§ 8 BremVerfSchG - Informationsbeschaffung mit nachrichtendienstlichen Mitteln
Bibliographie
- Titel
- Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Bremen (Bremisches Verfassungsschutzgesetz - BremVerfSchG)
- Amtliche Abkürzung
- BremVerfSchG
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Bremen
- Gliederungs-Nr.
- 12-b-1
(1) Die Verfassungsschutzbehörde darf, soweit nicht der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung entgegensteht, zur heimlichen Informationsbeschaffung, einschließlich der heimlichen Erhebung personenbezogener Daten, nur folgende nachrichtendienstliche Mittel anwenden:
- 1.
Inanspruchnahme von Vertrauenspersonen, sonstigen geheimen Informantinnen und Informanten und Gewährspersonen;
- 2.
Einsatz von verdeckt ermittelnden Beamtinnen und Beamten;
- 3.
Observationen und für besondere Observationszwecke bestimmte technische Mittel;
- 4.
heimliche Bildaufzeichnungen;
- 5.
verdeckte Ermittlungen und Befragungen;
- 6.
heimliches Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel;
- 7.
heimliches Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel;
- 8.
Beobachtung des Funkverkehrs auf nicht für den allgemeinen Empfang bestimmten Kanälen;
- 9.
fingierte biographische, berufliche oder gewerbliche Angaben (Legenden);
- 10.
Tarnpapiere und Tarnkennzeichen;
- 11.
Überwachung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Artikel 10-Gesetzes;
- 12.
(weggefallen)
(2) Die Mittel nach Absatz 1 dürfen nur angewendet werden, wenn
- 1.
sich ihr Einsatz gegen Personenzusammenschlüsse, in ihnen oder für sie tätige Personen oder gegen Einzelpersonen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 3 Absatz 1 Satz 1 vorliegen;
- 2.
sich ihr Einsatz gegen Personen richtet, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für eine der in Nummer 1 genannten Personen bestimmte oder von ihr herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben;
- 3.
ihr Einsatz gegen andere als die in den Nummern 1 und 2 genannten Personen unumgänglich ist, um Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder über Bestrebungen zu gewinnen, die sich unter Anwendung von Gewalt oder durch darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 3 genannten Schutzgüter wenden;
- 4.
durch sie die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 3 Absatz 1 Satz 1 erforderlichen Quellen in den in Nummer 1 genannten Personenzusammenschlüssen gewonnen oder überprüft werden können oder
- 5.
dies zum Schutz der Bediensteten, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist.
(3) In den Fällen des § 53 der Strafprozessordnung ist die Informationsbeschaffung mit den Mitteln nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 7 unzulässig; ergibt sich während oder nach Durchführung der Maßnahme, dass ein Fall des § 53 der Strafprozessordnung vorliegt, dürfen die Erkenntnisse nicht verwendet werden. In den Fällen des § 53a der Strafprozessordnung gilt § 9 Absatz 4 Satz 2 entsprechend.
(4) Technische Mittel gemäß Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 darf die Verfassungsschutzbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 unter den Voraussetzungen des § 3 Absatz 1 des Artikel 10-Gesetzes einsetzen. Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn ohne die Ermittlung die Erreichung des Zwecks der Überwachungsmaßnahme aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Personenbezogene Daten Dritter dürfen anlässlich solcher Maßnahmen nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Zwecks nach Satz 1 unvermeidbar ist. Sie unterliegen einem absoluten Verwendungsverbot und sind unverzüglich zu löschen. § 7 Absatz 5 bis 7 gilt entsprechend. Das Grundrecht des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
(5) Eine Informationsbeschaffung mit den Mitteln nach Absatz 1 ist unzulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere, die Betroffenen weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; dies ist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch ein Ersuchen nach § 18 Absatz 3 gewonnen werden kann. Die Anwendung eines Mittels nach Absatz 1 darf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen, insbesondere nicht außer Verhältnis zu der Gefahr, die von der jeweiligen Bestrebung oder Tätigkeit nach § 3 Absatz 1 Satz 1 ausgeht oder ausgehen kann. Die Maßnahme ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann.
(6) Von einem Einsatz eines nachrichtendienstlichen Mittels nach Absatz 1, das in seiner Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses gleichkommt, ist die Parlamentarische Kontrollkommission in der nächsten nach der Anordnung stattfindenden Sitzung zu unterrichten.
(7) Die Behörden des Landes und der Gemeinden sind verpflichtet, der Verfassungsschutzbehörde technische Hilfe für Tarnmaßnahmen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 10) zu leisten.
(8) Die näheren Voraussetzungen für die Anwendung der Mittel nach Absatz 1 und die Zuständigkeit für ihre Anordnung sind in Dienstvorschriften durch den Senator für Inneres umfassend zu regeln. Für die Anordnung des Einsatzes eines Mittels nach Absatz 1 Nummer 2 im Schutzbereich des Artikel 13 des Grundgesetzes ist die Zuständigkeit der Leitung der Verfassungsschutzbehörde vorzusehen. Vor Erlass solcher Dienstvorschriften ist die Parlamentarische Kontrollkommission rechtzeitig zu unterrichten.