§ 7 SOG M-V - Sachliche Zuständigkeit der Polizei (2)
Bibliographie
- Titel
- Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (Sicherheits- und Ordnungsgesetz - SOG M-V)
- Amtliche Abkürzung
- SOG M-V
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Mecklenburg-Vorpommern
- Gliederungs-Nr.
- 2011-3
(1) Die Polizei hat
- 1.
Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung festzustellen und aus gegebenem Anlass zu ermitteln;
- 2.
die zuständige Ordnungsbehörde über alle Vorgänge unverzüglich zu unterrichten, die deren Eingreifen erfordern oder für deren Entschließung von Bedeutung sein können;
- 3.
im Einzelfall zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung selbstständig diejenigen Maßnahmen zu treffen, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen für unaufschiebbar hält;
- 4.
im Rahmen der Gefahrenabwehr auch Straftaten zu verhüten und für die Verfolgung künftiger Straftaten vorzusorgen (vorbeugende Bekämpfung von Straftaten) sowie andere Vorbereitungen zu treffen, um künftige Gefahren abwehren zu können.
(2) Die Polizei leistet anderen Behörden Vollzugshilfe (§§ 82a bis 82c).
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Vom 3. April 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 98)
Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 2022 - 1 BvR 1345/21 - wird folgende Entscheidungsformel veröffentlicht:
- 1.
§ 33 Absatz 2 Satz 3, § 33c Absatz 1 Satz 2, § 33d Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 35 Absatz 1 Satz 2 jeweils in Verbindung mit § 67a Absatz 1, soweit darin auf § 67c Halbsatz 1 Nummer 1 verwiesen wird, sowie § 33b Absatz 1 Satz 2 und § 35 Absatz 1 Satz 1, soweit er in Verbindung mit § 7 Absatz 1 Nummer 4 die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten umfasst, und § 44 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (Sicherheits- und Ordnungsgesetz - SOG MV) in der Fassung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern und zur Änderung anderer Gesetze vom 27. April 2020 (Gesetz- und Verordnungsblatt Mecklenburg-Vorpommern Seite 334) verstoßen gegen Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 10 Absatz 1 und Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.
- 2.
§ 33 Absatz 2 Satz 1 und § 26a Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 2, § 33c Absatz 5 Alternative 2, § 33d Absatz 3 Satz 3 in Verbindung mit § 33c Absatz 5 Alternative 2 und § 35 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern, soweit er nicht nichtig ist, sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 und mit Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.
- 3.
Bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2023, gelten die für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Vorschriften mit den folgenden Maßgaben fort:
Maßnahmen gemäß § 33 Absatz 2 Satz 1, gemäß § 33c Absatz 5 Alternative 2 und gemäß § 33d Absatz 3 Satz 3 in Verbindung mit § 33c Absatz 5 Alternative 2 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern dürfen nur ergriffen werden, wenn eine wenigstens konkretisierte Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der Person, für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Sachen von bedeutendem Wert besteht, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, wie zum Beispiel wesentliche Infrastruktureinrichtungen oder sonstige Anlagen mit unmittelbarer Bedeutung für das Gemeinwesen.
Eine Ausnahme von dem Gebot des Abbruchs der Datenerhebung bei Eindringen in den grundrechtlich geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung nach § 26a Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 2 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern darf, soweit sie dem Schutz der verdeckt Ermittelnden selbst oder einer Vertrauensperson selbst dient, nur erfolgen, wenn ansonsten eine Gefahr für deren Leib oder Leben besteht. Wenn ein Abbruch unterbleibt, müssen die Kernbereichsrelevanz vor der Weitergabe der Information überprüft, der fehlende Abbruch dokumentiert, festgehaltene kernbereichsrelevante Informationen sofort gelöscht oder auf sonstige Weise vernichtet und dies ebenfalls dokumentiert werden.
Maßnahmen gemäß § 35 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern dürfen nur ergriffen werden, wenn eine wenigstens konkretisierte Gefahr für ein Rechtsgut von mindestens erheblichem Gewicht besteht.
Die vorstehende Entscheidungsformel hat gemäß § 31 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Gesetzeskraft.