Anlage 1 GO LT - Verhaltensregeln für Mitglieder des Landtages des Saarlandes
Bibliographie
- Titel
- Geschäftsordnung des Landtages des Saarlandes
- Redaktionelle Abkürzung
- GO LT,SL
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Saarland
- Gliederungs-Nr.
- 1100-2
zur Geschäftsordnung des Landtages des Saarlandes
§ 1
Anzeigepflicht
(1) Ein Mitglied des Landtages ist verpflichtet, der Präsidentin oder dem Präsidenten aus der Zeit vor seiner Mitgliedschaft im Landtag schriftlich anzuzeigen:
- 1.
die zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit,
- 2.
Tätigkeiten als Mitglied eines Vorstandes, Aufsichtsrates, Verwaltungsrates, Beirates oder eines sonstigen Gremiums einer Gesellschaft oder eines in einer anderen Rechtsform betriebenen Unternehmens,
- 3.
Tätigkeiten als Mitglied eines Vorstandes, Aufsichtsrates, Verwaltungsrates, Beirates oder eines sonstigen Gremiums einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts.
(2) Ein Mitglied des Landtages ist zusätzlich verpflichtet, der Präsidentin oder dem Präsidenten schriftlich die folgenden Tätigkeiten und Verträge, die während der Mitgliedschaft im Landtag ausgeübt oder aufgenommen werden beziehungsweise wirksam sind, anzuzeigen:
- 1.
entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat, die selbstständig oder im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses ausgeübt werden; darunter fallen zum Beispiel die Fortsetzung einer vor der Mitgliedschaft ausgeübten Berufstätigkeit sowie Beratungs-, Vertretungs-, Gutachter-, publizistische und Vortragstätigkeiten; die Anzeigepflicht entfällt für die Tätigkeit als Mitglied der Landesregierung;
- 2.
Tätigkeiten als Mitglied eines Vorstandes, Aufsichtsrates, Verwaltungsrates, Beirates oder sonstigen Gremiums einer Gesellschaft oder eines in einer anderen Rechtsform betriebenen Unternehmens;
- 3.
Tätigkeiten als Mitglied eines Vorstandes, Aufsichtsrates, Verwaltungsrates, Beirates oder eines sonstigen Gremiums einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts;
- 4.
Tätigkeiten als Mitglied eines Vorstandes oder eines sonstigen leitenden oder beratenden Gremiums eines Vereins, Verbandes oder einer ähnlichen Organisation sowie einer Stiftung;
- 5.
das Bestehen beziehungsweise der Abschluss von Vereinbarungen, wonach dem Mitglied des Landtages während oder nach Beendigung der Mitgliedschaft bestimmte Tätigkeiten übertragen oder Vermögensvorteile zugewendet werden sollen;
- 6.
Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften, wenn dadurch ein wesentlicher wirtschaftlicher Einfluss auf ein Unternehmen begründet wird. Die Grenzen der Anzeigepflicht legt die Präsidentin oder der Präsident in den gemäß Absatz 4 zu erlassenden Ausführungsbestimmungen fest.
(3) Bei einer Tätigkeit und einem Vertrag, die gemäß Absatz 2 Nummer 1 bis 5 anzeigepflichtig sind, ist auch die Höhe der jeweiligen Einkünfte anzugeben. Zugrunde zu legen sind hierbei die für eine Tätigkeit zu zahlenden Bruttobeträge unter Einschluss von Entschädigungs-, Ausgleichs- und Sachleistungen.
(4) Die Präsidentin oder der Präsident erlässt im Amtsblatt des Saarlandes zu veröffentlichende Ausführungsbestimmungen über Inhalt und Umfang der Anzeigepflicht, nachdem sie oder er dem Präsidium und den Fraktionsvorsitzenden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.
(5) Die Anzeigepflicht umfasst nicht die Mitteilung von Tatsachen über Dritte, für die die oder der Abgeordnete gesetzliche Zeugnisverweigerungsrechte oder Verschwiegenheitspflichten geltend machen kann. Die Präsidentin oder der Präsident kann in diesen Fällen in den Ausführungsbestimmungen festlegen, dass die Anzeigepflicht so zu erfüllen ist, dass die in Satz 1 genannten Rechte nicht verletzt werden. Hierzu kann sie oder er insbesondere vorsehen, dass statt der Angaben zum Auftraggeber eine Branchenbezeichnung anzugeben ist.
(6) Anzeigen nach den Verhaltensregeln sind innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Erwerb der Mitgliedschaft im Landtag des Saarlandes sowie nach Eintritt von Änderungen oder Ergänzungen während der Wahlperiode der Präsidentin oder dem Präsidenten einzureichen.
§ 2
Rechtsanwälte
(1) Mitglieder des Landtages, die gegen Entgelt gerichtlich oder außergerichtlich für das Saarland auftreten, haben der Präsidentin oder dem Präsidenten die Übernahme der Vertretung anzuzeigen.
(2) Mitglieder des Landtages, die gegen Entgelt zur Besorgung fremder Angelegenheiten gerichtlich oder außergerichtlich gegen das Saarland auftreten, haben der Präsidentin oder dem Präsidenten die Übernahme der Vertretung anzuzeigen.
(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend bei gerichtlichem oder außergerichtlichem Auftreten, insbesondere für oder gegen landesunmittelbare Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts.
§ 3
Veröffentlichung
Die Angaben gemäß § 1 Absatz 1 bis 3 werden auf den Internetseiten des Landtages veröffentlicht. Regelmäßige monatliche beziehungsweise jährliche Einkünfte werden als solche gekennzeichnet. Werden innerhalb eines Kalenderjahres unregelmäßige Einkünfte zu einer Tätigkeit angezeigt, wird die Jahressumme gebildet und mit der Jahreszahl veröffentlicht.
§ 4
Spenden
(1) Ein Mitglied des Landtages hat über Geldspenden und geldwerte Zuwendungen aller Art (Spenden), die ihm für seine politische Tätigkeit zur Verfügung gestellt werden, gesondert Rechnung zu führen.
(2) Spenden sind unter Angabe des Namens und der Anschrift der Spenderin oder des Spenders sowie der jeweiligen Spendenhöhe der Präsidentin oder dem Präsidenten anzuzeigen.
(3) Spenden sind von der Präsidentin oder dem Präsidenten unter Angabe ihrer Höhe und Herkunft auf den Internetseiten des Landtages zu veröffentlichen.
(4) Für Spenden an ein Mitglied des Landtages findet § 25 Absatz 2 und 4 des Parteiengesetzes entsprechende Anwendung.
(5) Geldwerte Zuwendungen aus Anlass der Wahrnehmung interparlamentarischer oder internationaler Beziehungen gelten nicht als Spenden im Sinne dieser Vorschrift; sie sind jedoch entsprechend Absatz 2 anzuzeigen und nach Maßgabe von Absatz 3 zu veröffentlichen.
(6) Geldwerte Zuwendungen, die ein Mitglied des Landtages als Gastgeschenk in Bezug auf sein Mandat erhält, müssen der Präsidentin oder dem Präsidenten angezeigt und ausgehändigt werden; das Mitglied kann beantragen, das Gastgeschenk gegen Bezahlung des Gegenwertes an die Landeskasse zu behalten. Einer Anzeige bedarf es nicht, wenn der materielle Wert des Gastgeschenks einen Betrag nicht übersteigt, der in den Ausführungsbestimmungen der Präsidentin oder des Präsidenten festgelegt wird (§ 1 Absatz 4).
(7) Die Präsidentin oder der Präsident entscheidet im Benehmen mit dem Präsidium über die Verwendung angezeigter Gastgeschenke und rechtswidrig angenommener Spenden.
§ 5
Hinweise auf Mitgliedschaft
Hinweise auf die Mitgliedschaft im Landtag in beruflichen oder geschäftlichen Angelegenheiten sind unzulässig.
§ 6
Interessenverknüpfung im Ausschuss
Wirkt ein Mitglied des Landtages in einem Ausschuss an der Beratung oder Abstimmung über einen Gegenstand mit, an welchem es selbst oder ein anderer, für den es gegen Entgelt tätig ist, ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse hat, so hat es diese Interessenverknüpfung zuvor gemäß § 22 Absatz 3 des Abgeordnetengesetzes dem Ausschuss offenzulegen.
§ 7
Rückfrage
In Zweifelsfragen ist das Mitglied des Landtages verpflichtet, sich durch Rückfragen bei der Präsidentin oder beim Präsidenten über den Inhalt seiner Pflichten nach diesen Verhaltensregeln zu vergewissern.
§ 8
Verfahren
(1) Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass ein Mitglied des Landtages seine Pflichten nach den Verhaltensregeln verletzt hat, holt die Präsidentin oder der Präsident zunächst dessen Stellungnahme ein und leitet eine Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ein. Sie oder er kann von dem betroffenen Mitglied ergänzende Auskünfte zur Erläuterung und Aufklärung des Sachverhalts verlangen und die Vorsitzende oder den Vorsitzenden der Fraktion, der dieses Mitglied angehört, um Stellungnahme bitten.
(2) Ergibt sich nach der Überzeugung der Präsidentin oder des Präsidenten, dass ein minder schwerer Fall beziehungsweise leichte Fahrlässigkeit vorliegt (zum Beispiel Überschreitung von Anzeigefristen), wird das betreffende Mitglied ermahnt. Ansonsten teilt die Präsidentin oder der Präsident das Ergebnis der Überprüfung dem Präsidium und den Vorsitzenden der Fraktionen mit. Das Präsidium stellt nach Anhörung des betroffenen Mitglieds fest, ob ein Verstoß gegen die Verhaltensregeln vorliegt. Die Feststellung des Präsidiums, dass ein Mitglied des Landtages seine Pflichten nach den Verhaltensregeln verletzt hat, wird unbeschadet weiterer Sanktionen nach § 23 des Abgeordnetengesetzes als Drucksache veröffentlicht. Die Feststellung, dass eine Verletzung nicht vorliegt, wird auf Wunsch des Mitglieds des Landtages veröffentlicht.
(3) Bestehen Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung gegen ein Mitglied des Präsidiums oder gegen eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden einer Fraktion, nimmt das betroffene Mitglied des Landtages an Sitzungen im Rahmen dieses Verfahrens nicht teil. Anstelle einer oder eines betroffenen Fraktionsvorsitzenden wird die Stellvertreterin oder der Stellvertreter gemäß Absatz 1 angehört und gemäß Absatz 2 unterrichtet. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Präsidentin oder der Präsident ihre oder seine Pflichten nach den Verhaltensregeln verletzt hat, hat die Stellvertretung nach den Vorschriften der Absätze 1 und 2 zu verfahren.
(4) Das Präsidium kann gegen das Mitglied des Landtages, das seine Anzeigepflicht verletzt hat, nach erneuter Anhörung ein Ordnungsgeld nach § 23 Absatz 2 des Abgeordnetengesetzes festsetzen. Die Höhe des Ordnungsgeldes bemisst sich nach der Schwere des Einzelfalles und nach dem Grad des Verschuldens.
(5) In Fällen des § 22 Absatz 2 des Abgeordnetengesetzes leitet die Präsidentin oder der Präsident nach Anhörung des betroffenen Mitglieds eine Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ein. Dabei ist bei der Prüfung auf Vorliegen einer angemessenen Gegenleistung im Sinne des § 22 Absatz 1 des Abgeordnetengesetzes auf die Verkehrsüblichkeit abzustellen; hilfsweise ist entscheidend, ob Leistung und Gegenleistung offensichtlich außer Verhältnis stehen. Maßnahmen nach diesem Absatz setzen voraus, dass der Erhalt der Zuwendung oder des Vermögensvorteils nicht länger als drei Jahre zurückliegt. Die Präsidentin oder der Präsident kann von dem Mitglied ergänzende Auskünfte zur Erläuterung und Aufklärung des Sachverhalts verlangen und die Vorsitzende oder den Vorsitzenden der Fraktion, der dieses Mitglied angehört, um Stellungnahme bitten. Ergibt sich nach der Überzeugung der Präsidentin oder des Präsidenten, dass eine unzulässige Zuwendung nach § 22 Absatz 2 des Abgeordnetengesetzes vorliegt, teilt sie oder er das Ergebnis der Überprüfung dem Präsidium und den Vorsitzenden der Fraktionen mit. Das Präsidium stellt nach Anhörung des betroffenen Mitglieds fest, ob ein Verstoß gegen § 22 Absatz 1 des Abgeordnetengesetzes vorliegt. Die Präsidentin oder der Präsident macht den Anspruch gemäß § 22 Absatz 2 des Abgeordnetengesetzes im Wege eines Verwaltungsaktes geltend. Die Feststellung, dass ein Mitglied des Landtages seine Pflichten nach dem Abgeordnetengesetz verletzt hat, wird unbeschadet weiterer Sanktionen nach § 22 des Abgeordnetengesetzes als Drucksache veröffentlicht. Die Feststellung, dass eine Verletzung nicht vorliegt, wird auf Wunsch des Mitglieds des Landtages veröffentlicht. Absatz 3 gilt entsprechend.