STFLG,SL - Saarländisches Tariftreue- und Fairer-Lohn-Gesetz

Gesetz über die Sicherung von Sozialstandards, Tariftreue und fairen Löhnen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im Saarland
(Saarländisches Tariftreue- und Fairer-Lohn-Gesetz - STFLG -)

Bibliographie

Titel
Gesetz über die Sicherung von Sozialstandards, Tariftreue und fairen Löhnen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im Saarland (Saarländisches Tariftreue- und Fairer-Lohn-Gesetz - STFLG -)
Amtliche Abkürzung
STFLG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Saarland
Gliederungs-Nr.
700-9

Vom 8. Dezember 2021 (Amtsbl. I S. 2688)

Der Landtag hat beschlossen:

Inhaltsübersicht§§
Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen
Ziel, Regelungsgegenstand und Verfahrensgrundsätze1
Sachlicher und persönlicher Anwendungsbereich2
Abschnitt 2
Tariftreuepflicht und Tariftreueerklärung
Bau-, Liefer- und Dienstleistungen3
Öffentliche Personenverkehrsdienste4
Freistellungsverkehre5
Besondere Personengruppen6
Nachunternehmen, Verleihunternehmen7
Angabe der einschlägigen Tarifverträge und Arbeitsbedingungen8
Betreiberwechsel bei der Erbringung von Personenverkehrsdiensten9
Abschnitt 3
Weitere Kriterien bei der Auftragsvergabe
ILO-Kernarbeitsnormen10
Weitere Kriterien11
Abschnitt 4
Verfahren und Kontrolle
Nachweise12
Kontrollen13
Sanktionen14
Allgemeine Verwaltungsvorschriften15
Abschnitt 5
Übergangs- und Schlussbestimmungen
Evaluierung16
Sprachliche Gleichstellung17
Übergangsregelung18
Inkrafttreten, Außerkrafttreten19

§§ 1 - 2, Abschnitt 1 - Allgemeine Bestimmungen

§ 1 STFLG - Ziel, Regelungsgegenstand und Verfahrensgrundsätze

Bibliographie

Titel
Gesetz über die Sicherung von Sozialstandards, Tariftreue und fairen Löhnen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im Saarland (Saarländisches Tariftreue- und Fairer-Lohn-Gesetz - STFLG -)
Amtliche Abkürzung
STFLG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Saarland
Gliederungs-Nr.
700-9

(1) Dieses Gesetz wirkt Verzerrungen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge und Konzessionen entgegen, die durch den Einsatz von Niedriglohnkräften entstehen. Es verfolgt das Ziel, einen wirksamen Beitrag zum Schutz der betroffenen Arbeitnehmer zu leisten, einen unfairen Unterbietungs- und Verdrängungswettbewerb zu verhindern sowie die sozialen Sicherungssysteme zu stabilisieren. Es bestimmt zu diesem Zweck, dass öffentliche Aufträge und Konzessionen nur an Unternehmen vergeben werden dürfen, die ihren Arbeitnehmern die durch dieses Gesetz festgesetzten Arbeitsbedingungen gewähren und sich tariftreu verhalten.

(2) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund vergaberechtlicher Vorschriften ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Die Landesregierung kann neben den in den einschlägigen Vergabeverordnungen genannten Präqualifizierungsmöglichkeiten weitere Präqualifizierungsver-fahren durch Richtlinien regeln.

(4) Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforderungen an beauftragte Unternehmen gestellt werden, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Die Tariftreueverpflichtungen nach §§ 3, 4 und 5 bleiben unberührt.

(5) Bei begründeten Zweifeln an der Angemessenheit des Angebots verlangt die Vergabestelle gemäß § 60 Vergabeverordnung (VgV) von den Bietern der engeren Wahl Aufklärung. Kommen die Bieter der engeren Wahl innerhalb der von der Vergabestelle festgelegten Frist dieser Aufklärungspflicht nicht oder nur unzureichend nach, sind sie von dem weiteren Verfahren auszuschließen.

(6) Sind wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen durch Änderung des gesetzlich festgeschriebenen Mindestlohns, durch Änderungen in den anzuwendenden Tarifverträgen oder durch Änderungen der jeweils einschlägigen Rechtsverordnungen während der Ausführungslaufzeit zu erwarten und ist deren Eintritt oder Ausmaß ungewiss, so kann eine angemessene Änderung der Vergütung in den Vertragsunterlagen vorgesehen werden. Die Einzelheiten der Preisänderungen sind hierbei festzulegen. Entsprechendes gilt für die beauftragen Unternehmen sowie ihre Nach- und Verleihunternehmen im Falle der Übertragung der von ihnen zu erbringenden Leistungen.

(7) Bei einer länderübergreifenden Vergabe öffentlicher Aufträge ist eine Einigung zwischen den Auftraggebern über die Einhaltung der Anforderungen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes anzustreben. Kommt eine Einigung nicht zustande, kann von den Bestimmungen dieses Gesetzes abgewichen werden. Die Gründe für das Fehlen der Einigung sind zu dokumentieren und dem für Arbeitsrecht zuständigen Ministerium mitzuteilen.

(8) Zur Schlichtung von vergaberechtlichen Streitfragen kann die Nachprüfungsstelle gemäß § 19 Mittel-standsförderungsgesetz angerufen werden.

§ 2 STFLG - Sachlicher und persönlicher Anwendungsbereich

Bibliographie

Titel
Gesetz über die Sicherung von Sozialstandards, Tariftreue und fairen Löhnen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im Saarland (Saarländisches Tariftreue- und Fairer-Lohn-Gesetz - STFLG -)
Amtliche Abkürzung
STFLG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Saarland
Gliederungs-Nr.
700-9

(1) Dieses Gesetz gilt für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen über Bau-, Liefer- und Dienstleistungen durch Auftraggeber im Sinne von Teil 4 Kapitel 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, unabhängig von den in § 106 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Schwellenwerten. Dieses Gesetz findet keine Anwendung, soweit das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Ausnahmen von der Anwendbarkeit des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorsieht.

(2) Im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs gelten die Regelungen dieses Gesetzes für alle Dienstleistungsaufträge im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1), geändert durch die Verordnung (EU) 2016/2338 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 (ABl. L 354 vom 23.12.2016, S. 22), auch in Form von Dienstleistungskonzessionen und für Linienverkehrsgenehmigungen. Es gilt des Weiteren auch für die Direktvergabe sowie für die Betrauung eines internen Betreibers gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in Verbindung mit der Verordnung (EU) 2016/2338.

(3) Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe von § 5 auch für öffentliche Aufträge über Beförderungsleistungen im Sinne von § 1 Nummer 4 Buchstaben d und g der Freistellungs-Verordnung, in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 9240-1-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 4. Mai 2012 (BGBl. I S. 1037). Diese Beförderungsleistungen benötigen keinen Führerschein der Klasse D und betreffen nicht den regulären Linienverkehr.

(4) Dieses Gesetz gilt für alle Aufträge nach den Absätzen 1, 2 und 3 ab einem geschätzten Auftragswert (Schwellenwert) von 25 000 Euro (ohne Umsatzsteuer). Für die Schätzung des Auftragswerts gilt § 3 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge. Der Wert eines beabsichtigten Auftrags darf nicht in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt werden, den Auftrag der Anwendung dieses Gesetzes zu entziehen.

(5) Dieses Gesetz findet keine Anwendung, wenn in besonderen Ausnahmesituationen im Rahmen der Markterkundung oder mangels zuschlagsfähiger Angebote aufgrund der Bestimmungen dieses Gesetzes keine wertbaren Angebote abgegeben werden und der Bedarf des Auftraggebers deswegen nicht gedeckt werden kann. Dies ist in jedem Einzelfall durch den Auftraggeber zu begründen und zu dokumentieren und dem für Arbeitsrecht zuständigen Ministerium anzuzeigen.

(6) Fehlt bei Angebotsabgabe eine Tariftreueerklärung gemäß § 3 Absatz 1 oder 5, § 4 Absatz 1, § 5, § 6 Absatz 1 oder § 7 Absatz 2, ist das Angebot, soweit auch nach erneuter Fristsetzung die Erklärung nicht oder unvollständig nachgereicht wird, von der Wertung auszuschließen. Soweit ein Verstoß gegen § 3 Absatz 5 oder § 5 vorliegt, gelten die Regelungen über den Ausschluss gemäß § 19 Absatz 1 des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz) vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1657).

(7) Auszubildende, Praktikanten und Teilnehmende an Bundes- und Jugendfreiwilligendiensten gelten nicht als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.

(8) Das für Arbeitsrecht zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Ausnahmen für die Anwendung der Regelungen dieses Gesetzes für Start-ups in den ersten drei Jahren nach Gründung festzulegen.

§§ 3 - 9, Abschnitt 2 - Tariftreuepflicht und Tariftreueerklärung