Art. 13 BayRDG - Beauftragung mit Notfallrettung und Krankentransport (1)

Bibliographie

Titel
Bayerisches Rettungsdienstgesetz (BayRDG)
Amtliche Abkürzung
BayRDG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Bayern
Gliederungs-Nr.
215-5-1-I

(1) 1Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung beauftragt mit der bodengebundenen Durchführung von Notfallrettung, arztbegleitetem Patiententransport und Krankentransport nach Maßgabe der Abs. 2 bis 5 freiwillige Hilfsorganisationen oder private Unternehmen. 2Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung kann die bodengebundenen rettungsdienstlichen Leistungen ausnahmsweise selbst oder durch beauftragte Verbandsmitglieder durchführen, wenn sich im Rahmen des Auswahlverfahrens nach Abs. 2 und 3 kein geeigneter Durchführender bewirbt. 3Die Beauftragung mit der Durchführung der Notfallrettung berechtigt auch zur Durchführung von arztbegleitetem Patiententransport und Krankentransport nach Weisung der zuständigen Integrierten Leitstelle. 4Die Beauftragung mit der Durchführung des arztbegleiteten Patiententransports berechtigt auch zur Durchführung des Krankentransports nach Weisung der zuständigen Integrierten Leitstelle.

(2) 1Der ZRF entscheidet in einem Auswahlverfahren über den Gegenstand der Beauftragung und einen geeigneten Durchführenden nach pflichtgemäßem Ermessen. 2Als Durchführender kann nur beauftragt werden, wer fachkundig, zuverlässig und leistungsfähig ist. 3Der Durchführende muss insbesondere in der Lage sein, durch einen Aufwuchs des Leistungspotenzials auch Großschadenslagen zu bewältigen. 4Die nähere Bestimmung des hierdurch ausgelösten Sonderbedarfs ist Gegenstand der Leistungsbeschreibung im Rahmen des Auswahlverfahrens. 5Für den Aufwuchs des Leistungspotenzials im Rahmen des Sonderbedarfs ist dabei insbesondere zugrunde zu legen:

  1. 1.

    eine Gefährdungsanalyse wahrscheinlicher Szenarien für Großschadenslagen im Versorgungsbereich des auszuschreibenden Rettungsmittels, wobei mindestens von einem Massenanfall von Verletzten mit 26 bis 50 Notfallpatienten auszugehen ist,

  2. 2.

    eine Reaktionszeit vom Eingang der ersten Alarmierung bis zur Übernahme des Einsatzes durch die Einheiten des Sonderbedarfs von in der Regel 30 Minuten,

  3. 3.

    Anzahl und Art der erforderlichen zusätzlichen Einsatzfahrzeuge; Bewerber können diesbezüglich unter Vorlage entsprechender Nachweise auf von ihnen im Rettungsdienstbereich des auszuschreibenden Rettungsmittels vorgehaltene geeignete Fahrzeuge außerhalb der öffentlichen Rettungsmittelvorhaltung verweisen,

  4. 4.

    Anzahl und Qualifikation des zur Besetzung der Einsatzfahrzeuge nach Nr. 3 notwendigen Personals sowie Anforderungen an dessen Fortbildung,

  5. 5.

    die Forderung der Erbringung eines geeigneten Nachweises, aus dem sich die gesicherte Erfüllung der Anforderungen der Nrn. 3 und 4 mit Beginn der Laufzeit des Vertrages nach Abs. 5 ergibt.

(3) 1Das Auswahlverfahren ist transparent durchzuführen, insbesondere rechtzeitig in geeigneter Weise bekannt zu machen. 2Die Sozialversicherungsträger sind über die Durchführung des Auswahlverfahrens zu informieren. 3Die Auswahlentscheidung ist nach objektiven Kriterien unter Beachtung des Wettbewerbsprinzips und des Grundsatzes der Gleichbehandlung zu treffen. 4Maßgeblich ist eine wirtschaftliche und effektive Leistungserbringung.

(4) 1Eines Auswahlverfahrens im Sinn der Abs. 2 und 3 bedarf es nicht, wenn bestehende Einrichtungen des Rettungsdienstes unwesentlich geändert oder erweitert werden. 2Soweit die Entscheidung auch die Mitwirkung von Ärzten im Rettungsdienst berührt, soll die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns gehört werden.

(5) 1Das Rechtsverhältnis zwischen dem ZRF und den mit der Durchführung des Rettungsdienstes Beauftragten wird durch öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt. 2Sämtliche vom ZRF beauftragte Durchführende sind verpflichtet, sich bei der Erbringung rettungsdienstlicher Leistungen abzustimmen und zusammenzuarbeiten. 3Der öffentlich-rechtliche Vertrag ist zeitlich angemessen zu befristen und hat alle notwendigen Einzelheiten über den Auftrag und seine Durchführung zu enthalten, insbesondere sind bei Einsatzfahrzeugen die Art des Fahrzeugs, der Standort und, mit Ausnahme von Reservefahrzeugen, die Betriebszeiten konkret festzulegen. 4Die Betriebs- und Arbeitszeiten für den Krankentransport und eine zusätzliche Fahrerin oder einen Fahrer des Notarzt-Einsatzfahrzeugs können auch in Form von Zeiteinheiten geregelt werden. 5Zulässig ist die Vereinbarung, dass sich eine Hilfsorganisation zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung einer gemeinnützigen juristischen Person bedienen darf, sofern sämtliche Anteile an der juristischen Person von der Hilfsorganisation gehalten werden.

(6) 1Wenn von der Möglichkeit des Abs. 5 Satz 5 Gebrauch gemacht wird, ist auch die Tochtergesellschaft der freiwilligen Hilfsorganisation Unternehmer im Sinn dieses Gesetzes. 2Sie bedarf für ihre Tätigkeit der Genehmigung nach Art. 21 Abs. 1 und erhält die auf den öffentlichrechtlichen Vertrag mit der freiwilligen Hilfsorganisation gestützte Genehmigung anstelle der freiwilligen Hilfsorganisation. 3Die Katastrophenhilfspflicht der freiwilligen Hilfsorganisation nach Art. 7 Abs. 3 Nr. 5 des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes erstreckt sich ab dem Zeitpunkt, ab dem die Tochtergesellschaft die Erfüllung der gegenüber dem Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung bestehenden Verpflichtung der freiwilligen Hilfsorganisation übernimmt, auch auf die Tochtergesellschaft.

Bekanntmachung der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 24. Mai 2012, Vf. 1-VII-10

Vom 24. Mai 2012 (GVBl S. 249)

Gemäß Art. 25 Abs. 7 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (VfGHG) vom 10. Mai 1990 (GVBl S. 122, ber. S. 231, BayRS 1103-1-I), zuletzt geändert durch § 11 des Gesetzes vom 24. Dezember 2005 (GVBl S. 665), wird nachstehend die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 24. Mai 2012 bekannt gemacht.

Die Entscheidung betrifft die Frage, ob

Art. 13 Abs. 1, 2, 4 Satz 3 und Abs. 5 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG) vom 22. Juli 2008 (GVBl S. 429, BayRS 215-5-1-I)

gegen die Bayerische Verfassung verstoßen.

Entscheidungsformel:

  1. 1.

    Art. 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG) vom 22. Juli 2008 (GVBl S. 429, BayRS 215-5-1-I) verstößt gegen Art. 101 der Verfassung und ist nichtig, soweit Dritte nur dann mit der bodengebundenen Durchführung rettungsdienstlicher Leistungen beauftragt werden können, wenn die Hilfsorganisationen zur Übernahme des Auftrags nicht bereit oder in der Lage sind. Bis zu einer Neuregelung sind Dritte gleichrangig in das Auswahlverfahren nach Art. 13 Abs. 3 BayRDG einzubeziehen.

  2. 2.

    Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Leitsätze:

  1. 1.

    Art. 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BayRDG verstößt gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 101 der Verfassung) und ist nichtig, soweit Dritte nur dann mit der bodengebundenen Durchführung rettungsdienstlicher Leistungen beauftragt werden können, wenn die Hilfsorganisationen zur Übernahme des Auftrags nicht bereit oder in der Lage sind. Die sich hieraus ergebende Vorrangstellung der Hilfsorganisationen hat für Dritte die Wirkung einer objektiven Berufszugangsvoraussetzung. Sie ist zur Sicherstellung einer flächendeckenden, effektiven und wirtschaftlichen Versorgung mit rettungsdienstlichen Leistungen nicht erforderlich, da dieses Gesetzesziel auch erreicht werden kann, wenn Dritte gleichrangig in das Auswahlverfahren nach Art. 13 Abs. 3 BayRDG einbezogen werden.

  2. 2.

    Die in Art. 13 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 5 BayRDG vorgesehene Möglichkeit, dass Hilfsorganisationen ihre rettungsdienstlichen Verpflichtungen mithilfe von Tochtergesellschaften erfüllen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.