§ 6 LArchG - Nutzung des Archivguts
Bibliographie
- Titel
- Gesetz über die Pflege und Nutzung von Archivgut (Landesarchivgesetz - LArchG)
- Amtliche Abkürzung
- LArchG
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Baden-Württemberg
- Gliederungs-Nr.
- 116
(1) Jedermann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, hat nach Maßgabe der Benutzungsordnung das Recht, das Archivgut nach Ablauf der Sperrfristen zu nutzen, soweit sich aus Rechtsvorschriften oder Vereinbarungen mit derzeitigen oder früheren Eigentümern des Archivguts nichts anderes ergibt.
(2) Archivgut darf nicht vor Ablauf von 30 Jahren seit Entstehung der Unterlagen genutzt werden. Unterlag Archivgut Rechtsvorschriften über Geheimhaltung, darf es frühestens 60 Jahre nach Entstehung der Unterlagen genutzt werden. Bezieht es sich nach seiner Zweckbestimmung auf eine natürliche Person, so darf es frühestens 10 Jahre nach deren Tod genutzt werden; kann der Todestag nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand festgestellt werden, endet die Sperrfrist 90 Jahre nach der Geburt.
(3) Die Sperrfristen nach Absatz 2 gelten nicht für solche Unterlagen, die schon bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt oder der Öffentlichkeit zugänglich waren.
(4) Das Landesarchiv kann Sperrfristen um höchstens 20 Jahre verlängern, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt oder wenn schutzwürdige Belange des Betroffenen dies erfordern. Das Landesarchiv kann Sperrfristen verkürzen, wenn schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht entgegenstehen. Eine Verkürzung der Sperrfrist nach Absatz 2 Satz 3 ist nur zulässig, wenn die Person, auf die sich das Archivgut bezieht, oder im Falle ihres Todes ihr Ehegatte, ihr Lebenspartner, ihre Kinder oder ihre Eltern eingewilligt haben oder wenn die Nutzung zu wissenschaftlichen Zwecken oder zur Wahrnehmung berechtigter Belange, die im überwiegenden Interesse einer anderen Person oder Stelle liegen, unerlässlich ist und durch Anonymisierung oder durch andere Maßnahmen die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt werden. Bei einer Nutzung zu wissenschaftlichen Zwecken kann von einer Anonymisierung abgesehen werden, wenn das wissenschaftliche Interesse an der Offenbarung wegen der Bedeutung des Forschungsvorhabens die schutzwürdigen Belange des Betroffenen erheblich überwiegt und das Forschungsvorhaben sonst nicht durchgeführt werden könnte.
(5) Für die Nutzung von Archivgut durch Behörden, Gerichte und sonstige Stellen des Landes, bei denen es entstanden ist oder die es abgegeben haben, gelten die Sperrfristen der Absätze 2 und 4 nicht, es sei denn, dass das Archivgut durch diese Stellen auf Grund von Rechtsvorschriften hätten gesperrt oder vernichtet werden müssen. §13 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 des Landesdatenschutzgesetzes bleibt unberührt.
(6) Die Nutzung ist einzuschränken oder zu versagen, soweit
- 1.Grund zu der Annahme besteht, dass das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet würde oder
- 2.Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange Dritter entgegenstehen oder
- 3.der Erhaltungszustand des Archivguts gefährdet würde oder
- 4.ein nicht vertretbarer Verwaltungsaufwand entstehen würde oder
- 5.Vereinbarungen mit derzeitigen oder früheren Eigentümern entgegenstehen.
Die Nutzung kann aus anderen wichtigen Gründen eingeschränkt oder versagt werden. Die Entscheidung über die Einschränkung oder Versagung der Nutzung trifft das Landesarchiv. Das Nähere über die Nutzung des Archivguts, insbesondere über das Antrags- und Genehmigungsverfahren, über die Sorgfaltspflichten bei der Nutzung, über die Versendung von Archivgut, über die Ablieferung von Belegexemplaren und über die Herstellung von Kopien und Reproduktionen, regelt die Landesregierung durch Rechtsverordnung (Benutzungsordnung).
(7) Der Nutzer ist verpflichtet, von einem Druckwerk im Sinne von § 2 Abs. 1 des Pflichtexemplargesetzes, das er unter wesentlicher Verwendung von Archivgut des Landesarchivs verfasst oder erstellt hat, nach Erscheinen des Druckwerkes der Archivverwaltung unaufgefordert ein Belegexemplar unentgeltlich abzuliefern. Ist dem Nutzer die unentgeltliche Ablieferung eines Belegexemplares insbesondere wegen der niedrigen Auflage oder der hohen Kosten des Druckwerkes nicht zumutbar, kann er der Archivverwaltung entweder ein Exemplar des Druckwerkes zur Herstellung einer Vervielfältigung für einen angemessenen Zeitraum überlassen oder eine Entschädigung bis zur Höhe des halben Ladenpreises verlangen. Wenn ein Ladenpreis nicht besteht, kann der Nutzer eine Entschädigung bis zur Höhe der halben Herstellungskosten des Belegexemplars verlangen. Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für Veröffentlichungen des Nutzers in Sammelwerken oder Zeitschriften sowie für Schriftwerke, die nicht veröffentlicht sind. Ohne Zustimmung des Nutzers dürfen nichtveröffentlichte Schriftwerke von der Archivverwaltung nur zur Erschließung von Archivgut verwendet werden; anderen Personen darf keine Einsicht in nichtveröffentlichte Schriftwerke gewährt werden. Satz 5 findet keine Anwendung, wenn das Urheberrecht erloschen ist.