§ 9 ESchVO - Unterrichtsgenehmigung für Lehrerinnen und Lehrer an Waldorfschulen und Waldorfförderschulen (§ 100 Absatz 6 des Schulgesetzes NRW)
Bibliographie
- Titel
- Verordnung über die Ersatzschulen (ESchVO)
- Amtliche Abkürzung
- ESchVO
- Normtyp
- Rechtsverordnung
- Normgeber
- Nordrhein-Westfalen
- Gliederungs-Nr.
- 223
(1) Der Schulträger kann bei der oberen Schulaufsichtsbehörde unbeschadet des § 7 unter Vorlage der Unterlagen nach § 1 Absatz 3 Nummer 3 die Genehmigung nach § 102 Absatz 1 des Schulgesetzes NRW zur Ausübung der Tätigkeit als Klassenlehrerin oder Klassenlehrer an Waldorfschulen oder Waldorfförderschulen in den Klassen 1 bis 8 beantragen.
(2) Voraussetzung für die Unterrichtsgenehmigung als Klassenlehrerin oder Klassenlehrer ist der Nachweis
- 1.
einer waldorfeigenen Zusatzausbildung und
- a)
eines den fachlichen Anforderungen gemäß § 10 des Lehrerausbildungsgesetzes in Verbindung mit der Lehramtszugangsverordnung entsprechenden Studienabschlusses in einem akkreditierten Studiengang oder
- b)
einer gemäß § 14 des Lehrerausbildungsgesetzes als gleichwertig für den Zugang zum Vorbereitungsdienst anerkannten Prüfung,
- 2.
eines Fachstudiums, das mit einer Hochschulabschlussprüfung oder einem Ersten Staatsexamen abgeschlossen worden ist, und eines Master of Arts in Pädagogik in einem akkreditierten waldorfspezifischen Studiengang an einer Hochschule oder
- 3.
der allgemeinen Hochschulreife oder einer anderen zur Zulassung zu einem Lehramtsstudium an einer wissenschaftlichen Hochschule berechtigenden Vorbildung und einer mindestens fünfjährigen grundständigen Ausbildung als Klassenlehrerin oder Klassenlehrer an waldorfeigenen Ausbildungsinstituten.
Die Ausbildung nach Nummer 3 erfolgt mit einem Mindeststundenumfang von 300 Leistungspunkten nach dem European Credit Transfer System. 170 Leistungspunkte entfallen auf die Ausbildung am waldorfeigenen Ausbildungsinstitut, 130 Leistungspunkte entfallen auf die Ausbildung an der Schule. Ein Leistungspunkt entspricht einem Arbeitsaufwand von 25 bis 30 Stunden. Die Ausbildung beinhaltet die Bereiche Persönlichkeitsbildung im Umfang von 60 Leistungspunkten, Pädagogik im Umfang von 60 Leistungspunkten, Fachbereiche des Hauptunterrichts im Umfang von 90 Leistungspunkten (Muttersprachlicher Unterricht, Mathematikunterricht und Sachunterricht im Umfang von je 30 Leistungspunkten), Fachunterricht in einem oder zwei weiteren Fächern (Eurythmie, Fremdsprachen, Gartenbau, Handarbeit, Handwerk/Bildende Kunst, Musik, Audiopädie, Natur und Umweltpädagogik, oder Fachbereich Sonderpädagogik/Heilpädagogik) im Umfang von insgesamt 60 Leistungspunkten sowie Initiativprojekte im Umfang von insgesamt 10 Leistungspunkten. Die Ausbildung wird mit einer Prüfung abgeschlossen, die zwei Hausarbeiten im Umfang von 8 und 20 Leistungspunkten einschließt.
(3) Für Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer an Waldorfförderschulen ist das Fach Heil-/ Sonderpädagogik als Wahlfach anstelle des oder der zwei weiteren Unterrichtsfächer verpflichtend.
(4) Auf Antrag des Schulträgers erteilt die obere Schulaufsichtsbehörde für Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer an Waldorfschulen oder Waldorfförderschulen eine zunächst auf zwei Jahre befristete Unterrichtsgenehmigung zum Erwerb praktischer Unterrichtserfahrung sowohl in den Klassen 1 bis 4 als auch in den Klassen 5 bis 8. Die Unterrichtsgenehmigung ist mit der Auflage zu versehen, dass die Unterrichtspraxis von einer durch den Schulträger möglichst im Einvernehmen bestimmten erfahrenen Lehrkraft im Umfang von durchschnittlich mindestens drei Wochenstunden begleitet wird. Abweichend von Satz 2 ist die Begleitung im Umfang von durchschnittlich mindestens eineinhalb Wochenstunden sicherzustellen, wenn eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit ausgeübt wird. Die erfahrene Lehrkraft muss über eine Lehramtsbefähigung oder eine unbefristete Unterrichtsgenehmigung nach § 7 oder § 9 Absatz 1 verfügen.
(5) In dem Zeitraum nach Absatz 4 stellt die zuständige obere Schulaufsichtsbehörde auf der Grundlage von zwei Hospitationen und einem anschließenden Kolloquium fest, ob eine unbefristete Unterrichtsgenehmigung als Klassenlehrerin oder als Klassenlehrer an Waldorfschulen oder Waldorfförderschulen erteilt werden kann. Sie wird erteilt, wenn die Lehrerin oder der Lehrer geeignet ist, die Anforderungen an den von ihr oder ihm zu erteilenden Unterricht an Waldorfschulen oder Waldorfförderschulen in den Klassen 1 bis 8 zu erfüllen. Diese Anforderungen werden dann nicht erfüllt, wenn die Leistungen der Lehrerin oder des Lehrers nicht geeignet sind, den Schülerinnen und Schülern eine grundlegende allgemeine Bildung zu vermitteln und sie in einer Weise zu fördern, dass sie in der Regel den Ersten Schulabschluss erreichen können. Werden die Anforderungen nicht erfüllt, führt die obere Schulaufsichtsbehörde auf Antrag des Schulträgers innerhalb von sechs Monaten eine einmalige Wiederholungsprüfung durch. Die befristete Unterrichtsgenehmigung der Lehrerin oder des Lehrers wird zu diesem Zweck um maximal sechs weitere Monate verlängert.
(6) Die Genehmigung berechtigt nur zur Ausübung der Tätigkeit als Klassenlehrerin oder Klassenlehrer an Waldorfschulen oder an Waldorfförderschulen in den Klassen 1 bis 8
- 1.
im Hauptunterricht und im Fachunterricht in dem oder den zwei gewählten weiteren Unterrichtsfächern oder
- 2.
bei Nachweis der Eignung nach Absatz 2 Nummer 1 in den Fächern und dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt oder den sonderpädagogischen Förderschwerpunkten, in denen die Hochschulabschlussprüfung abgelegt wurde.
Die Genehmigung als Klassenlehrerin oder Klassenlehrer an Waldorfförderschulen berechtigt auch zur Wahrnehmung von Aufgaben sonderpädagogischer Förderung in den Klassen 1 bis 8 an allgemeinen Waldorfschulen mit Angeboten Gemeinsamen Lernens.
(7) Die obere Schulaufsichtsbehörde kann auf Antrag des Schulträgers ferner eine Unterrichtsgenehmigung gemäß § 102 Absatz 1 des Schulgesetzes NRW für Lehrerinnen und Lehrer erteilen, die Unterricht in Fächern erteilen, die im entsprechenden öffentlichen Schulsystem nicht unterrichtet werden. Die Unterrichtsgenehmigung setzt voraus, dass die Lehrerin oder der Lehrer eine mindestens zweijährige, auf die besonderen pädagogischen Zielsetzungen der jeweiligen Schule ausgerichtete theoretisch-schulpraktische Ausbildung in einer entsprechenden Ausbildungseinrichtung erfolgreich abgeschlossen hat.
(8) Für Lehrerinnen und Lehrer, die Unterricht ab Klasse 9 in Waldorfschulen oder Waldorfförderschulen erteilen, gilt § 7 dieser Verordnung mit der Maßgabe, dass für den Unterricht ab Klasse 9 die Anforderungen den Lehramtsbefähigungen für die entsprechenden Schulstufen, für den sonderpädagogischen Förderschwerpunkt oder die entsprechenden sonderpädagogischen Förderschwerpunkte öffentlicher Schulen gleichwertig sein müssen. Die Schulform- und -stufenzuordnung richten sich nach § 2 Absatz 2 Satz 2 und 3.
(9) Die Erteilung einer Unterrichtsgenehmigung für Lehrerinnen und Lehrer nach Absatz 8 ist ausgeschlossen, wenn die Lehrerin oder der Lehrer
- 1.
eine für den Zugang zum Vorbereitungsdienst vorausgesetzte Prüfung oder
- 2.
eine Staatsprüfung für ein Lehramt während des Vorbereitungsdienstes oder einer berufsbegleitenden Ausbildung endgültig nicht bestanden hat oder
- 3.
ein Feststellungsverfahren nach § 7 abschließend zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Leistungen der Lehrerin oder des Lehrers nicht gleichwertig sind.
(10) Für den Wechsel einer Lehrerin oder eines Lehrers mit einer Unterrichtsgenehmigung nach § 9 an einer Waldorfschule oder einer Waldorfförderschule zu einer anderen Waldorfschule oder einer anderen Waldorfförderschule gilt § 5 Absatz 8 entsprechend.
(11) Für den Wechsel einer Lehrerin oder eines Lehrers mit einer Unterrichtsgenehmigung nach § 9 an einer Waldorfschule oder einer Waldorfförderschule zu einem anderen Schulträger gilt § 5 Absatz 9 entsprechend.