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§ 8 ThürVerfSchG - Besondere Auskunftsverlangen

Bibliographie

Titel
Thüringer Gesetz zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und zur Vorbeugung vor Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung (Thüringer Verfassungsschutzgesetz - ThürVerfSchG -)
Amtliche Abkürzung
ThürVerfSchG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Thüringen
Gliederungs-Nr.
12-1

(1) Das Amt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall bei denjenigen, die geschäftsmäßig Teledienste erbringen oder daran mitwirken, Auskunft über Daten einholen, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Teledienste (Bestandsdaten) gespeichert worden sind, soweit dies zur Sammlung und Auswertung von Informationen erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 genannten Schutzgüter vorliegen.

(2) Das Amt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall Auskunft einholen bei

  1. 1.

    Luftfahrtunternehmen sowie Betreibern von Computerreservierungssystemen und globalen Distributionssystemen für Flüge zu Namen und Anschriften des Kunden sowie zur Inanspruchnahme und den Umständen von Transportleistungen, insbesondere zum Zeitpunkt von Abfertigung und Abflug und zum Buchungsweg,

  2. 2.

    Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen zu Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und zu Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungsein- und -ausgänge,

  3. 3.

    denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, zu Verkehrsdaten nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190) in der jeweils geltenden Fassung und sonstigen zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Telekommunikation notwendigen Verkehrsdaten und

  4. 4.

    denjenigen, die geschäftsmäßig Teledienste erbringen oder daran mitwirken, zu

    1. a)

      Merkmalen zur Identifikation des Nutzers eines Teledienstes,

    2. b)

      Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen Nutzung und

    3. c)

      Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Teledienste,

    soweit dies zur Sammlung und Auswertung von Informationen erforderlich ist und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass schwerwiegende Gefahren für die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 genannten Schutzgüter vorliegen; im Fall des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 gilt dies nur für Bestrebungen, die bezwecken oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind,

    1. a)

      zu Hass oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder deren Menschenwürde durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden anzugreifen und dadurch die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu fördern und den öffentlichen Frieden zu stören oder

    2. b)

      Gewalt anzuwenden oder vorzubereiten, einschließlich dem Befürworten, Hervorrufen oder Unterstützen von Gewaltanwendung, auch durch Unterstützen von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen.

Für die Erteilung von Auskünften nach Satz 1 Nr. 3 hat der Verpflichtete Anspruch auf Entschädigung entsprechend § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718 -776-) in der jeweils geltenden Fassung. Für Auskünfte der Verpflichteten nach Absatz 1 und 2 an das Amt für Verfassungsschutz gelten die aufgrund von § 8b Abs. 8 Satz 1 bis 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954 -2970-) in der jeweils geltenden Fassung erlassene Rechtsverordnung sowie die Vorgaben nach § 8b Abs. 8 Satz 4 und 5 BVerfSchG in der jeweils geltenden Fassung entsprechend. Im Übrigen gilt § 8b Abs. 4 bis 6 BVerfSchG für besondere Auskunftsverlangen des Amtes für Verfassungsschutz entsprechend.

(3) Auskünfte nach Absatz 2 dürfen nur auf Antrag eingeholt werden. Antragsberechtigt ist der Präsident des Amtes für Verfassungsschutz oder sein Stellvertreter. Der Antrag ist schriftlich zu stellen und zu begründen. Über den Antrag entscheidet der Minister des für den Verfassungsschutz zuständigen Ministeriums, im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter. Die Anordnung einer Auskunft über künftig anfallende Daten ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung dieser Anordnung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnungen fortbestehen; Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unterrichtet die G 10-Kommission über die beschiedenen Anträge vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzug kann das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium den Vollzug der Entscheidung auch bereits vor Unterrichtung der G 10-Kommission anordnen. Die Unterrichtung ist unverzüglich nachzuholen. Die G 10-Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. § 15 Abs. 5 des Artikel 10-Gesetzes (G 10) vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298) in der jeweils geltenden Fassung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass sich die Kontrollbefugnis auf die gesamte Verarbeitung der nach Absatz 2 erlangten personenbezogenen Daten erstreckt. Entscheidungen, die die G 10-Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unverzüglich aufzuheben. Die Daten unterliegen in diesem Fall einem absoluten Verwendungsverbot und sind unverzüglich zu löschen.

(5) Für die Verarbeitung der nach Absatz 2 erhobenen Daten ist § 4 G 10 entsprechend anzuwenden. Für die Mitteilung an den Betroffenen gilt § 12 Abs. 1 und 3 G 10 entsprechend.

(6) Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission im Abstand von höchstens sechs Monaten über Anordnungen nach Absatz 2; dabei ist insbesondere ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen zu geben.

(7) Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundes ist nach Maßgabe des § 8b Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerf-SchG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I. S. 2954 -2970-) in der jeweils geltenden Fassung jährlich durch das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium über die nach Absatz 2 durchgeführten Maßnahmen zu unterrichten.

(8) Anordnungen nach Absatz 2 dürfen sich nur gegen Personen richten, bei denen die Voraussetzungen des § 8a Abs. 3 BVerfSchG entsprechend vorliegen.