§ 108 GO NRW - Unternehmen und Einrichtungen des privaten Rechts

Bibliographie

Titel
Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW)
Amtliche Abkürzung
GO NRW
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Nordrhein-Westfalen
Gliederungs-Nr.
2023

(1) Die Gemeinde darf Unternehmen und Einrichtungen in einer Rechtsform des privaten Rechts nur gründen oder sich daran beteiligen, wenn

  1. 1.

    bei Unternehmen (§ 107 Absatz 1) die Voraussetzungen des § 107 Absatz 1 Satz 1 gegeben sind und bei Unternehmen im Bereich der energiewirtschaftlichen Betätigung die Voraussetzung des § 107a Absatz 1 gegeben ist,

  2. 2.

    bei Einrichtungen (§ 107 Absatz 2) ein wichtiges Interesse der Gemeinde an der Gründung oder der Beteiligung vorliegt,

  3. 3.

    eine Rechtsform gewählt wird, welche die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt,

  4. 4.

    die Einzahlungsverpflichtung der Gemeinde in einem angemessenen Verhältnis zu ihrer Leistungsfähigkeit steht,

  5. 5.

    die Gemeinde sich nicht zur Übernahme von Verlusten in unbestimmter oder unangemessener Höhe verpflichtet,

  6. 6.

    die Gemeinde einen angemessenen Einfluss, insbesondere in einem Überwachungsorgan, erhält und dieser durch Gesellschaftsvertrag, Satzung oder in anderer Weise gesichert wird,

  7. 7.

    das Unternehmen oder die Einrichtung durch Gesellschaftsvertrag, Satzung oder sonstiges Organisationsstatut auf den öffentlichen Zweck ausgerichtet wird,

  8. 8.

    bei Unternehmen und Einrichtungen in Gesellschaftsform gewährleistet ist, dass der Jahresabschluss in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches für Kapitalgesellschaften aufgestellt und geprüft wird, soweit nicht weitergehende oder andere gesetzliche Vorschriften, der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung gelten; § 286 Absatz 4 des Handelsgesetzbuches ist nicht anzuwenden,

  9. 9.

    bei Unternehmen der Telekommunikation einschließlich von Telefondienstleistungen nach § 107 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 im Gesellschaftsvertrag die unmittelbare oder im Rahmen einer Schachtelbeteiligung die mittelbare Haftung der Gemeinde auf den Anteil der Gemeinde oder des kommunalen Unternehmens am Stammkapital beschränkt ist.

In Fällen des Satzes 1 Nummer 9 darf die Gemeinde für diese Unternehmen zur Wahrnehmung gleicher Wettbewerbschancen weder Kredite nach Maßgabe kommunalwirtschaftlicher Vorzugskonditionen in Anspruch nehmen noch Bürgschaften und Sicherheiten nach § 87 leisten. Die Aufsichtsbehörde kann von den Vorschriften der Nummern 3 und 5 in begründeten Fällen Ausnahmen zulassen.

(2) Gehören einer Gemeinde mehr als 50 vom Hundert der Anteile an einem Unternehmen oder einer Einrichtung in Gesellschaftsform, muss sie darauf hinwirken, dass

  1. 1.

    in sinngemäßer Anwendung der für die Eigenbetriebe geltenden Vorschriften

    1. a)

      für jedes Wirtschaftsjahr ein Wirtschaftsplan aufgestellt wird,

    2. b)

      der Wirtschaftsführung eine fünfjährige Finanzplanung zu Grunde gelegt und der Gemeinde zur Kenntnis gebracht wird,

    3. c)

      die Feststellung des Jahresabschlusses, die Verwendung des Ergebnisses sowie das Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses unbeschadet der bestehenden gesetzlichen Offenlegungspflichten öffentlich bekannt gemacht werden und der Jahresabschluss bis zur Feststellung des folgenden Jahresabschlusses zur Einsichtnahme verfügbar gehalten werden; sofern ein Lagebericht nach Nummer 2 zu erstellen ist, erstreckt sich dieses auch auf den Lagebericht,

  2. 2.

    in dem Lagebericht, sofern dieser in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches zu erstellen ist, oder in Zusammenhang damit zur Einhaltung der öffentlichen Zwecksetzung und zur Zweckerreichung Stellung genommen wird,

  3. 3.

    in dem Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes nach Nummer 2 darauf eingegangen wird, ob das von der Gemeinde zur Verfügung gestellte Eigenkapital angemessen verzinst wird, und

  4. 4.

    nach den Wirtschaftsgrundsätzen (§ 109) verfahren wird, wenn die Gesellschaft ein Unternehmen betreibt.

Gehört der Gemeinde zusammen mit anderen Gemeinden oder Gemeindeverbänden die Mehrheit der Anteile an einem Unternehmen oder an einer Einrichtung, soll sie auf eine Wirtschaftsführung nach Satz 1 hinwirken.

(3) Die Gemeinde darf unbeschadet des Absatzes 1 Unternehmen und Einrichtungen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft nur gründen, übernehmen, wesentlich erweitern oder sich daran beteiligen, wenn der öffentliche Zweck nicht ebenso gut in einer anderen Rechtsform erfüllt wird oder erfüllt werden kann.

(4) Die Gemeinde darf unbeschadet des Absatzes 1 Unternehmen und Einrichtungen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nur gründen oder sich daran beteiligen, wenn durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags sichergestellt ist, dass

  1. 1.

    die Gesellschafterversammlung auch beschließt über

    1. a)

      den Abschluss und die Änderungen von Unternehmensverträgen im Sinne der §§ 291 und 292 Abs. 1 des Aktiengesetzes,

    2. b)

      den Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen und Beteiligungen,

    3. c)

      den Wirtschaftsplan, die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses sowie

    4. d)

      die Bestellung und die Abberufung der Geschäftsführer, soweit dies nicht der Gemeinde vorbehalten ist, und

  2. 2.

    der Rat den von der Gemeinde bestellten oder auf Vorschlag der Gemeinde gewählten Mitgliedern des Aufsichtsrats Weisungen erteilen kann, soweit die Bestellung eines Aufsichtsrates gesetzlich nicht vorgeschrieben ist.

(5) Vertreter der Gemeinde in einer Gesellschaft, an der Gemeinden, Gemeindeverbände oder Zweckverbände unmittelbar oder mittelbar mit mehr als 25 vom Hundert beteiligt sind, dürfen

  1. a)

    der Gründung einer anderen Gesellschaft oder einer anderen Vereinigung in einer Rechtsform des privaten Rechts, einer Beteiligung sowie der Erhöhung einer Beteiligung der Gesellschaft an einer anderen Gesellschaft oder einer anderen Vereinigung in einer Rechtsform des privaten Rechts nur zustimmen, wenn

    • die vorherige Entscheidung des Rates vorliegt,

    • für die Gemeinde selbst die Gründungs- bzw. Beteiligungsvoraussetzungen vorliegen und

    • sowohl die Haftung der gründenden Gesellschaft als auch die Haftung der zu gründenden Gesellschaft oder Vereinigung durch ihre Rechtsform auf einen bestimmten Betrag begrenzt sind oder

    • sowohl die Haftung der sich beteiligenden Gesellschaft als auch die Haftung der Gesellschaft oder Vereinigung, an der eine Beteiligung erfolgt, durch ihre Rechtsform auf einen bestimmten Betrag begrenzt sind;

  2. b)

    einem Beschluss der Gesellschaft zu einer wesentlichen Änderung des Gesellschaftszwecks oder sonstiger wesentlicher Änderungen des Gesellschaftsvertrages nur nach vorheriger Entscheidung des Rates zustimmen.

In den Fällen von Satz 1 Buchstabe a) gilt Absatz 1 Satz 2 und 3 entsprechend. Als Vertreter der Gemeinde im Sinne von Satz 1 gelten auch Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder und Mitglieder von sonstigen Organen und ähnlichen Gremien der Gesellschaft, die von der Gemeinde oder auf ihre Veranlassung oder ihren Vorschlag in das Organ oder Gremium entsandt oder gewählt worden sind. Beruht die Entsendung oder Wahl auf der Veranlassung oder dem Vorschlag mehrerer Gemeinden, Gemeindeverbände oder Zweckverbände, so bedarf es der Entscheidung nur des Organs, auf das sich die beteiligten Gemeinden und Gemeindeverbände oder Zweckverbände geeinigt haben. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit ihnen zwingende Vorschriften des Gesellschaftsrechts entgegenstehen.

(6) Die Gemeinde kann einen einzelnen Geschäftsanteil an einer eingetragenen Kreditgenossenschaft erwerben, wenn eine Nachschusspflicht ausgeschlossen oder die Haftungssumme auf einen bestimmten Betrag beschränkt ist.