Abschnitt 2 BeschaffRlTMIK - Grundsätze
Bibliographie
- Titel
- Richtlinie des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales für das Verfahren bei Beschaffungen im Geschäftsbereich des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales (Beschaffungsrichtlinie TMIK - BeschaffRlTMIK)
- Amtliche Abkürzung
- BeschaffRlTMIK
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Thüringen
- Gliederungs-Nr.
- Neue FN 2024
2.1 Beschaffungen im Sinne der Richtlinie
Beschaffungen im Sinne der Richtlinie umfassen die Vergabe von öffentlichen Aufträgen über Leistungen (Lieferungen und Dienstleistungen) sowie Rahmenverträge.
Beschaffungen sind Bestandteil des Prozesses der Bedarfsdeckung. Voraussetzungen sind das Vorliegen eines Bedarfs, die Planung der Bedarfsdeckung und Haushaltsmittel, das Bereitstellen der Haushaltsmittel sowie Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens.
2.2 Verfahrensgrundsätze
Beschaffungen sind vorausschauend zu planen und zu steuern.
Beschaffungen sollen vorrangig aus Rahmenverträgen und aus Katalogen (stärkere Produktstandardisierung) realisiert werden. Vor jeder Beschaffung ist zu prüfen, ob für das zu beschaffende Produkt oder die zu beschaffende Leistung ein Rahmenvertrag vorliegt.
Zu jedem Beschaffungsvorgang müssen alle begründenden Unterlagen und Entscheidungen vollständig und transparent dokumentiert werden.
Bei allen Beschaffungen sind die Bestimmungen des Haushalts- und Vergaberechts in der jeweils geltenden Fassung zu beachten und einzuhalten. Hierzu gehören insbesondere:
die Thüringer Landeshaushaltsordnung (ThürLHO),
das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB),
die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung - VgV),
die Verordnung über die Vergabe von Konzessionen (Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV),
das Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Thüringer Vergabegesetz-ThürVgG),
die Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte (Unterschwellenvergabeordnung - UvgO),
die Thüringer Verwaltungsvorschrift zur Vergabe öffentlicher Aufträge,
die Richtlinie zum wirtschaftlichen Einsatz von Haushaltsmitteln für die Vergabe von Gutachten, Studien, Forschungsaufträgen und ähnlichen Werkverträgen,
Rundschreiben des für Wirtschaft zuständigen Ministeriums zur Anwendung des Thüringer Vergabegesetzes und der Thüringer Richtlinien zum Öffentlichen Auftragswesen,
Rundschreiben des für Haushalt zuständigen Ministeriums zum Haushaltsvollzug,
Rundschreiben des Thüringer Landesverwaltungsamtes zur Öffentlichen Auftragsvergabe.
2.3 Grundsatz der zentralen Beschaffung
Beschaffungen des TMIK und der Behörden und Einrichtungen der Thüringer Polizei erfolgen grundsätzlich zentral über die Zentrale Beschaffungsstelle der Landespolizeidirektion (LPD).
Die Beschaffung von Fahrzeugen des Katastrophenschutzes und sonstiger Ausrüstung durch das Thüringer Landesverwaltungsamt (TLVwA) im Rahmen des fortzuschreibenden Ausstattungsprogramms für den Katastrophenschutz gemäß § 44 Abs. 4 Satz 2 des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes erfolgt ebenfalls zentral über die Zentrale Beschaffungsstelle der LPD.
Durch Erlass des TMIK können weitere Behörden und Einrichtungen des Geschäftsbereichs zur zentralen Beschaffung über die Zentrale Beschaffungsstelle verpflichtet werden.
Mit Zustimmung des TMIK kann die Zentrale Beschaffungsstelle auch für andere Landesbehörden innerhalb oder außerhalb des Geschäftsbereichs des TMIK beschaffen. Die Beauftragung zur Beschaffung hat in Textform zu erfolgen. Ihr sind eine vom jeweiligen Behördenleiter oder dessen Vertreter gezeichnete Leistungsbeschreibung, eine Vergabematrix sowie ggf. Vertragsentwürfe beizufügen. Abzuschließende Verträge zeichnet der Leiter oder der hierzu ermächtigte Vertreter der Behörde, für die die Beschaffung erfolgt.
Kooperationen mit Bundesbehörden oder anderen Bundesländern sind bei zentralen Beschaffungen nach vorheriger Zustimmung des TMIK möglich. Sie bedürfen grundsätzlich des Abschlusses eines Verwaltungsabkommens mit dem Freistaat Thüringen, vertreten durch das TMIK, und einer durch das TMIK gezeichneten Durchführungsvereinbarung. Eine Delegation ist im Einzelfall möglich.
2.4 Dezentrale Beschaffungen
In Ausnahmefällen können die Behörden und Einrichtungen die nachfolgenden Lieferungen und Leistungen dezentral in eigener Zuständigkeit beschaffen:
- a)
Lieferungen und Leistungen, deren geschätzter Auftragswert 7.000 EUR ohne Umsatzsteuer nicht übersteigt (Direktauftrag),
- b)
Sachverständigenleistungen (Gutachten, Rechtsberatungen und andere),
- c)
Leistungen, die eine besondere schöpferische Fähigkeit verlangen,
- d)
Lieferungen und Leistungen, die einer Preisbindung unterliegen, soweit andere Wettbewerbs- und Zuschlagskriterien nicht relevant sind,
- e)
Lieferungen und Leistungen mit besonderer Sachnähe,
- f)
besonders dringliche Lieferungen und Leistungen.
Besondere Sachnähe ist ungeachtet des Auftragswertes insbesondere bei Lieferungen und Leistungen gegeben, die bereits im Vorfeld der Vergabe einer unmittelbaren und tiefgehenden Abstimmung zwischen Bedarfsstelle und künftigem Auftragnehmer bedürfen (Medien-, Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen, Kunst, Kultur und anderes). Besondere Sachnähe liegt grundsätzlich auch bei Lieferungen und Leistungen vor, die der Wiederherstellung oder Gewährleistung eines geordneten Dienstbetriebes dienen (z. B. Instandsetzungen, Schadensbeseitigung), soweit nicht bereits besondere Dringlichkeit (z. B. in Fällen einer Havarie) gegeben ist. Eine besondere Sachnähe kann im Einzelfall auch in folgenden Fällen gegeben sein:
wenn eine Beschaffungsmaßnahme wirtschaftlicher dezentral als zentral realisiert werden kann,
wenn das Vergabeverfahren einfach gelagert ist, d. h. für rechtssichere Vergaben vergaberechtliches Spezialwissen der zentralen Beschaffungsstelle nicht notwendig ist (in der Regel bei Vergaben an einen Bieter mit einem Alleinstellungsmerkmal),
wenn die dezentrale Durchführung der Beschaffung aus Gründen der Geheimhaltung erforderlich ist,
wenn ein Bedarf aus einer zentralen Beschaffungsmaßnahme von dritter Stelle (z. B. vom Thüringer Finanzministerium abgeschlossene Rahmenverträge) gedeckt werden kann und die Bedarfsstelle hieraus bezugsberechtigt ist,
im Rahmen des regionalen behördlichen Gesundheitsmanagements.
Das Vorliegen der besonderen Sachnähe ist durch die dezentrale Beschaffungsstelle zu begründen und zu dokumentieren.
Eine besondere Dringlichkeit ist gegeben, wenn eine Beschaffung durch die Zentrale Beschaffungsstelle nicht zeitgerecht erfolgen kann. Die besondere Dringlichkeit muss sich aus Umständen ergeben, die für die dezentrale Beschaffungsstelle nicht voraussehbar waren und ihr nicht zuzurechnen sind. Die besondere Dringlichkeit ist durch die dezentrale Beschaffungsstelle zu begründen und zu dokumentieren.
Eine dezentrale Beschaffung in den genannten Fällen ist nur dann zulässig, wenn die zu beschaffende Lieferung oder Leistung nicht zeitgerecht über einen von der Zentralen Beschaffungsstelle abgeschlossenen Rahmenvertrag beschafft werden kann.
2.5 IT-Unterstützung
Zur Gewährleistung eines einheitlichen Verwaltungshandelns im Hinblick auf alle Beschaffungsvorgänge sind für das Anforderungs- und Vergabemanagement sowie dem Bestandsnachweis die vom TMIK vorgegebenen IT-Verfahren zu nutzen.
Zur Reduktion von Medienbrüchen bzw. manuellem Übertragungsaufwand sind Schnittstellen zwischen den eingesetzten IT-Verfahren zu schaffen. Sofern die technischen und rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, sollen alle Beschaffungsprozesse vollständig elektronisch abgebildet werden. Das Erstellen und Vorhalten papiergebundener Unterlagen ist auf ein Minimum zu reduzieren.
2.6 Nachhaltigkeit
In jeder Phase des Beschaffungsprozesses sollen umweltbezogene Aspekte berücksichtigt, gefördert und unterstützt werden, sofern eine Verbindung und Verhältnismäßigkeit zum Auftragsgegenstand sowie dessen Wert und Beschaffungsziel besteht. Im Anwendungsbereich der Unterschwellenvergabeordnung erfolgt die Berücksichtigung umweltbezogener Aspekte nach § 2 Abs. 3 UVgO und im Anwendungsbereich des Thüringer Vergabegesetzes zusätzlich nach § 4 ThürVgG.
Bei Beschaffungen oberhalb des EU-Schwellenwertes sind Umweltaspekte zudem nach Maßgabe der § 97 Abs. 3 GWB und § 67 VgV zu berücksichtigen.
Die Nachweisführung durch Gütezeichen ist, nach Maßgabe einschlägiger Rechtsnormen, für alle Wertungsstufen möglich.
Außer Kraft am 31. Dezember 2029 durch Ziffer 11 Satz 1 der Richtlinie vom 6. März 2024 (ThürStAnz S. 518)