§ 32 PolG - Elektronische Aufenthaltsüberwachung zur Verhütung terroristischer Straftaten
Bibliographie
- Titel
- Polizeigesetz (PolG)
- Amtliche Abkürzung
- PolG
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Baden-Württemberg
- Gliederungs-Nr.
- 2050
(1) Der Polizeivollzugsdienst kann eine Person dazu verpflichten, ein technisches Mittel, mit dem der Aufenthaltsort dieser Person elektronisch überwacht werden kann, ständig in betriebsbereitem Zustand am Körper bei sich zu führen und dessen Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, wenn
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bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person innerhalb eines überschaubaren Zeitraums auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Weise eine Straftat im Sinne des § 31 Absatz 1 begehen wird, oder
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deren individuelles Verhalten eine konkrete Wahrscheinlichkeit dafür begründet, dass sie innerhalb eines überschaubaren Zeitraums eine Straftat im Sinne des § 31 Absatz 1 begehen wird,
um diese Person durch die Überwachung und die Datenverwendung von der Begehung dieser Straftaten abzuhalten.
(2) Der Polizeivollzugsdienst verarbeitet mit Hilfe der von der betroffenen Person mitgeführten technischen Mittel automatisiert Daten über deren Aufenthaltsort sowie über etwaige Beeinträchtigungen der Datenerhebung. Soweit es technisch möglich ist, ist sicherzustellen, dass innerhalb der Wohnung der betroffenen Person keine über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehenden Aufenthaltsdaten erhoben werden. Die Daten dürfen nur verwendet werden, soweit dies erforderlich ist für die folgenden Zwecke:
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zur Verhütung oder zur Verfolgung von Straftaten im Sinne des § 31 Absatz 1,
- 2.
zur Feststellung von Verstößen gegen Aufenthaltsvorgaben nach § 31 Absatz 1 und Kontaktverbote nach § 31 Absatz 2,
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zur Verfolgung einer Straftat nach § 134,
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zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer dritten Person oder
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zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der technischen Mittel.
Zur Einhaltung der Zweckbindung nach Satz 3 hat die Verarbeitung der Daten automatisiert zu erfolgen; die Daten sind gegen unbefugte Kenntnisnahme besonders zu sichern. Die §§ 72 und 73 gelten entsprechend. Die in Satz 1 genannten Daten sind spätestens zwei Monate nach ihrer Erhebung zu löschen, soweit sie nicht für die in Satz 3 genannten Zwecke verwendet werden. Werden innerhalb der Wohnung der betroffenen Person über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehende Aufenthaltsdaten erhoben, dürfen diese nicht verwendet werden und sind unverzüglich nach Kenntnisnahme zu löschen. Die Tatsache ihrer Kenntnisnahme und Löschung ist zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist nach zwölf Monaten zu löschen.
(3) Der Polizeivollzugsdienst kann bei den zuständigen Polizeien des Bundes und der Länder, sonstigen öffentlichen Stellen sowie anderen Stellen im Rahmen der geltenden Gesetze personenbezogene Daten über die betroffene Person erheben, soweit dies zur Durchführung der Maßnahme nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich ist.
(4) Zur Durchführung der Maßnahme nach Absatz 1 hat die zuständige Polizeidienststelle
- 1.
Daten des Aufenthaltsortes der betroffenen Person an Strafverfolgungsbehörden und andere Polizeidienststellen weiterzugeben, wenn dies zur Verhütung oder zur Verfolgung einer Straftat im Sinne des § 31 Absatz 1 erforderlich ist,
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Daten des Aufenthaltsortes der betroffenen Person an andere Polizeidienststellen weiterzugeben, sofern dies zur Durchsetzung von Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 erforderlich ist,
- 3.
Daten des Aufenthaltsortes der betroffenen Person an die zuständige Strafverfolgungsbehörde zur Verfolgung einer Straftat nach § 134 weiterzugeben,
- 4.
Daten des Aufenthaltsortes der betroffenen Person an andere Polizeidienststellen weiterzugeben, sofern dies zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr im Sinne von Absatz 2 Satz 3 Nummer 4 erforderlich ist,
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eingehende Systemmeldungen über Verstöße nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 entgegenzunehmen und zu bewerten,
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die Ursache einer Meldung zu ermitteln; hierzu kann die zuständige Polizeidienststelle Kontakt mit der betroffenen Person aufnehmen, sie befragen, sie auf den Verstoß hinweisen und ihr mitteilen, wie sie dessen Beendigung bewirken kann,
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eine Überprüfung der bei der betroffenen Person vorhandenen technischen Geräte auf ihre Funktionsfähigkeit oder Manipulation und die zu der Behebung einer Funktionsbeeinträchtigung erforderlichen Maßnahmen, insbesondere den Austausch der technischen Mittel oder von Teilen davon, einzuleiten,
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Anfragen der betroffenen Person zum Umgang mit den technischen Mitteln zu beantworten.
(5) Maßnahmen nach Absatz 1 bedürfen der Anordnung durch das Gericht. Die Anordnung wird nur auf Antrag erlassen. Der Antrag ist durch die Leitung eines regionalen Polizeipräsidiums, des Polizeipräsidiums Einsatz oder des Landeskriminalamts schriftlich zu stellen und zu begründen. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung von einer der in Satz 3 genannten Personen getroffen werden. In diesem Fall ist die gerichtliche Bestätigung unverzüglich nachzuholen. Für die Entscheidung ist
- 1.
das Amtsgericht Mannheim zuständig, wenn die Polizeidienststelle, deren Leitung den Antrag nach Satz 2 stellt, ihren Sitz im Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat;
- 2.
das Amtsgericht Stuttgart zuständig, wenn die Polizeidienststelle, deren Leitung den Antrag nach Satz 2 stellt, ihren Sitz im Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart hat.
§ 132 Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung.
(6) Im Antrag sind anzugeben
- 1.
die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, mit Name und Anschrift,
- 2.
Art, Umfang und Dauer der Maßnahme,
- 3.
die Angabe, ob gegenüber der Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, eine Aufenthaltsvorgabe nach § 31 Absatz 1 oder ein Kontaktverbot nach § 31 Absatz 2 besteht,
- 4.
der Sachverhalt sowie
- 5.
eine Begründung.
(7) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind anzugeben
- 1.
die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, mit Name und Anschrift,
- 2.
Art, Umfang und Dauer der Maßnahme sowie
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die wesentlichen Gründe.
(8) Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist möglich, soweit die Anordnungsvoraussetzungen fortbestehen. Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor, ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden.