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Anlage 4 GO LT 2016 - Grundsätze für die Behandlung von Immunitätsangelegenheiten (gemäß § 70 Absatz 4)

Bibliographie

Titel
Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern
Redaktionelle Abkürzung
GO LT 2016,MV
Normtyp
Rechtsverordnung
Normgeber
Mecklenburg-Vorpommern
Gliederungs-Nr.
1101-0-6
  1. 1.

    Der Landtag genehmigt für die laufende Wahlperiode die Durchführung von Verfahren gegen Mitglieder des Landtages wegen Straftaten, wegen Dienstvergehen oder als Dienstvergehen geltende Handlungen und wegen der Verletzung von Berufs- oder Standespflichten, es sei denn, dass es sich um Beleidigungen (§§ 185, 186 und § 188 Absatz 1 des Strafgesetzbuches) politischen Charakters handelt.

  2. 2.

    Vor Einleitung eines Verfahrens ist dem Präsidenten des Landtages und, soweit nicht Gründe der Wahrheitsfindung entgegenstehen, dem betroffenen Mitglied des Landtages Mitteilung zu machen; unterbleibt eine Mitteilung an das Mitglied des Landtages, so ist der Präsident auch hiervon unter Angabe der Gründe zu unterrichten.

    Das Verfahren darf im Einzelfall frühestens 48 Stunden nach Zugang der Mitteilung beim Präsidenten des Landtages eingeleitet werden. Bei der Berechnung der Frist werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet. Der Präsident kann im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Ausschusses für Europa- und Bundesangelegenheiten, Justiz, Verfassung, Geschäftsordnung, Wahlprüfung und Immunitätsangelegenheiten die Frist angemessen verlängern.

  3. 2a.

    Der Landtag genehmigt für die laufende Wahlperiode die Anordnungen von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen durch Ordnungsbehörden gegen Mitglieder des Landtages. Die zuständigen Behörden sind verpflichtet, den Präsidenten des Landtages innerhalb von 24 Stunden über die gegen ein Mitglied des Landtages angeordneten Maßnahmen zu unterrichten. Erfolgt die Unterrichtung nicht, entfällt diese Genehmigung. Der Präsident kann die Genehmigung unverzüglich versagen, wenn es sich um eine nicht gerechtfertigte Maßnahme handelt oder die Maßnahme die Funktionsfähigkeit des Landtages unverhältnismäßig beeinträchtigt.

  4. 3.

    Diese Genehmigung umfasst nicht

    1. a)

      die Erhebung der öffentlichen Klage wegen einer Straftat und den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls;

    2. b)

      im Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten den Hinweis des Gerichts, dass über die Tat auch aufgrund eines Strafgesetzes entschieden werden kann (§ 81 Absatz 1 Satz 2 OWiG);

    3. c)

      den Vollzug einer angeordneten Durchsuchung und Beschlagnahme;

    4. d)

      die Erhebung der Klage bei dem für Disziplinarsachen zuständigen Gericht, die vorläufige Dienstenthebung und die teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge oder des Ruhegehaltes;

    5. e)

      den Antrag der Einleitung eines ehren- und berufsgerichtlichen Verfahrens und den Antrag auf Verhängung eines vorläufigen Berufs- oder Vertretungsverbots; das gilt auch im Falle eines gegenständlich beschränkten Verbots;

    6. f)

      andere freiheitsbeschränkende und freiheitsentziehende Maßnahmen.

  5. 4.

    Zur Vereinfachung des Geschäftsganges wird der Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Justiz, Verfassung, Geschäftsordnung, Wahlprüfung und Immunitätsangelegenheiten beauftragt, bei Verkehrsdelikten eine Vorentscheidung über die Genehmigung in den Fällen der Nummer 2 zu treffen. Dasselbe gilt für Straftaten, die nach Auffassung des Ausschusses für Europa- und Bundesangelegenheiten, Justiz, Verfassung, Geschäftsordnung, Wahlprüfung und Immunitätsangelegenheiten als Bagatellangelegenheiten zu betrachten sind. Die Ermächtigung zur Strafverfolgung gemäß § 194 Absatz 4 StGB bei Beleidigung des Landtages kann im Wege der Vorentscheidung erteilt werden.

  6. 5.

    Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer Erzwingungshaft (§ 97 OWiG) bedürfen der Genehmigung des Landtages. Zur Vereinfachung des Geschäftsganges wird der Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Justiz, Verfassung, Geschäftsordnung, Wahlprüfung und Immunitätsangelegenheiten beauftragt, eine Vorentscheidung über die Genehmigung der Vollstreckung zu treffen, bei Freiheitsstrafen nur, soweit nicht auf eine höhere Freiheitsstrafe als drei Monate erkannt ist oder bei einer Gesamtstrafenbildung (§§ 53 bis 55 StGB, § 460 StPO) keine der erkannten Einzelstrafen drei Monate übersteigt.

  7. 6.

    Bei Vorentscheidungen werden die Beschlüsse des Ausschusses dem Landtag durch den Präsidenten schriftlich mitgeteilt. Sie werden nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Die Vorentscheidungen gelten als Entscheidung des Landtages, wenn nicht innerhalb von sieben Tagen nach Mitteilung schriftlich beim Präsidenten Widerspruch erhoben wird.