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§ 14a BbgVerfSchG - Besondere Auskunftsersuchen

Bibliographie

Titel
Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG)
Amtliche Abkürzung
BbgVerfSchG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Brandenburg
Gliederungs-Nr.
12-1

(1) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 3 Absatz 1 erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die in § 3 Absatz 1 genannten Schutzgüter vorliegen, bei denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen oder Telemedien anbieten oder daran mitwirken, Auskünfte über Daten, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Postdienstleistungen oder Telemedien gespeichert worden sind, einholen.

(2) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 3, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 3 Absatz 1 und für eine schwerwiegende Gefahr für die dort genannten Schutzgüter vorliegen, bei

  1. 1.

    Verkehrsunternehmen sowie Betreibern von Computerreservierungssystemen und Globalen Distributionssystemen Auskünfte zu Namen und Anschriften von Kunden sowie zu Inanspruchnahme und Umständen von Transportleistungen, insbesondere zum Zeitpunkt von Abfertigung und Abflug und zum Buchungsweg,

  2. 2.

    Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen Auskünfte zu Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und über Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungsein- und -ausgänge,

einholen.

(3) Die Verfassungsschutzbehörde darf, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 3 Absatz 1 im Einzelfall erforderlich ist, von denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, Auskünfte über Bestandsdaten und die nach den § 172 des Telekommunikationsgesetzes vom 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1858), das zuletzt durch Artikel 35 des Gesetzes vom 6. Mai 2024 (BGBl. I Nr. 149) geändert worden ist, erhobenen Daten verlangen (§ 174 Absatz 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes). Dies gilt auch für Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (§ 174 Absatz 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes). Die Auskunft darf auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt werden (§ 174 Absatz 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes). Die Auskunft darf nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für das Nutzen der Daten vorliegen.

(4) Die Verfassungsschutzbehörde darf im Einzelfall zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 3 Absatz 1 unter den Voraussetzungen des § 3 Absatz 1 des Artikel 10-Gesetzes bei Personen und Unternehmen, die geschäftsmäßig

  1. 1.

    Postdienstleistungen erbringen oder daran mitwirken, Auskünfte zu Namen, Anschriften und Postfächern und sonstigen Umständen des Postverkehrs,

  2. 2.

    Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, Auskünfte zu Verkehrsdaten nach § 176 Absatz 2 und 4 des Telekommunikationsgesetzes,

  3. 3.

    Telemedien anbieten oder daran mitwirken, Auskünfte über

    1. a)

      Merkmale zur Identifikation des Nutzers von Telemedien,

    2. b)

      Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen Nutzung und

    3. c)

      die vom Nutzer in Anspruch genommenen Telemedien

einholen.

(5) Soweit es zur Erfüllung der Aufgaben nach § 3 Absatz 1 erforderlich ist, darf die Verfassungsschutzbehörde im Einzelfall beim Bundeszentralamt für Steuern Auskünfte über die in § 93b Absatz 1 der Abgabenordnung bezeichneten Daten einholen (Kontostammdatenabfrage). Die G 10-Kommission ist hierüber im Abstand von höchstens sechs Monaten zu unterrichten.

(6) Die Auskünfte nach den Absätzen 1 bis 5 dürfen bei Unternehmen eingeholt werden, die in Deutschland eine Niederlassung haben, den Dienst erbringen oder hieran mitwirken.

(7) Auskünfte nach Absatz 3, soweit Daten nach § 174 Absatz 1 Satz 2 und 3 des Telekommunikationsgesetzes betroffen sind, und Auskünfte nach Absatz 2 und 4 dürfen nur auf Anordnung des für Inneres zuständigen Mitglieds der Landesregierung, bei Verhinderung durch die Vertretung eingeholt werden. Die Anordnung ist durch die Leiterin oder den Leiter der Verfassungsschutzabteilung, bei Verhinderung durch die Vertretung schriftlich oder durch elektronischen Schriftformersatz zu beantragen. Der Antrag ist zu begründen. Das für Inneres zuständige Ministerium unterrichtet unverzüglich die G 10-Kommission über die Anordnung vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzug kann die Ministerin oder der Minister, bei Verhinderung deren Vertretung, den Vollzug der Anordnung auch bereits vor Unterrichtung der G 10-Kommission anordnen. Die G 10-Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. § 15 Absatz 5 des Artikel 10-Gesetzes ist entsprechend anzuwenden. Anordnungen, welche die G 10-Kommission für unzulässig erklärt, hat die Ministerin oder der Minister unverzüglich aufzuheben. Die Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkommission erfolgt gemäß § 25 Absatz 2 Nummer 1.

(8) Bei Maßnahmen nach Absatz 2 bis 4 ist § 4 des Artikel 10-Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass kopierte Daten nach dem Stand der Technik gegen Veränderung, unbefugte Löschung und unbefugte Kenntnisnahme zu schützen sind. § 1 des Gesetzes zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes sowie § 11 Absatz 1 und 2, § 12 Absatz 1 und 3 sowie § 17 Absatz 3 des Artikel 10-Gesetzes sind entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 des Artikel 10-Gesetzes ist entsprechend anwendbar; sofern die Bezeichnung der Person, gegen die sich die Beschränkungsmaßnahme richtet, in der Anordnung dem Verpflichteten gegenüber nicht möglich ist oder durch die Bezeichnung die Erreichung des Zwecks der Maßnahme aussichtslos oder wesentlich erschwert wird, genügt eine räumlich und zeitlich hinreichende Bezeichnung der Telekommunikation. Soweit dem Verpflichteten keine Entschädigung nach besonderen Bestimmungen zusteht, findet § 20 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. Im Übrigen hat der Verpflichtete die Auskunft unentgeltlich zu erteilen.

(9) Die zur Erteilung der Auskunft erforderlichen Daten müssen unverzüglich, vollständig und richtig übermittelt werden. Das Auskunftsersuchen und die übermittelten Daten dürfen der betroffenen Person oder Dritten vom Verpflichteten nicht mitgeteilt werden.

(10) Das für Inneres zuständige Ministerium unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundes jährlich nach § 8b Absatz 10 Satz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2097, 2128) geändert worden ist, über die Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 4 Nummer 2 und 3; dabei ist insbesondere ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der durchgeführten Maßnahmen zu geben. Auf Auskünfte nach Absatz 4 Nummer 2 sind die Vorgaben des § 8b Absatz 8 Satz 4 und 5 des Bundesverfassungsschutzgesetzes anzuwenden. Für die Erteilung von Auskünften nach Absatz 1, 2 und 4 Nummer 3 gilt die Nachrichtendienste-Übermittlungsverordnung vom 11. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2117), die durch Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3346, 3353) geändert worden ist.

(11) Die Betreiber einer Videoüberwachung zur Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume im Sinne des § 4 Absatz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2097) sind verpflichtet, der Verfassungsschutzbehörde Aufzeichnungen auszuleiten, wenn dies zur Aufklärung von Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne von § 3 Absatz 1 dieses Gesetzes mit erheblicher Bedeutung erforderlich ist.