nach Absatz 1 Satz 1 gilt nicht für solche Unterlagen, die bereits bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt waren oder für Unterlagen, für die vor der Übergabe an das Landesarchiv bereits ein Zugang oder eine Veröffentlichung nach anderen gesetzlichen Vorschriften vorlag. Außerdem findet sie auf Unterlagen im Sinne des § 3 Abs. 2 sowie der staatlichen Verwaltungsbehörden der ehemaligen DDR, die nicht personenbezogen sind, keine Anwendung.

(3) Archivgut, das besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegt, darf erst 60 Jahre nach seiner Schließung benutzt werden. Für personenbezogenes Archivgut, das besonderen Geheimhaltungs- und Schutzfristen unterliegt, beträgt die Schutzfrist, wenn das Todesjahr betroffener Personen feststellbar ist, 30 Jahre nach dem Tod beziehungsweise 130 Jahre nach der Geburt bei nicht zu ermittelndem Todesjahr. Sind weder Geburts- noch Todesjahr zu ermitteln, darf das Archivgut erst 90 Jahre nach dessen Schließung benutzt werden.

(4) Die in den Absätzen 1 und 3 festgesetzten Schutzfristen gelten auch für die Benutzung durch öffentliche Stellen. Die Benutzung von Archivgut durch öffentliche Stellen nach § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1, bei denen es entstanden ist, die es abgegeben haben oder die an deren Stelle fachlich oder aufgabenbezogen zuständig sind, ist auch innerhalb der Schutzfristen möglich; die Schutzfristen sind jedoch zu beachten, wenn das Archivgut aufgrund besonderer Vorschriften hätte gesperrt, gelöscht oder vernichtet werden müssen.

(5) Die Schutzfristen können vom verwahrenden öffentlichen Archiv im Einzelfall auf Antrag des Nutzers verkürzt werden, wenn besondere schutzwürdige Belange nicht entgegenstehen. Bei personenbezogenem Archivgut ist eine Verkürzung der Schutzfristen zulässig, wenn:

  1. 1.

    die Benutzung für ein bestimmtes Forschungsvorhaben erforderlich ist und schutzwürdige Belange der betroffenen Person oder Dritter nicht beeinträchtigt werden oder das öffentliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens die schutzwürdigen Belange erheblich überwiegt;

  2. 2.

    die Benutzung zur Wahrnehmung berechtigter Belange wie zum Zweck der Strafverfolgung, der Rehabilitierung von Betroffenen, Vermissten und Verstorbenen, der Wiedergutmachung, der Hilfeleistung nach dem Häftlingshilfegesetz, dem Schutz des Persönlichkeitsrechtes, der Aufklärung von Verwaltungsakten oder der Aufklärung des Schicksals Vermisster und ungeklärter Todesfälle erforderlich ist.

Die Forschungsergebnisse nach Satz 2 Nr. 1 sind ohne personenbezogene Angaben aus dem Archivgut zu veröffentlichen, es sei denn, es handelt sich um Amtsträger in Ausübung ihrer Ämter oder Personen der Zeitgeschichte, sofern deren schützenswerte Privatsphäre nicht betroffen ist. Für Archivgut, welches besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegt oder für das ein besonderes Schutzbedürfnis gegeben ist, ist zusätzlich das Einvernehmen mit der abgebenden Stelle herzustellen.

(6) Eine Benutzung personenbezogenen Archivguts ist unabhängig von den festgelegten Schutzfristen auch zulässig, wenn es sich um den Betroffenen selbst handelt oder wenn die Person, auf die sich das Archivgut bezieht, oder im Falle ihres Todes, ihre Angehörigen zugestimmt haben. Die Einwilligung ist durch den Benutzer von den Angehörigen einzuholen. Für die Erteilung der Einwilligung befugte Angehörige sind:

  1. 1.

    der Ehegatte,

  2. 2.

    der eingetragene Lebenspartner,

  3. 3.

    sofern der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner verstorben ist oder ein solcher nicht vorhanden ist, die Kinder der betroffenen Person,

  4. 4.

    wenn weder Personen nach Nummer 1 oder 2 noch nach Nummer 3 vorhanden sind, die Eltern der betroffenen Person. Die Zustimmung der Angehörigen setzt die mutmaßliche Einwilligung der Betroffenen voraus.

Sind überwiegende schutzwürdige Belange Dritter zu wahren, ist gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 zu verfahren. Absatz 5 Satz 4 gilt entsprechend.

(7) Die festgelegten Schutzfristen können durch das verwahrende öffentliche Archiv um höchstens 20 Jahre verlängert werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt; davon bleiben die in Absatz 3 festgelegten Schutzfristen unberührt.