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§ 31 NVerfSchG - Übermittlung personenbezogener Daten an Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden

Bibliographie

Titel
Niedersächsisches Verfassungsschutzgesetz (NVerfSchG)
Amtliche Abkürzung
NVerfSchG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
12000

(1) 1Die Verfassungsschutzbehörde übermittelt von sich aus personenbezogene Daten an die Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden des Landes, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten gemäß § 100b Abs. 2 StPO oder von Straftaten gemäß den §§ 87, 88 und 89 StGB unumgänglich ist. 2Den Polizeibehörden des Landes übermittelt die Verfassungsschutzbehörde von sich aus personenbezogene Daten auch

  1. 1.

    zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder des Landes, für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, für lebens- oder verteidigungswichtige Einrichtungen (§ 1 Abs. 4 und 5 des Niedersächsischen Sicherheitsüberprüfungsgesetzes - Nds. SÜG -) oder für Kulturdenkmale (§ 1 des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes), deren Erhaltung im herausragenden öffentlichen Interesse liegt, oder

  2. 2.

    wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies zur Verhütung

    1. a)

      terroristischer Straftaten nach § 2 Nr. 15 NPOG,

    2. b)

      von Straftaten der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates gemäß den §§ 87, 88, 89, 89a und 89c Abs. 1 bis 4 StGB,

    3. c)

      der Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 Satz 3 StGB sowie die Bildung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a Abs. 1, 2, 4 und 5 Satz 1 StGB, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 StGB,

    4. d)

      von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gemäß § 176 Abs. 1 bis 3, § 176a Abs. 3, § 177 Abs. 6 bis 8 und § 184b Abs. 2 StGB,

    5. e)

      von Straftaten gegen das Leben nach den §§ 211 und 212 StGB sowie der schweren Körperverletzung nach § 226 Abs. 2 StGB,

    6. f)

      von Straftaten gegen die persönliche Freiheit gemäß § 232, § 232a Abs. 3, 4 und 5 Satzteil 2, § 232b Abs. 3 und 4 in Verbindung mit § 232a Abs. 4 oder 5 Satzteil 2, § 233 Abs. 2, § 233a Abs. 3 und 4 Satzteil 2, § 234 und § 234a StGB,

    7. g)

      von gemeingefährlichen Straftaten gemäß § 310 Abs. 1 und § 316a StGB,

    8. h)

      von Straftaten der gewerbs- und bandenmäßigen Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes oder des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern nach § 97 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes oder

    9. i)

      von Straftaten gemäß § 30a Abs. 1 und 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), auch in Verbindung mit § 30b BtMG und mit § 129 Abs. 5 StGB,

    unumgänglich ist.

3Die Übermittlung nach den Sätzen 1 und 2 ist nur zulässig, wenn das zur Datenerhebung verwendete Mittel auch für den anderen Zweck hätte angewendet werden dürfen. 4Personenbezogene Daten, die nicht durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel oder durch besondere Auskunftsverlangen erhoben worden sind, darf die Verfassungsschutzbehörde auch zu sonstigen Zwecken der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr an die Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden des Landes übermitteln. 5Sind mit personenbezogenen Daten, die nach den Sätzen 1 bis 4 übermittelt werden dürfen, weitere personenbezogene Daten der betroffenen Person oder von Dritten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist, so dürfen auch diese personenbezogenen Daten übermittelt werden; sie sind nach Maßgabe des § 28 Abs. 3 in ihrer Verarbeitung einzuschränken. 6Die Übermittlung ist unzulässig, wenn dadurch Informationsquellen oder die Arbeitsweise der Verfassungsschutzbehörde gefährdet würden und diese Sicherheitsinteressen das Interesse an der Strafverfolgung oder an der Gefahrenabwehr überwiegen.

(2) 1Sind die zu übermittelnden personenbezogenen Daten gekennzeichnet (§ 26 Abs. 2 und 3 Satz 4), so ist die Kennzeichnung bei der Übermittlung aufrechtzuerhalten. 2Die Fachministerin oder der Fachminister, im Vertretungsfall die Staatssekretärin oder der Staatssekretär oder deren oder dessen Vertreterin oder Vertreter, kann anordnen, dass bei der Übermittlung auf die nach Satz 1 erforderliche Kennzeichnung der personenbezogenen Daten verzichtet wird, wenn dies unerlässlich ist, um die Geheimhaltung der Datenerhebung nicht zu gefährden, und die G 10-Kommission zugestimmt hat. 3Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung bereits vor der Zustimmung getroffen werden. 4In diesem Fall ist die Zustimmung unverzüglich nachträglich einzuholen. 5Stimmt die G 10-Kommission nicht nachträglich zu, so ist die Kennzeichnung unverzüglich durch die empfangende Staatsanwaltschaft oder Polizeibehörde nachzuholen; darauf ist sie von der Verfassungsschutzbehörde hinzuweisen. 6Die Übermittlung ist zu dokumentieren. 7Über die Übermittlung von personenbezogen Daten, die unter Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 9 bis 12 oder mit besonderen Auskunftsverlangen zu Nutzungsdaten nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, besonderen Bestandsdaten nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Verkehrsdaten nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Daten nach § 20 Abs. 3 Satz 1 erhoben wurden, entscheidet eine besonders bestellte Beschäftigte oder ein besonders bestellter Beschäftigter, die oder der mit der Auswertung nicht befasst war und die Befähigung zum Richteramt hat.

(3) 1Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung als unvollständig oder unrichtig, so sind sie gegenüber der empfangenden Staatsanwaltschaft oder Polizeibehörde unverzüglich zu ergänzen oder zu berichtigen, es sei denn, dass der Mangel für die Beurteilung des Sachverhalts offensichtlich ohne Bedeutung ist. 2Absatz 2 gilt entsprechend.

(4) 1Die empfangende Staatsanwaltschaft oder Polizeibehörde darf die übermittelten personenbezogenen Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verarbeiten, zu dem sie ihr übermittelt wurden. 2Sind die übermittelten personenbezogenen Daten nach Absatz 2 Satz 1 gekennzeichnet, so hat sie die Kennzeichnung aufrechtzuerhalten. 3Wurden personenbezogene Daten übermittelt, die unter Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 9 bis 12 oder mit besonderen Auskunftsverlangen zu Nutzungsdaten nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, besonderen Bestandsdaten nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Verkehrsdaten nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Daten nach § 20 Abs. 3 Satz 1 erhoben worden sind, so prüft die empfangende Staatsanwaltschaft oder Polizeibehörde unverzüglich und danach in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die übermittelten personenbezogenen Daten für den Zweck erforderlich sind, zu dem sie übermittelt wurden. 4Soweit die in Satz 3 genannten personenbezogenen Daten für diesen Zweck oder für eine rechtmäßige zweckändernde Verwendung oder Übermittlung nicht erforderlich sind, sind sie unverzüglich unter Aufsicht einer oder eines besonders bestellten Beschäftigten, die oder der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. 5Die Löschung ist zu dokumentieren. 6Die Verfassungsschutzbehörde ist unverzüglich über die Löschung zu unterrichten.

(5) 1Die Polizeibehörden des Landes dürfen die Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung personenbezogener Daten ersuchen, wenn diese zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich sind. 2Um Übermittlung personenbezogener Daten, die von der Verfassungsschutzbehörde durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel oder durch besondere Auskunftsverlangen erhoben worden sind, darf nur ersucht werden, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 vorliegen. 3Die Verfassungsschutzbehörde ist verpflichtet, die personenbezogenen Daten zu übermitteln; Absatz 1 Sätze 5 und 6 sowie die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend. 4Sie darf nur solche personenbezogenen Daten übermitteln, die bei ihr bereits bekannt sind oder von ihr aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können.

(6) In der Verdachtsgewinnungsphase (§ 8) ist die Übermittlung personenbezogener Daten nicht zulässig.