Anlage 3 RSAV - Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für Patientinnen mit Brustkrebs

Bibliographie

Titel
Verordnung über das Verfahren zum Risikostrukturausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung (Risikostruktur-Ausgleichsverordnung - RSAV)
Amtliche Abkürzung
RSAV
Normtyp
Rechtsverordnung
Normgeber
Bund
Gliederungs-Nr.
860-5-12

Anlage 3
(zu §§ 28b bis 28g)

1 Behandlung nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft unter Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien oder nach der jeweils besten, verfügbaren Evidenz sowie unter Berücksichtigung des jeweiligen Versorgungssektors (§ 137f Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

1.1 Definition des Brustkrebses

Beim Brustkrebs handelt es sich um eine von der Brustdrüse ausgehende bösartige Neubildung. Dies umfasst auch das ductale in situ Karzinom (DCIS), das noch nicht infiltrierend in das umgebende Gewebe wächst.

1.2 Diagnostik

Die Diagnose gilt als gestellt nach histologischer Sicherung (siehe Ziffer 3.2).

1.3 Maßnahmen im Rahmen der Primärtherapie

Neben der histologischen Sicherung einschließlich der speziellen pathologischen Diagnostik müssen vor Einleitung der Primärtherapie folgende Untersuchungen abgeschlossen sein:

  • die klinische Untersuchung,
  • Mammographie in zwei Ebenen.


Die Mamma-Sonographie kann wichtige präoperative Zusatzinformationen liefern, insbesondere bei dichtem Drüsenkörper.
Eine perioperative Suche nach Fernmetastasen muss durchgeführt werden, sofern dies für die weitere Therapieplanung von Bedeutung ist.
Es sind grundsätzlich alle erhobenen diagnostischen Vorbefunde zu nutzen.
Zur definitiven Therapieplanung gehört eine eingehende Überprüfung der vorhandenen und der noch zu erhebenden pathomorphologischen Befunde. Insbesondere folgende Inhalte der Befundung sind zu fordern:

  • Tumortyp,
  • Metrische Messung der Tumorgröße,
  • Lymphangiosis carcinomatosa, Gefäßeinbrüche,
  • Multifokalität/Multizentrizität,
  • Lymphknotenstatus,
  • Beurteilung der Schnittränder (Tumorinfiltration, Breite des gesunden Gewebesaumes),
  • Ausdehnung des intraduktalen Tumoranteils,
  • Differenzierungsgrad (Grading),
  • Hormonrezeptor-Status.


Die Ärztin/Der Arzt soll prüfen, ob die Patientin in Bezug auf die Therapieplanung von der Bestimmung des HER2/neu-Rezeptorstatus profitieren kann. In jedem Fall ist eine sorgfältige Gewebearchivierung für die spätere Bestimmung auch weiterer Parameter erforderlich.

1.4 Therapie

1.4.1 Grundsätze der Therapie
Vor Beginn der definitiven Therapie muss mit der Patientin ausführlich über ihre Erkrankung und die Therapieoptionen gesprochen werden. Die Entscheidungsfindung sollte für jeden Behandlungsschritt in Diskussion mit der aufgeklärten Patientin erfolgen. Die Voraussetzung hierfür ist eine auf die Patientin abgestimmte, neutrale Informationsvermittlung und ein adäquates Eingehen auf ihre psychosoziale Situation und emotionale Befindlichkeit, somit also eine patientenzentrierte Vorgehensweise. Auf die Möglichkeiten der Unterstützung durch die Selbsthilfe und spezielle Beratungseinrichtungen soll hingewiesen werden.
Die Therapie muss nach individueller Risikoabschätzung unter Berücksichtigung der medizinisch relevanten Befunde sowie der gesundheits- und krankheitsbezogenen Begleitumstände und der Lebensqualität erfolgen (z.B. Alter, Begleiterkrankungen, psychosoziale Umstände).
Die Patientin soll insbesondere über die brusterhaltende Therapie und die modifizierte radikale Mastektomie mit und ohne Sofortrekonstruktion aufgeklärt werden. Ihr ist eine angemessene Zeit für die Entscheidungsfindung einzuräumen.
Die Behandlung brustkrebserkrankter Frauen setzt eine interdisziplinäre Kooperation und Kommunikation voraus. Die Ärztin/Der Arzt informiert die Patientin in den einzelnen Phasen der Behandlung über Nutzen und Risiken der jeweils zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten.
Im gesamten Versorgungsprozess sind Maßnahmen der psychosozialen Betreuung zu berücksichtigen. Die psychosoziale Betreuung ist an die individuelle Situation (Krankheitsphase, Therapieverfahren etc.) anzupassen. Hierfür ist im Rahmen von strukturierten Behandlungsprogrammen ein strukturiertes Unterstützungs- und Beratungsangebot vorzusehen. Dieses kann insbesondere Maßnahmen zur Information, Beratung sowie - in begründeten Einzelfällen - psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen umfassen.
Die psychosoziale Betreuung erfordert kommunikative Kompetenzen und eine erhöhte diagnostische Aufmerksamkeit gegenüber psychischen Belastungsreaktionen und psychischen Störungen bei den Patientinnen und deren Angehörigen. Es ist zu prüfen, ob die Patientin einer weitergehenden Behandlung durch qualifizierte Leistungserbringer bedarf.
Integraler Bestandteil der Therapie ist die rechtzeitige Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln (Perücken etc.) sowie die Einleitung von rehabilitationsspezifischen Maßnahmen (Physiotherapie, ggf. Lymphdrainage; sozialmedizinische Maßnahmen).

1.4.2 Operative Therapie des Brustkrebses ohne Sonderformen
Ziel der operativen Therapie ist die lokale Kontrolle durch vollständige Entfernung des Karzinomherdes bei gleichzeitiger Berücksichtigung des kosmetischen Ergebnisses. Die Vollständigkeit der Entfernung ist durch eine histopathologische Untersuchung zu sichern. Nach Exstirpation der Läsion muss eine eindeutige topographische Markierung des Gewebestückes erfolgen.
Wenn die Resektionsränder nicht tumorfrei sind, müssen ergänzende operative oder strahlentherapeutische Maßnahmen getroffen werden.
Die operative Therapie des Brustkrebses ist stadienabhängig. Sie kann sowohl organerhaltend als auch ablativ erfolgen.
Alle Frauen mit lokal begrenzten Tumoren sollten primär der operativen Therapie zugeführt werden. Patientinnen mit einem lokal fortgeschrittenen Brustkrebs (T4-Tumor oder inflammatorischem Brustkrebs, siehe Ziffer 1.4.5.2 "Lokal fortgeschrittener Brustkrebs") sind nur in begründeten Ausnahmefällen primär operabel und bedürfen einer individuellen präoperativen Therapie, die medikamentöse und/oder strahlentherapeutische Komponenten enthält.

1.4.2.1 Vorgehen bei nicht tastbarem Befund
Ist eine karzinomatöse Läsion nicht tastbar, muss sie durch eine präoperative Markierung lokalisiert und anhand dieser Lokalisation exstirpiert werden. Das entnommene Gewebestück ist durch ein der Methodik der Markierung entsprechendes bildgebendes Verfahren zu untersuchen, um die vollständige Exstirpation in Übereinstimmung mit dem präoperativen Befund zu gewährleisten.

1.4.2.2 Brusterhaltende Therapie
Patientinnen, bei denen eine brusterhaltende Therapie auf Grund des Befundes in Frage kommt, müssen über diese Möglichkeit informiert werden, da diese in Kombination mit adjuvanter Strahlentherapie identische Überlebensraten wie die Mastektomie erzielt. Die brusterhaltende Operation sollte - unter Berücksichtigung der Kontraindikationen - die bevorzugte Operationsmethode sein (siehe Ziffer 1.4.2.3).
Bei sehr ungünstigem Tumor-Brustverhältnis und daraus folgender Indikation zur Mastektomie kann auf Wunsch der Patientin sowie nach eingehender Aufklärung der Patientin eine primär systemische Therapie mit dem Ziel einer brusterhaltenden Operation durchgeführt werden.
Die Tumorgröße, bis zur der eine brusterhaltende Operation durchgeführt werden sollte, ist nicht genau festzulegen. Neben der Tumorgröße sind bei der Entscheidung, ob eine brusterhaltende Therapie in Frage kommt, insbesondere die Tumorausdehnung, die Relation der Tumorgröße zum Restbrustvolumen und der Wunsch der aufgeklärten Patientin zu berücksichtigen.
Die Resektionsränder sollten bei der histopathologischen Untersuchung frei von Karzinom sein.

1.4.2.3 Modifizierte radikale Mastektomie
Die modifizierte radikale Mastektomie wird immer dann durchgeführt, wenn ein brusterhaltendes Vorgehen nicht möglich ist, insbesondere bei folgenden Indikationen:

  • sehr ungünstiges Tumor-Brust-Verhältnis (Volumen, Lokalisation),
  • diffuse ausgedehnte Kalzifikation von malignem Typ,
  • eine ausgedehnte intraduktale Begleitkomponente,
  • Multizentrizität,
  • inkomplette Tumorentfernung, auch nach Nachresektion,
  • Undurchführbarkeit der Nachbestrahlung,
  • Wunsch der Patientin nach erfolgter angemessener Aufklärung über Risiken und Nutzen der therapeutischen Alternativen.

1.4.2.4 Operative Therapie der Axilla
Die Axilladissektion sollte bei allen Patientinnen mit einem invasiven operablen Brustkrebs durchgeführt werden. Aus Level I und II sollten hierbei insgesamt mindestens 10 Lymphknoten entfernt und untersucht werden.
In begründeten Ausnahmefällen kann auf die axillare Lymphonodektomie verzichtet werden, z.B.:

  • bei mikroinvasiven Karzinomen (<= 2 mm),
  • bei tubulären Karzinomen (< 1 cm),
  • bei DCIS gemäß Ziffer 1.4.5.1.


Auf die standardisierte Axilladissektion kann bei allen Patientinnen mit einem invasiven Brustkrebs dann verzichtet werden, wenn eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie durchgeführt wurde und kein Tumorbefall der Lymphknoten nachgewiesen werden konnte. Voraussetzung für die Durchführung einer Sentinel-Lymphknoten-Biopsie ist insbesondere die Aufklärung der Patientin über die derzeitig bekannte Datenlage des Verfahrens und die daraus resultierende Nutzen-Risikobilanz.

1.4.2.5 Plastisch rekonstruktive Eingriffe
Plastisch-rekonstruktive Eingriffe sind im Rahmen des Primäreingriffes oder zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Sie sollten der Patientin nach umfassender Information über Behandlungsverfahren und Behandlungseinrichtungen angeboten werden.

1.4.3 Strahlentherapie des Brustkrebses

1.4.3.1 Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation
Eine Nachbestrahlung des verbliebenen Brustgewebes ist nach brusterhaltendem operativen Vorgehen grundsätzlich indiziert.

1.4.3.2 Strahlentherapie nach Mastektomie
Eine postoperative Radiotherapie nach Mastektomie ist insbesondere bei folgenden Konstellationen indiziert:

  • bei Patientinnen mit T4/T3-Tumoren,
  • bei Befall von vier und mehr axillaren Lymphknoten,
  • bei inkompletter Tumorentfernung.

1.4.3.3 Strahlentherapie der Axilla
Im Allgemeinen wird zur Vermeidung von Lymphödemen die Axilla nach typisch durchgeführter axillarer Lymphonodektomie nicht bestrahlt. Zu erwägen ist eine Bestrahlung bei ausgedehntem Axillabefall. Bei der individuellen Entscheidung über eine Bestrahlung der Axilla ist zwischen dem Risiko eines lokoregionären Rezidivs und dem Risiko der erhöhten Morbidität (Lymphödem) abzuwägen.

1.4.4 Systemische adjuvante Therapie (endokrine Therapie und Chemotherapie)
Für alle Frauen muss nach individueller Nutzen-Risikoabwägung die Einleitung einer adjuvanten systemischen Therapie geprüft werden.
Ob und welche adjuvante systemische Therapie begonnen wird, ist nach Aufklärung und Beratung der Patientin insbesondere im Hinblick auf mögliche Nebenwirkungen einerseits und optimale supportive Therapien andererseits (z.B. Antiemese, Versorgung mit Perücken etc.) zu entscheiden.
Die Entscheidung über die Notwendigkeit und Art einer adjuvanten Therapie berücksichtigt die Tumorgröße, den Lymphknotenstatus, das Grading, den Rezeptorstatus, den Menopausenstatus, weitere Erkrankungen und das Alter als wichtigste Faktoren zur Risikoeinstufung. Die betroffenen Frauen sind zwei Risikogruppen zuzuordnen.
Zu der Gruppe mit niedrigem Risiko gehören Frauen, unabhängig vom Menopausenstatus, die alle der folgenden Bedingungen erfüllen müssen:

  • Patientinnen mit 35 Jahren oder älter,
  • Tumordurchmesser < 2 cm,
  • Grading I,
  • positiver Östrogen- und/oder Progesteronrezeptor und
  • negativer Lymphknotenbefall.


Alle anderen Frauen sind der Gruppe mit erhöhtem Risiko zuzuordnen.
Bei Frauen mit niedrigem Risiko ist eine adjuvante systemische Therapie in der Regel nicht erforderlich. Im Einzelfall kann eine endokrine Therapie sinnvoll sein.
Bei Frauen mit erhöhtem Risiko und rezeptornegativem Befund sollte eine Chemotherapie in Betracht gezogen werden. Die Chemotherapie muss in ausreichend hoher Dosierung und ausreichend lange erfolgen.
Bei Frauen mit erhöhtem Risiko und rezeptorpositivem Befund ist entweder die alleinige endokrine Therapie oder die Kombination von Chemotherapie mit endokriner Therapie zu erwägen.
Wirksame Begleitmaßnahmen, insbesondere eine ausreichende Antiemese, sind Bestandteil der systemischen Therapie.

1.4.5 Vorgehen bei Sonderformen des Brustkrebses

1.4.5.1 Ductales Carcinoma in situ (DCIS)
DCIS beschreibt eine heterogene Gruppe nicht invasiver, intraduktaler, karzinomatöser Gewebsveränderungen unterschiedlicher histologischer Typen mit variierendem malignen Potential und daraus resultierender Heterogenität hinsichtlich Prognose, Rezidivhäufigkeit und Progression der Erkrankung.
Die Standardbehandlung des DCIS ist die operative Entfernung aller suspekten Herde mit histologischer Bestätigung der vollständigen Resektion. Über die Radikalität des operativen Vorgehens ist- in Abhängigkeit von der Risikokonstellation - mit der aufgeklärten Patientin zu entscheiden.
Bei brusterhaltender Therapie des DCIS ist die Notwendigkeit einer Strahlentherapie zu überprüfen. Die Vielfalt der klinischen und morphologischen Befunde (u.a. Tumorausdehnung, Tumorgrading und Sicherheitsabstand) des DCIS muss bei der Planung der Strahlentherapie berücksichtigt werden.

1.4.5.2
Lokal fortgeschrittener Brustkrebs Essentielle Bestandteile der Therapie des inflammatorischen und/oder primär inoperablen Brustkrebses sind die systemische Therapie, Sekundäroperation und die Strahlentherapie.
Die therapeutische Sequenz wird durch die individuellen Gegebenheiten festgelegt.

1.4.5.3 Brustkrebs und Multimorbidität
Bei Patientinnen, die wegen Multimorbidität inoperabel sind, kann mit dem Ziel der lokalen Tumorkontrolle bei Erhaltung der bestmöglichen Lebensqualität auch eine alleinige endokrine Therapie erwogen werden.

1.5 Nachsorge

Nach Abschluss der Primärbehandlung, spätestens sechs Monate nach histologischer Sicherung der Diagnose, soll die Nachsorge beginnen.
Die Nachsorge soll vorzugsweise die physische und psychische Gesundung sowie die psychosoziale Rehabilitation unterstützen und ist nicht nur als Verlaufskontrolle oder Nachbeobachtung der Erkrankung zu verstehen.
Ein weiteres Ziel der Nachsorge ist das frühzeitige Erkennen eines lokoregionären Rezidivs (siehe Ziffer 1.6.1) bzw. eines kontralateralen Tumors und das Erkennen von Folgeerscheinungen der Primärtherapie.
Die Nachsorge umfasst mindestens Anamnese, körperliche Untersuchung (einschließlich klinischer Tastuntersuchung der Thoraxwand und sämtlicher Lymphabflusswege) und Aufklärung/Information. Sie ist Symptom- und risikoorientiert zu konzipieren und den individuellen Bedürfnissen der Frauen anzupassen.
Die Nachsorgeuntersuchungen erfolgen in der Regel halbjährlich. Abhängig von den Erfordernissen der Situation und der psychosozialen Betreuung hat die Patientin jederzeit die Möglichkeit, sich in ärztliche Betreuung zu begeben.
Es sollte in der Regel einmal jährlich eine Mammographie erfolgen (nach brusterhaltender Therapie beidseits, nach Mastektomie auf der kontralateralen Seite), in bestimmten Fällen können häufigere Kontrollen notwendig werden.
Die Dokumentation erfolgt grundsätzlich jedes zweite Quartal. Abweichend davon können im individuellen Fall kürzere, quartalsweise Abstände gewählt werden.

1.5.1 Psychosoziale Betreuung
Die psychosoziale Beratung und Betreuung der Frauen soll integraler Bestandteil der Nachsorge sein. Ihr ist in diesem Rahmen ausreichend Zeit einzuräumen. Hierzu gehört auch die Beratung über die Möglichkeiten der sozialen, familiären und beruflichen Rehabilitation (siehe Ziffer 1.8).
Die nachsorgende Ärztin/Der nachsorgende Arzt soll prüfen, ob die Patientin einer weitergehenden Diagnostik und/oder Behandlung bedarf (z.B. Angststörungen, depressive Störungen). Bei psychischen Beeinträchtigungen mit Krankheitswert sollte die Behandlung durch qualifizierte Leistungserbringer erfolgen.

1.6 Diagnostik und Therapie fortgeschrittener Erkrankungen

1.6.1 Lokalrezidive
Lokalrezidive sind in vielen Fällen mit Aussicht auf Heilung behandelbar. Je früher sie diagnostiziert werden, um so besser ist ihre Prognose. Daher kommt der Nachsorgeuntersuchung eine besondere Bedeutung zu (siehe Ziffer 1.5).
Bei Auftreten eines Lokalrezidivs muss im Hinblick auf die Therapieplanung geprüft werden, ob weitere Herde oder eine Fernmetastasierung vorliegen.

1.6.1.1 Therapie des Lokalrezidivs
Die Therapie intramammärer Rezidive besteht in der Regel in einer operativen Intervention. Die Mastektomie erzielt hierbei die beste Tumorkontrolle.
Ein Thoraxwandrezidiv ist nach Möglichkeit operativ vollständig zu entfernen.
Bei lokoregionärem Rezidiv nach Mastektomie sollte eine postoperative Bestrahlung durchgeführt werden, sofern es auf Grund der bisherigen Strahlenbelastung vertretbar ist. Darüber hinaus soll ergänzend die Notwendigkeit und Möglichkeit zusätzlicher Behandlungen (systemische endokrine und/oder chemotherapeutische Behandlungsverfahren) geprüft werden.

1.6.2 Fernmetastasen
Bei Fernmetastasen muss im Hinblick auf eine mögliche therapeutische Konsequenz geprüft werden, welche diagnostischen Maßnahmen zur Erkennung weiterer Herde sinnvoll sind.

1.6.2.1 Therapie bei metastasierten Erkrankungen
Bei nachgewiesenen Fernmetastasen steht die Lebensqualität der betroffenen Frau im Vordergrund der therapeutischen Maßnahmen. Diese haben sich darauf auszurichten, eine Lebensverlängerung unter möglichst langem Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit, einer akzeptablen Lebensqualität und Linderung tumorbedingter Beschwerden zu erreichen. Die individualisierte Therapiestrategie hat die krankheitsspezifischen Risikofaktoren (viszerale Metastasierung, Knochenmetastasierung) sowie die persönliche Situation der Patientin zu beachten. Das Ansprechen der therapeutischen Verfahren muss in angemessenen Abständen kontrolliert und die geeigneten therapeutischen Konsequenzen müssen ergriffen werden, um im Hinblick auf die oben genannten Therapieziele das Optimum erreichen zu können.
Eine endokrine Therapie ist meist bei positivem Hormonrezeptorstatus zu empfehlen.
Eine Chemotherapie sollte unter Berücksichtigung der individuellen Risikosituation und des Therapieziels in Erwägung gezogen werden, insbesondere bei negativem Rezeptorstatus, hormonresistentem Brustkrebs, schnell progredientem Verlauf, viszeralem Befall und/oder erheblichen Beschwerden. In diesen Situationen kann eine Chemotherapie trotz ihrer Nebenwirkungen die Lebensqualität erhöhen.
Eine Therapie mit Bisphosphonaten ist bei Patientinnen mit Knochenmetastasen indiziert.
Bei standardisierter immunhistologisch oder molekularbiologisch geprüfter Positivität für HER2/neu soll die Ärztin/der Arzt prüfen, ob die betroffene Patientin im Einzelfall vom Einsatz einer Antikörpertherapie mit Trastuzumab, in der Regel in Kombination mit einer geprüften Chemotherapie, profitieren kann.

1.7 Palliativtherapie und Schmerztherapie

Die palliative Therapie als aktive, ganzheitliche Behandlung einer progredienten Erkrankung in weit fortgeschrittenem Stadium zielt in erster Linie auf die Beherrschung von Schmerzen und anderen Krankheitsbeschwerden und umfasst auch krankheitsbedingte psychische und soziale Probleme. Sie soll allen Patientinnen mit weit fortgeschrittener Erkrankung angeboten werden. Es ist zu prüfen, ob und wann eine ambulante oder stationäre Behandlung und/oder Pflege angebracht ist.
Eine angemessene schmerztherapeutische Versorgung unter Berücksichtigung des Dreistufenschemas der WHO ist zu gewährleisten.
Ziel der Schmerzbehandlung ist eine rasch eintretende und möglichst komplette Schmerzkontrolle. Das Ansprechen der Therapie ist in angemessenen Abständen zu prüfen und ggf. sind erforderliche Umstellungen der Therapie zeitnah einzuleiten. Nicht kontrollierbare Schmerzzustände bedürfen einer Behandlung durch qualifizierte Leistungserbringer ggf. innerhalb eines interdisziplinären Teams.
Insbesondere ist eine rechtzeitige und ausreichende Versorgung mit Opiaten zu gewährleisten. Nebenwirkungen einer Dauertherapie mit Opiaten (z.B. Obstipation) sind frühzeitig in geeigneter Weise zu behandeln.
Durch ossäre Metastasierung bedingte Schmerzen werden durch den Einsatz von Bisphosphonaten günstig beeinflusst. Ebenso ist der Einsatz einer Strahlentherapie bei Schmerzen durch Knochenmetastasierung zu erwägen.

1.8 Rehabilitation

Im Rahmen des strukturierten Behandlungsprogramms ist individuell zu prüfen, ob eine Patientin von einer Rehabilitationsleistung profitieren kann.
Die ambulante oder stationäre Rehabilitation ist ein Prozess, bei dem brustkrebserkrankte Patientinnen mit Hilfe eines multidisziplinären Teams darin unterstützt werden, die individuell bestmögliche physische und psychische Gesundheit zu erlangen und aufrechtzuerhalten sowie die Erwerbsfähigkeit zu erhalten oder wieder herzustellen und selbstbestimmt und gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben. Eine Rehabilitationsleistung soll Benachteiligungen durch die Brustkrebserkrankung vermeiden helfen oder ihnen entgegenwirken.

1.9 Kooperation der Versorgungssektoren

Das Behandlungskonzept muss eine interdisziplinäre, professionen- und sektorenübergreifende Betreuung in qualifizierten Einrichtungen mit dem notwendigen logistischen Hintergrund gewährleisten. Eine qualifizierte Behandlung muss über die gesamte Versorgungskette gewährleistet sein. Überweisungserfordernisse müssen in Abhängigkeit vom Krankheitsstadium der Patientin und der jeweiligen fachlichen Qualifikation der behandelnden Ärztin/des behandelnden Arztes sowie der regionalen Versorgungsstrukturen geprüft werden.

2 Qualitätssichernde Maßnahmen (§ 137f Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

Die Ausführungen zu Ziffer 2 der Anlage 1 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass die in den Sätzen 2 und 7 aufgeführten Qualitätssicherungsmaßnahmen der Krankenkasse zur Unterstützung der aktiven Teilnahme der Versicherten nicht Voraussetzung für die Zulassung sind.

3 Teilnahmevoraussetzungen und Dauer der Teilnahme der Versicherten (§ 137f Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

3.1 Allgemeine Teilnahmevoraussetzungen
Die Ausführungen zu Ziffer 3.1 der Anlage 1 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass die schriftliche Bestätigung der histologisch gesicherten Diagnose durch die behandelnde Ärztin/den behandelnden Arzt erfolgen muss.

3.2 Spezielle Teilnahmevoraussetzungen
Voraussetzung für die Einschreibung ist der histologische Nachweis eines Brustkrebses oder der histologische Nachweis eines lokoregionären Rezidivs oder eine nachgewiesene Fernmetastasierung des histologisch nachgewiesenen Brustkrebses. Die Diagnose wird in der Regel vor dem therapeutischen Eingriff gestellt.
Das alleinige Vorliegen eines lobulären Carcinoma in situ (LCIS) rechtfertigt nicht die Aufnahme in strukturierte Behandlungsprogramme.
Für die Teilnahme gelten folgende Regelungen:
Die Primärtherapie gilt nach Ablauf von sechs Monaten nach dem histologischen Nachweis des Brustkrebses als beendet.
Nach fünf Jahren Rezidivfreiheit nach Primärtherapie endet die Teilnahme am strukturierten Behandlungsprogramm.
Tritt ein lokoregionäres Rezidiv/kontralateraler Brustkrebs während der Teilnahme am strukturiertem Behandlungsprogramm auf, ist ein Verbleiben im Programm für weitere fünfeinhalb Jahre ab dem Zeitpunkt des histologischen Nachweises möglich.
Tritt ein lokoregionäres Rezidiv/kontralateraler Brustkrebs nach Beendigung der Teilnahme am strukturiertem Behandlungsprogramm auf, ist eine Neueinschreibung erforderlich.
Patientinnen mit Fernmetastasierung können dauerhaft am Programm teilnehmen. werden.

4 Schulungen (§ 137f Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

Die Ausführungen zu Ziffer 4 der Anlage 1 gelten entsprechend.

4.1 Schulungen der Leistungserbringer
Die Ausführungen zu Ziffer 4.1 der Anlage 1 gelten entsprechend.

4.2 Patientinneninformationen
Es sind geeignete Maßnahmen der Patientinneninformation vorzusehen, die während der gesamten Behandlungskette am individuellen Bedürfnis der Patientin und an den jeweiligen Erfordernissen der Diagnostik, Therapie und Nachsorge auszurichten sind.
Die Inanspruchnahme ist freiwillig. Eine Nicht-Inanspruchnahme führt nicht zum Ausschluss der Patientin aus dem strukturierten Behandlungsprogramm.
Schulungsprogramme sind für Patientinnen mit Brustkrebs nicht zielführend.

5 Evaluation (§ 137f Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

5.1 Allgemeine Anforderungen an die Evaluation
Die Ausführungen zu Ziffer 5 der Anlage 1 gelten entsprechend.

5.2 Krankheitsspezifische Anforderungen an die Evaluation
Die einzelnen Patientinnengruppen (Erstmanifestation/Rezidiv) müssen in der Auswertung getrennt betrachtet