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§ 35a Nds. SOG - Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in Wohnungen

Bibliographie

Titel
Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG)
Amtliche Abkürzung
Nds. SOG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21011100000000

(1) 1Technische Mittel im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 dürfen zur Aufklärung von Vorgängen in einer Wohnung nur eingesetzt werden

  1. 1.

    zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich diese Person oder die Person, von der die Gefahr ausgeht, in der Wohnung aufhält, oder

  2. 2.

    zur Abwehr der Gefahr, dass eine Person eine besonders schwerwiegende Straftat begehen wird,

wenn die Gefahr auf andere Weise nicht abgewendet werden kann. 2Zum Zweck nach Satz 1 Nr. 2 darf die Maßnahme nur durchgeführt werden

  1. 1.

    in der Wohnung der dort genannten Person oder

  2. 2.

    in der Wohnung einer anderen Person, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die in Satz 1 Nr. 2 genannte Person sich dort aufhält und der verdeckte Einsatz technischer Mittel in einer Wohnung dieser Person nicht möglich oder allein zur Abwehr der Gefahr nicht ausreichend ist.

3Eine nach Satz 2 Nr. 2 zulässige Maßnahme darf in einer Wohnung, die von einer nach § 53 oder 53a der Strafprozessordnung zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen zur Ausübung ihres Berufs genutzt wird, nicht durchgeführt werden.

(2) 1Die Maßnahme darf nur angeordnet werden, soweit aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte, insbesondere zu der Art der zu überwachenden Räumlichkeiten und zum Verhältnis der zu überwachenden Personen zueinander, anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Vorgänge, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht erfasst werden. 2Gespräche in Betriebs- oder Geschäftsräumen sind in der Regel nicht dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen.

(3) 1Die Maßnahme ist zu unterbrechen, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung von der Datenerhebung erfasst wird. 2Werden durch die Maßnahme Daten des Kernbereichs privater Lebensgestaltung erfasst, so dürfen diese nicht gespeichert, verändert oder genutzt werden; entsprechende Aufzeichnungen sind unverzüglich zu löschen. 3Die Tatsache, dass Daten des Kernbereichs privater Lebensgestaltung erhoben wurden, und die Löschung der Daten sind zu dokumentieren.

(4) 1Die Maßnahme bedarf der Anordnung durch das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle ihren Sitz hat. 2Die Anordnung bedarf der Schriftform; sie ist auf höchstens einen Monat zu befristen. 3Sie muss die Person, gegen die sich die Datenerhebung richtet, Art und Umfang der zu erhebenden Daten sowie die betroffenen Wohnungen bezeichnen und ist zu begründen. 4Für das gerichtliche Verfahren gelten § 19 Abs. 4 und § 34 Abs. 3 Sätze 5 bis 7 entsprechend. 5Die Anordnung kann jeweils um höchstens einen Monat verlängert werden. 6Ist die Dauer der Anordnung einer Maßnahme nach Absatz 2 auf insgesamt sechs Monate verlängert worden, so entscheidet über weitere Verlängerungen eine Zivilkammer des Landgerichts; über eine Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht.

(5) 1Bei Gefahr im Verzuge kann die Polizei die Maßnahme anordnen; Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend. 2Die Anordnung ist schriftlich zu begründen; die Begründung muss sich auch auf die Zulässigkeit der polizeilichen Anordnung beziehen. 3Die Entscheidung trifft die Behördenleitung. 4Diese kann ihre Anordnungsbefugnis auf Dienststellenleiterinnen und Dienststellenleiter sowie Bedienstete des höheren Dienstes übertragen. 5Die richterliche Bestätigung der Anordnung ist unverzüglich zu beantragen. 6Die Anordnung nach Satz 1 tritt spätestens mit Ablauf des dritten Tages nach ihrem Erlass außer Kraft, wenn sie bis dahin nicht richterlich bestätigt wird. 7Erfolgt bis dahin keine richterliche Bestätigung, so dürfen bereits erhobene Daten nicht verwendet werden; diese Daten sind unverzüglich zu löschen.

(6) 1Erfolgt die Maßnahme ausschließlich zum Schutz von Leib, Leben oder Freiheit einer bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Person, so genügt abweichend von Absatz 4 die Anordnung der Behördenleitung. 2Absatz 5 Sätze 2 und 4 gilt entsprechend.