§ 17 SOG LSA - Datenerhebung durch Observation und Einsatz technischer Mittel
Bibliographie
- Titel
- Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA).
- Amtliche Abkürzung
- SOG LSA
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Sachsen-Anhalt
- Gliederungs-Nr.
- 205.2
(1) Im Sinne dieser Bestimmung ist
- 1.
Observation
die planmäßig angelegte Beobachtung, die innerhalb einer Woche länger als 24 Stunden oder über den Zeitraum einer Woche hinaus vorgesehen ist oder tatsächlich durchgeführt wird;
- 2.
Einsatz technischer Mittel
ihre für die betroffene Person nicht erkennbare Anwendung, insbesondere zur Anfertigung von Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen sowie zum Abhören oder Aufzeichnen des gesprochenen Wortes.
(2) Die Polizei kann durch Observation oder den Einsatz technischer Mittel personenbezogene Daten nur erheben, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen werden soll. Die Maßnahmen sind nur zulässig, wenn die Verhütung der Straftat oder eine dafür wesentliche Aufklärung auf andere Weise wesentlich erschwert oder entscheidend verzögert werden würde. Die Anordnung der Maßnahme erfolgt durch den Behördenleiter oder einen von ihm Beauftragten soweit nach Absatz 5 nicht eine Anordnung des Richters erforderlich ist. Für eine Observation über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten ist die Zustimmung des für öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständigen Ministeriums oder einer von ihm benannten Stelle erforderlich. § 15 Abs. 7 Satz 3 Halbsatz 2 gilt entsprechend.
(3) Personenbezogene Daten können durch Observation oder den Einsatz technischer Mittel erhoben werden über
- 1.
Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von ihnen Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen werden,
- 2.
andere Personen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass sie mit einer der in Nummer 1 genannten Personen in einer Weise in Verbindung stehen, die erwarten lässt, dass die Maßnahme zur Verhütung der Straftat beitragen wird, oder
- 3.
jede Person, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person unerlässlich ist und die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 vorliegen.
Die Erhebungen können auch durchgeführt werden, wenn dritte Personen unvermeidbar betroffen werden.
(4) In oder aus Wohn- und Nebenräumen sowie Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräumen kann die Polizei ohne Kenntnis der betroffenen Person Daten nur erheben, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person unerlässlich ist.
(4a) Die Datenerhebung durch Observation oder Einsatz technischer Mittel darf nur angeordnet werden, soweit aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht erfasst werden. Abzustellen ist dabei insbesondere auf die Art der Räumlichkeiten und Orte und das Verhältnis der dort anwesenden Personen zueinander.
(4b) Die Datenerhebung durch Observation oder Einsatz technischer Mittel sowie die Auswertung der erhobenen Daten durch die Polizei sind unverzüglich zu unterbrechen, sofern sich tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Satz 1 gilt nicht für die automatisierte Speicherung der Daten. Ist die Datenerhebung nach Satz 1 unterbrochen worden, so dürfen die Maßnahmen unter den in Absatz 4a Satz 1 genannten Voraussetzungen fortgeführt werden.
(4c) Die Datenerhebung durch Observation oder Einsatz technischer Mittel, die in den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung eingreift, ist unzulässig. Die erhobenen Daten sind unverzüglich zu löschen und Erkenntnisse über solche Daten dürfen nicht verwertet werden. Die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung sind zu dokumentieren.
(4d) Die Datenerhebung durch Observation oder Einsatz technischer Mittel in ein durch ein Amts- oder Berufsgeheimnis geschütztes Vertrauensverhältnis im Sinne der §§ 53 und 53a der Strafprozessordnung ist unzulässig. Absatz 4c Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(5) Maßnahmen nach Absatz 4 sowie das Abhören oder Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes dürfen außer bei Gefahr im Verzuge nur durch den Richter angeordnet werden. Für das Verfahren gilt § 44 Abs. 1 mit der Maßgabe, dass, soweit es sich nicht um Maßnahmen nach Absatz 4 handelt, das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die antragstellende Polizeidienststelle ihren Sitz hat. Die Anordnung ergeht schriftlich. Sie muss die Personen, gegen die sich die Maßnahmen richten sollen, so genau bezeichnen, wie dies nach den zur Zeit der Anordnung vorhandenen Erkenntnissen möglich ist. Art und Dauer der Maßnahmen sind festzulegen. Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen und, soweit möglich, räumlich zu begrenzen. Eine dreimalige Verlängerung um jeweils höchstens drei weitere Monate ist zulässig, soweit die Voraussetzungen fortbestehen. Hat die Polizei bei Gefahr im Verzuge die Anordnung getroffen, so beantragt sie unverzüglich die richterliche Bestätigung der Anordnung. Die Anordnung tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen von dem Richter bestätigt wird.
(5a) Der anordnende Richter ist fortlaufend über den Verlauf und die Ergebnisse der Datenerhebungen sowie über die darauf beruhenden Maßnahmen zu unterrichten.\ Sofern die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vorliegen, ist die Datenerhebung unverzüglich zu beenden; die Beendigung ist dem Richter unverzüglich mitzuteilen. Der Richter kann die Datenerhebung sowie die Auswertung der erhobenen Daten durch die Polizei jederzeit aufheben, ändern oder anordnen. Soweit ein Verwertungsverbot nach Absatz 4c Satz 1. in Betracht kommt, hat die Polizei unverzüglich eine Entscheidung des anordnenden Richters über die Verwertbarkeit der erlangten Erkenntnis herbeizuführen.
(6) Die Absätze 2, 3, 4, 5 und 5a gelten nicht für den Einsatz technischer Mittel, wenn dieser zur Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben einer bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Person erfolgt. Den Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen ordnet der Einsatzleiter an. Eine anderweitige Verwertung der auf Grund von Anordnungen nach Satz 2 erlangten Erkenntnisse ist nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt worden ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die antragstellende Polizeidienststelle ihren Sitz hat; für das Verfahren gilt § 44 Abs. 1 Satz 3.
(6a) Durch eine planmäßig angelegte Beobachtung einer Person, die sich nicht über den in Absatz 1 Nr. 1 genannten Zeitraum erstreckt, darf die Polizei personenbezogene Daten nur erheben, soweit dies zum Zwecke der Gefahrenabwehr erforderlich ist und ohne diese Maßnahme die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe gefährdet wird.
(7) Nach Abschluss der Maßnahmen ist diejenige Person, gegen die die Maßnahme angeordnet worden ist, zu benachrichtigen, soweit dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme geschehen kann. Eine Benachrichtigung unterbleibt, wenn
- 1.
sich an den auslösenden Sachverhalt ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die betroffene Person anschließt,
- 2.
die Daten allgemein zugänglichen Quellen entnommen worden sind,
- 3.
zur Durchführung der Benachrichtigung noch weitere personenbezogene Daten über die betroffene Person erhoben werden müssten
oder
- 4.
die Daten unverzüglich nach Beendigung der Maßnahme vernichtet werden.
(8) Sind Unterlagen, die durch Maßnahmen der im Absatz 5 Satz 1 genannten Art erlangt worden sind, für den der Anordnung zugrunde liegenden Zweck, zur Strafverfolgung oder zur Strafvollstreckung nicht mehr erforderlich, so sind sie zu vernichten. Sind die Unterlagen für Zwecke der Strafverfolgung oder der Strafvollstreckung verwendet worden, so ist vor ihrer Vernichtung die Zustimmung der Staatsanwaltschaft herbeizuführen. Über die Vernichtung ist eine Niederschrift anzufertigen. Eine Verwendung für andere gesetzlich nicht zugelassene Zwecke ist unzulässig.
(9) Die Befugnis der Sicherheitsbehörden und der Polizei, bestimmte Mittel zur Überwachung der Einhaltung der Straßenverkehrsvorschriften zu verwenden, bleibt unberührt.