§ 35 PAG - Besondere Bestimmungen über den Einsatz technischer Mittel in Wohnungen
Bibliographie
- Titel
- Thüringer Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei (Polizeiaufgabengesetz - PAG)
- Amtliche Abkürzung
- PAG
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Thüringen
- Gliederungs-Nr.
- 2012-2
(1) Die Polizei kann durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen (§ 25 Abs. 1 Satz 2) personenbezogene Daten erheben
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über die für eine Gefahr Verantwortlichen, wenn dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, erforderlich ist oder
- 2.
über Personen, wenn Vorbereitungshandlungen für sich oder zusammen mit weiteren bestimmten Tatsachen die begründete Annahme rechtfertigen, dass diese Personen eine besonders schwere Straftat (§ 31 Abs. 5 Satz 1) begehen wollen
und die Abwehr der Gefahr oder die Verhütung der Straftaten auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Erhebung personenbezogener Daten über andere als die in Satz 1 genannten Personen ist zulässig, soweit dies unvermeidliche Folge der Maßnahme ist.
(2) Die Maßnahme nach Absatz 1 darf nur angeordnet werden, soweit nicht aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte, insbesondere beruhend auf der Art der zu überwachenden Räumlichkeiten oder dem Verhältnis der zu überwachenden Personen zueinander, anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Daten aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden. In den Fällen der §§ 53 und 53a StPO ist eine Maßnahme nach Absatz 1 unzulässig.
(3) Die Maßnahme darf sich nur gegen die in Absatz 1 genannten Personen richten und nur in deren Wohnung durchgeführt werden. Hierzu kann die Polizei deren Wohnungen betreten, wenn dies erforderlich ist, um die technischen Voraussetzungen des Einsatzes besonderer Mittel zu schaffen.
(4) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur auf Antrag des Leiters der Polizeibehörde oder seines Stellvertreters gerichtlich angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung der Leiter der Polizeibehörde oder bei Verhinderung sein Stellvertreter treffen. Bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Die Anordnung eines Behördenleiters nach Satz 2 tritt außer Kraft, wenn sie nicht unverzüglich, jedoch spätestens binnen drei Werktagen, durch den Richter bestätigt wird. Für die Entscheidung ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die antragstellende Polizeibehörde ihren Sitz hat. Für die richterliche Anordnung gelten die Bestimmungen des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(5) Der Antrag ergeht schriftlich. Er enthält
- 1.
soweit bekannt, den Namen und die Anschrift der Person, gegen die sich die Maßnahme richtet,
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die zu überwachende Wohnung oder die zu überwachenden Wohnräume,
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die Art, den Umfang und die Dauer der Maßnahme und
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die wesentlichen Gründe.
Die Maßnahme ist auf höchstens einen Monat zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als einen weiteren Monat sind auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse für die Anordnung fortbestehen. Bestehen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr fort, so ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden (§ 4 Abs. 3). Die Beendigung ist dem Richter unverzüglich mitzuteilen.
(6) Das Abhören und Beobachten nach Absatz 1 ist unverzüglich zu unterbrechen, soweit sich während der Überwachung tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Inhalte, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung oder einem Vertrauensverhältnis mit Berufsgeheimnisträgern (§ 5 Abs. 3 und 4) zuzurechnen sind, erfasst werden. Bestehen über die Voraussetzungen einer Unterbrechung Zweifel, darf nur eine automatische Aufzeichnung fortgesetzt werden. Diese automatischen Aufzeichnungen sind unverzüglich dem anordnenden Richter zur Entscheidung über die Verwertbarkeit oder Löschung der Daten vorzulegen. Ist das Abhören und Beobachten nach Satz 1 unterbrochen worden, so darf die Maßnahme nur fortgesetzt werden, wenn der Kernbereich privater Lebensgestaltung oder ein geschütztes Vertrauensverhältnis nicht mehr verletzt sein könnte.
(7) Dennoch
- 1.
nach Absatz 6 Satz 1 aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung oder
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aus einem Vertrauensverhältnis mit Berufsgeheimnisträgern nach § 5 Abs. 3 und 4 erlangte Erkenntnisse
dürfen nicht verwendet oder verwertet werden und sind unverzüglich zu löschen.
(8) Die Anordnung eines verdeckten Einsatzes technischer Mittel in oder aus Wohnungen ausschließlich zum Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Personen obliegt dem Leiter der Polizeibehörde oder dessen Stellvertreter. Eine anderweitige Nutzung der hierbei erlangten Erkenntnisse zu Zwecken der Abwehr einer dringenden Gefahr ist nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Absatz 4 Satz 5 und 6 sowie Absatz 7 Satz 1 und 2 finden entsprechende Anwendung. Aufzeichnungen aus einem solchen Einsatz sind unverzüglich nach Beendigung des Einsatzes zu löschen, soweit sie nicht zur Gefahrenabwehr benötigt werden; die Löschung ist zu protokollieren.
(9) Die Landesregierung unterrichtet den Landtag jährlich über den nach Absatz 1 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 8 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Die Parlamentarische Kontrollkommission übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus.