§ 45 BezVerwG - Bürgerbegehren
Bibliographie
- Titel
- Bezirksverwaltungsgesetz
- Redaktionelle Abkürzung
- BezVerwG,BE
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Berlin
- Gliederungs-Nr.
- 2020-1
(1) Die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger eines Bezirks können in allen Angelegenheiten, in denen die Bezirksverordnetenversammlung nach den §§ 12 und 13 Beschlüsse fassen kann, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). In den Angelegenheiten des § 12 Absatz 2 Nummer 1 und 2 sind ausschließlich Anträge mit empfehlender oder ersuchender Wirkung entsprechend den §§ 13 und 47 Absatz 3 zulässig. In Angelegenheiten des § 12 Absatz 2 Nummer 4 sind ausschließlich Anträge mit empfehlender oder ersuchender Wirkung zulässig, soweit die Entscheidung über den Gegenstand mittels Bürgerentscheid gegen Bundes- oder Landesgesetze verstößt. Unzulässig sind Bürgerbegehren und Bürgerentscheide, soweit Anträge Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder einer Eingriffsentscheidung (§ 3 Absatz 2 Buchstabe b) widersprechen. Im Fall von Anträgen mit empfehlender oder ersuchender Wirkung darf das verfolgte Anliegen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder einer Eingriffsentscheidung nicht widersprechen; Satz 3 bleibt unberührt. Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sind nicht deswegen unzulässig, weil sie finanzwirksam sind.
(2) Trägerin eines Bürgerbegehrens können eine natürliche Person, eine Mehrheit von Personen, eine Personenvereinigung oder eine Partei sein. Die Trägerin hat Anspruch auf angemessene Beratung über die Zulassungsvoraussetzungen und über die Bindungswirkung eines entsprechenden Bürgerentscheids durch das Bezirksamt.
(3) Das Bürgerbegehren muss eine mit "Ja" oder "Nein" zu entscheidende Fragestellung enthalten und drei Vertrauenspersonen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Erklärungen der Vertrauenspersonen sind nur verbindlich, wenn sie von mindestens zwei Vertrauenspersonen abgegeben werden. Rechtliche Bedenken sind den Vertrauenspersonen unabhängig von Zeitpunkt und Inanspruchnahme der Beratung unverzüglich mitzuteilen.
(4) Die Vertrauenspersonen zeigen dem Bezirksamt das beabsichtigte Bürgerbegehren schriftlich unter Einreichung eines vorläufigen Musterbogens an. Das Bezirksamt leitet diese Anzeige nachrichtlich an die Bezirksverordnetenversammlung, die für Inneres sowie die fachlich zuständige Senatsverwaltung weiter. Das Bezirksamt entscheidet innerhalb eines Monats über die Zulässigkeit, stellt die Bindungswirkung eines entsprechenden Bürgerentscheids fest und gibt eine Einschätzung der Kosten, die sich aus der Verwirklichung des mit dem Bürgerbegehren verfolgten Anliegens ergeben würden. Stellt das Bezirksamt behebbare Zulässigkeitsmängel fest, kann es seine Zulässigkeitsentscheidung für zwei Wochen zurückstellen und der Trägerin Gelegenheit geben, die Mängel kurzfristig zu beheben. Über seine Entscheidung nach Satz 3 unterrichtet das Bezirksamt die für Inneres sowie die fachlich zuständige Senatsverwaltung.
(5) Nach Ablauf von einem Monat ab Zugang der Unterrichtung gemäß Absatz 4 Satz 5 sind in Bezug auf den Gegenstand des Bürgerbegehrens die Aufsichts- und Eingriffsrechte nach §§ 9 bis 13a des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes und § 7 des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs sowie die Einleitung eines Feststellungsverfahrens nach § 9 des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs bis zum Abschluss des Bürgerbegehrens oder des Bürgerentscheids ausgeschlossen, es sei denn, die tatsächlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen ändern sich wesentlich.
(6) Macht der Senat oder ein zuständiges Mitglied des Senats nicht bis zum Ablauf der Frist nach Absatz 5 von seinen dort genannten Rechten Gebrauch, unterrichtet das Bezirksamt unverzüglich die Vertrauenspersonen und die Bezirksverordnetenversammlung. Gegen die Entscheidung über die Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens können die Vertrauenspersonen Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Stellt das Verwaltungsgericht die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens fest, gilt Absatz 5 ab Eintritt der Rechtskraft entsprechend.
(7) Die Einschätzung des Bezirksamts über die Kosten und die Bindungswirkung des angestrebten Bürgerentscheids nach Absatz 4 sind auf der Unterschriftsliste oder dem Unterschriftsbogen voranzustellen. Die Trägerin kann der Kostenschätzung eine eigene Kostenschätzung oder eine bündige Anmerkung zur Kostenschätzung voranstellen. Im Übrigen gilt für die Unterschriftsliste oder den Unterschriftsbogen § 3 der Abstimmungsordnung entsprechend. Neben der eigenhändigen Unterschrift müssen folgende Daten der unterzeichnenden Person handschriftlich angegeben sein:
- 1.
Familienname,
- 2.
Vorname,
- 3.
Geburtsdatum,
- 4.
Anschrift der alleinigen Wohnung oder Hauptwohnung,
- 5.
Tag der Unterschriftsleistung.
Fehlt die handschriftliche Angabe des Geburtsdatums oder ist diese unvollständig, fehlerhaft oder unleserlich, so gilt die Unterschrift als ungültig. Die Unterschrift gilt zudem als ungültig, wenn sich die Person anhand der Eintragungen nicht zweifelsfrei erkennen lässt oder sich nicht zweifelsfrei feststellen lässt, ob die Unterschrift fristgerecht erfolgt ist oder die unterzeichnende Person am Tag der Unterschriftsleistung teilnahmeberechtigt war. Enthalten die Eintragungen Zusätze oder Vorbehalte, sind sie nicht handschriftlich oder nicht fristgerecht erfolgt oder wurden sie mit Telefax oder elektronisch übermittelt, so gilt die Unterschrift ebenfalls als ungültig.
(8) Eine unterstützungswillige Person, die nicht schreiben kann, erklärt ihre Unterstützung zur Niederschrift im Bezirksamt.
(9) Zum Nachweis des Stimmrechts müssen Personen, die nicht in einem Melderegister der Bundesrepublik Deutschland verzeichnet sind oder nicht seit drei Monaten vor dem Tag der Unterzeichnung im Bezirk gemeldet sind, die Unterzeichnung im Bezirksamt vornehmen und durch Versicherung an Eides statt glaubhaft machen, dass sie sich in den letzten drei Monaten überwiegend im Bezirk aufgehalten haben.
(10) Ein Bürgerbegehren ist zustande gekommen, wenn es spätestens bis sechs Monate nach der Unterrichtung der Vertrauenspersonen über die Entscheidung des Bezirksamts über die Zulässigkeit von drei Prozent der bei der letzten Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung festgestellten Zahl der Wahlberechtigten unterstützt wurde und die für das Bürgerbegehren erforderlichen Unterschriften bis zu diesem Zeitpunkt beim Bezirksamt eingereicht wurden. Ist ein Bürgerbegehren nicht zustande gekommen, hat aber mindestens die für das Zustandekommen eines Einwohnerantrages nötige Zahl an Unterschriften erreicht, wird es als zulässiger Einwohnerantrag nach § 44 Absatz 7 behandelt. Unterschriftsberechtigt sind die Wahlberechtigten, die zum Zeitpunkt der Unterschrift das Wahlrecht zur Bezirksverordnetenversammlung besitzen.
(11) Über das Zustandekommen eines Bürgerbegehrens entscheidet das Bezirksamt innerhalb eines Monats nach Einreichung der für das Bürgerbegehren erforderlichen Unterschriften und unterrichtet unmittelbar die Bezirksverordnetenversammlung. Stellt das Bezirksamt fest, dass das Bürgerbegehren nicht zustande gekommen ist, so können die Vertrauenspersonen Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben.
(12) Ist das Zustandekommen eines Bürgerbegehrens festgestellt, so dürfen die Organe des Bezirks bis zur Durchführung des Bürgerentscheids weder eine dem Bürgerbegehren entgegenstehende Entscheidung treffen noch mit dem Vollzug einer solchen Entscheidung beginnen, es sei denn, hierzu besteht eine rechtliche Verpflichtung.§ 13 Absatz 2 gilt entsprechend.
(13) Gebühren und Auslagen werden nicht erhoben.