Anlage 1 GO - Geheimschutzordnung des Sächsischen Landtags
Bibliographie
- Titel
- Geschäftsordnung des Sächsischen Landtags - 7. Wahlperiode
- Amtliche Abkürzung
- GO,SN
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Sachsen
- Gliederungs-Nr.
- 110-V19.2
§ 1
Anwendungsbereich
(1) Diese Geheimschutzordnung gilt für Verschlusssachen, die innerhalb des Landtags entstehen oder dem Landtag, seinen Ausschüssen, dem Präsidium oder einzelnen Mitgliedern des Landtags zugeleitet werden. Die für die Ausschüsse geltenden Vorschriften finden Anwendung auf andere Gremien, die vom Landtag oder den Ausschüssen eingesetzt sind oder auf gesetzlicher Grundlage beruhen.
(2) Die Verschlusssachenanweisung vom 4. Januar 2008 (SächsABl. SDr. S. S 2), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 27. November 2017 (SächsABl. SDr. S. S 346), gilt entsprechend, soweit sich aus dieser Geheimschutzordnung nichts Abweichendes ergibt.
§ 2
Verantwortung und Zuständigkeit
Die Präsidentin oder der Präsident ist für die ordnungsgemäße Durchführung der Geheimschutzordnung verantwortlich. Die Präsidentin oder der Präsident kann Aufgaben nach der Geheimschutzordnung ganz oder teilweise auf eine Beamtin oder einen Beamten der Landtagsverwaltung (Geheimschutzbeauftragte oder Geheimschutzbeauftragter) übertragen.
§ 3
Begriff der Verschlusssache
(1) Verschlusssachen (VS) sind im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform.
(2) Zwischenmaterial, das im Zusammenhang mit einer VS anfällt, ist ebenfalls VS im Sinne des Absatzes 1.
§ 4
Grundsätze
(1) Über VS ist Verschwiegenheit zu bewahren. VS dürfen an Unbefugte nicht weitergegeben werden.
(2) Jede Person, der eine VS anvertraut oder zugänglich gemacht worden ist, trägt ohne Rücksicht darauf, wie die VS zu ihrer Kenntnis oder in ihren Besitz gelangt ist, die persönliche Verantwortung für ihre sichere Aufbewahrung und vorschriftsmäßige Behandlung sowie für die Geheimhaltung ihres Inhaltes gemäß den Bestimmungen dieser Geheimschutzordnung.
(3) Erörterungen über VS in Gegenwart Unbefugter und in der Öffentlichkeit sind zu unterlassen.
(4) Über VS dürfen keine Telefongespräche geführt werden. Telefongespräche mit VS-VERTRAULICH oder VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH eingestuftem Inhalt dürfen ausnahmsweise geführt werden, wenn die sonstige Erledigung der Angelegenheit einen unvertretbaren Zeitverlust bedeuten würde; in diesem Falle sind die Gespräche so zu führen, dass der Sachverhalt Dritten nicht verständlich ist.
(5) Niemand darf sich dadurch zur Preisgabe von VS an Unbefugte verleiten lassen, dass diese sich über den Vorgang unterrichtet zeigen.
(6) Die Pflicht zur Geheimhaltung gilt auch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Landtag.
§ 5
Geheimhaltungsgrade
VS sind je nach dem Schutz, dessen sie bedürfen, in folgende Geheimhaltungsgrade einzustufen:
- 1.
STRENG GEHEIM,
wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand oder lebenswichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden kann;
- 2.
GEHEIM,
wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann;
- 3.
VS-VERTRAULICH,
wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder schädlich sein kann;
- 4.
VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH,
wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann.
§ 6
Bestimmung und Änderung der Geheimhaltungsgrade
(1) Die herausgebende Stelle bestimmt den Geheimhaltungsgrad der VS. Dieser Geheimhaltungsgrad ist auch für die Behandlung innerhalb des Landtags verbindlich.
(2) Herausgebende Stellen innerhalb des Landtags sind:
- 1.
die Präsidentin oder der Präsident, auch für die VS der Verwaltung,
- 2.
die Ausschüsse,
- 3.
weitere von der Präsidentin oder dem Präsidenten zu ermächtigende Stellen.
§ 2 bleibt unberührt.
(3) Von Einstufungen in einen Geheimhaltungsgrad ist nur der unbedingt notwendige Gebrauch zu machen. Verschlusssachen sind nicht höher einzustufen, als es ihr Inhalt erfordert. Die herausgebende Stelle hat den Geheimhaltungsgrad einer VS zu ändern oder aufzuheben, sobald die Gründe für die bisherige Einstufung weggefallen sind. Von der Änderung oder Aufhebung hat die herausgebende Stelle, soweit seit der Herausgabe der VS nicht mehr als 30 Jahre vergangen sind, alle Empfänger schriftlich zu benachrichtigen. Nach Ablauf der Wahlperiode oder der Neuwahl des Gremiums tritt die Präsidentin oder der Präsident des Landtags an die Stelle der Ausschüsse als herausgebende Stelle. § 2 bleibt unberührt.
(4) Ist die Einstufung einer VS von einem bestimmten Zeitpunkt an oder mit dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses nicht mehr oder nicht mehr in dem ursprünglichen Umfang erforderlich, so ist dies auf der VS zu bestimmen.
(5) Der Geheimhaltungsgrad von im Landtag herausgegebenen VS ist nach 30 Jahren aufgehoben, sofern auf der VS nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist. Die Frist beginnt am 1. Januar des auf die Einstufung folgenden Jahres.
§ 7
Kenntnis von und Zugang zu VS
(1) Zugang zu VS können Mitglieder und stellvertretende Mitglieder des mit der VS befassten Ausschusses und die oder der Vorsitzende und im Verhinderungsfall stellvertretende Vorsitzende jeder im Ausschuss vertretenen Fraktion erhalten. Gleiches gilt für die Präsidentin oder den Präsidenten und die Mitglieder des Präsidiums, wenn sie mit der VS befasst werden. Darüber hinaus können auf Vorschlag einer oder eines Fraktionsvorsitzenden weitere Mitglieder des Landtags bei unabweisbarem Bedarf Zugang zu VS erhalten. Besteht kein Geheimhaltungsbeschluss im Sinne des § 353b Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuches bezüglich der VS, so kann der Zugang zu VS mit dem Geheimhaltungsgrad VS-VERTRAULICH oder höher nur gewährt und Kenntnis nur gegeben werden, wenn das Landtagsmitglied unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Geheimnisverletzung zur Geheimhaltung förmlich verpflichtet worden ist.
(2) Die Entscheidung über den Zugang zu VS sowie die förmliche Verpflichtung nach Absatz 1 erfolgen durch die Präsidentin oder den Präsidenten. § 2 bleibt unberührt. Die Entscheidungen sind aktenkundig zu machen.
(3) Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen dürfen VS der Geheimhaltungsgrade VS-VERTRAULICH und höher nur zugänglich gemacht werden, wenn sie im Auftrag eines im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 und 2 Berechtigten handeln und wenn sie entsprechend dem Sächsischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz überprüft sowie von der Präsidentin oder dem Präsidenten zum Zugang zu VS schriftlich ermächtigt und unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Geheimnisverletzung zur Geheimhaltung förmlich verpflichtet sind. § 2 bleibt unberührt. Die Entscheidungen sind aktenkundig zu machen. Die oder der Geheimschutzbeauftragte arbeitet in Fragen der Ermächtigung mit den parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern der Fraktionen zusammen.
(4) Für Beamtinnen und Beamte des Landtags genügen die Sicherheitsüberprüfung und die schriftliche Ermächtigung. Für die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung ist zusätzlich erforderlich, dass sie unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Geheimnisverletzung zur Geheimhaltung förmlich verpflichtet sind.
§ 8
Behandlung von VS in Ausschüssen
(1) Wird über VS beraten, muss die oder der Vorsitzende vor Beginn der Beratungen sicherstellen, dass sich keine unbefugten Personen im Sitzungssaal aufhalten. Bei der Behandlung von VS der Geheimhaltungsgrade VS-VERTRAULICH und höher dürfen keine Handys oder sonstigen elektronischen Geräte im Sitzungssaal mitgeführt werden. Dies gilt nicht für elektronische Geräte der VS-Registratur.
(2) Bei Beratungen über VS der Geheimhaltungsgrade VS-VERTRAULICH und höher dürfen nur die Beschlüsse protokolliert werden. Der Ausschuss kann beschließen, dass die Beratungen dem Inhalt nach festgehalten werden; in diesem Fall hat er über Auflage und Verteilung der Protokolle zu beschließen.
(3) Werden VS des Geheimhaltungsgrades VS-VERTRAULICH oder höher einem Ausschuss zugeleitet, dürfen sie nur in der Sitzung und längstens für deren Dauer ausgegeben werden. Bei Unterbrechung der Sitzung kann die Rückgabe unterbleiben, wenn die Überwachung des Sitzungsraumes sichergestellt ist.
(4) Stellt sich erst im Laufe oder am Schluss der Beratungen heraus, dass die Beratungen als VS-VERTRAULICH oder höher zu bewerten sind, kann der Ausschuss die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen nachträglich beschließen.
(5) Sitzungsnotizen über VS der Geheimhaltungsgrade VS-VERTRAULICH und höher sind am Ende der Sitzung der Verwahrstelle zu übergeben. Nach Ablauf der Wahlperiode werden die Sitzungsnotizen vernichtet. Im Falle der ständigen Gremien werden die Sitzungsnotizen nach der Neuwahl des Gremiums vernichtet.
§ 9
Behandlung von VS im Plenum
Für die Behandlung von VS im Plenum gilt § 8 entsprechend. Artikel 48 der Verfassung des Freistaates Sachsen bleibt unberührt.
§ 10
Kennzeichnung und Vervielfältigung
Die Kennzeichnung von VS, die innerhalb des Landtags oder der Landtagsverwaltung entstehen, und die Vervielfältigung (Kopien, Abschriften, Auszüge und so weiter) aller VS erfolgen ausschließlich durch die Landtagsverwaltung.
§ 11
Aufbewahrung, Sicherung, Verwaltung, Beförderung und Vernichtung von VS
(1) Bei allen dem Landtag zugehenden oder im Landtag entstehenden VS der Geheimhaltungsgrade VS-VERTRAULICH und höher erfolgt die Aufbewahrung, Sicherung, Verwaltung, Beförderung außer Haus, Archivierung und Vernichtung zentral durch die Landtagsverwaltung.
(2) VS des Geheimhaltungsgrades VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH sind unter Verschluss aufzubewahren. Dies ist nicht notwendig, wenn sie in Räumen aufbewahrt werden, zu denen Unbefugte keinen Zutritt haben.
(3) Tonträger sind nach bestimmungsgemäßer Auswertung sofort zu löschen. Von einer Löschung kann mit vorheriger Zustimmung der Präsidentin oder des Präsidenten abgesehen werden. § 2 bleibt unberührt.
§ 12
Weitergabe innerhalb des Landtags
(1) VS des Geheimhaltungsgrades VS-VERTRAULICH können gegen Quittung an zum Empfang berechtigte Personen von Hand zu Hand weitergegeben werden. Bei Weitergabe ist die Verwahrstelle unverzüglich in Kenntnis zu setzen; die Quittung ist ihr auszuhändigen.
(2) VS der Geheimhaltungsgrade VS-VERTRAULICH und höher sind täglich in die Verwahrstelle zurückzugeben.
(3) Von der Quittungspflicht ausgenommen sind VS-VERTRAULICH eingestufte Unterlagen, die innerhalb von Referaten oder vergleichbaren Organisationseinheiten weitergegeben oder die täglich an die Verwahrstelle zurückgegeben werden.
(4) VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH eingestufte Unterlagen werden ohne Quittung weitergegeben und wie nicht eingestuftes Schriftgut befördert.
§ 13
Mitnahme von VS
(1) Die Mitnahme von VS der Geheimhaltungsgrade VS-VERTRAULICH und höher aus den Räumen des Landtags ist grundsätzlich unzulässig. Die Präsidentin oder der Präsident kann die Mitnahme zulassen, soweit dies aus Gründen der parlamentarischen Arbeit zwingend notwendig ist. Die Präsidentin oder der Präsident legt gleichzeitig fest, wie die VS zu transportieren und zu verwahren sind. § 2 bleibt unberührt.
(2) Für eine ununterbrochene sichere Aufbewahrung ist zu sorgen. Derartige VS dürfen in der Öffentlichkeit nicht gelesen oder erörtert werden.
(3) Es ist unzulässig, VS in Kraftwagen zurückzulassen, sie in Hotelsafes oder Gepäckschließfächern und dergleichen zu verwahren. Bei Aufenthalten im Ausland ist die VS nach Möglichkeit bei den deutschen Vertretungen aufzubewahren.
§ 14
Mitteilungspflicht
Jeder Verdacht, jede Wahrnehmung oder jeder Vorfall, der auf Anbahnungsversuche fremder Nachrichtendienste oder darauf schließen lässt, dass Unbefugte Kenntnis vom Inhalt von VS erhalten haben, sowie der Verlust von VS der Geheimhaltungsgrade VS-VERTRAULICH und höher oder der Verlust von Sicherheitsschlüsseln sind unverzüglich der Präsidentin oder dem Präsidenten oder der oder dem Geheimschutzbeauftragten mitzuteilen.
§ 15
Ausführungsbestimmungen
Die Präsidentin oder der Präsident ist ermächtigt, Ausführungsbestimmungen zu erlassen.
Außer Kraft am 1. Oktober 2024 durch Ordnung vom 1. Oktober 2024 (SächsABl. S. 1202)