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§ 7 BremArchivG - Nutzung durch Dritte

Bibliographie

Titel
Gesetz über die Sicherung und Nutzung öffentlichen Archivguts im Lande Bremen (Bremisches Archivgesetz - BremArchivG -)
Amtliche Abkürzung
BremArchivG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Bremen
Gliederungs-Nr.
224-c-1

(1) Jeder, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, hat nach Maßgabe dieses Gesetzes das Recht, Archivgut, Reproduktionen und Findmittel auf Antrag zu nutzen, soweit aufgrund anderer Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist. Nutzungsrechte aufgrund anderer Rechtsvorschriften sowie besondere Vereinbarungen mit Eigentümern bei der Archivierung von Unterlagen natürlicher und juristischer Personen des Privatrechts bleiben unberührt.

(2) Die Nutzung ist einzuschränken oder zu versagen, wenn

  1. 1.

    Grund zu der Annahme besteht, dass dem Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder wesentliche Nachteile entstehen,

  2. 2.

    Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange betroffener Personen oder Dritter beeinträchtigt werden,

  3. 3.

    der Erhaltungszustand des Archivguts gefährdet erscheint,

  4. 4.

    ein nicht vertretbarer Verwaltungsaufwand zu erwarten ist oder

  5. 5.

    Rechtsvorschriften, insbesondere über Geheimhaltung, verletzt würden.

Die Nutzung kann aus anderen wichtigen Gründen eingeschränkt oder versagt werden.

(3) Archivgut darf regelmäßig nach Ablauf von 30 Jahren seit Entstehung der Unterlagen genutzt werden. Die Schutzfrist beträgt 60 Jahre seit Entstehung der Unterlagen für Archivgut, das besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegt. Bezieht das Archivgut sich nach seiner Zweckbestimmung oder nach seinem wesentlichen Inhalt auf eine oder mehrere natürliche Personen (personenbezogenes Archivgut), so darf es unbeschadet der Sätze 1 und 2 frühestens 10 Jahre nach dem Tod der betroffenen Person oder der letztverstorbenen von mehreren betroffenen Personen genutzt werden; ist das Todesjahr dem Archiv nicht bekannt, endet die Schutzfrist 100 Jahre nach der Geburt der betroffenen Person oder der letztgeborenen von mehreren Personen. Ist dem Archiv auch das Geburtsjahr nicht bekannt, gilt eine Schutzfrist von 60 Jahren seit Entstehung der Unterlagen. Die festgelegten Schutzfristen können um höchstens 20 Jahre verlängert werden, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten ist oder wenn schutzwürdige Belange des Betroffenen dies erfordern.

(4) Die Schutzfristen nach Absatz 3 gelten nicht für solches Archivgut, das bereits bei der Entstehung der Unterlagen zur Veröffentlichung bestimmt oder das bereits vor der Übergabe an das Staatsarchiv der Öffentlichkeit rechtmäßigerweise tatsächlich zugänglich gemacht worden ist. Die Schutzfristen für personenbezogenes Archivgut gelten nicht für Amtsträger in Ausübung ihrer Ämter und Personen der Zeitgeschichte, es sei denn, ihr schutzwürdiger Lebensbereich ist betroffen.

(5) Die Schutzfristen können im Einzelfall auf sachlich begründeten Antrag verkürzt werden, wenn dies im öffentlichen oder in einem schwer wiegenden privaten Interesse liegt. Ist personenbezogenes Archivgut vor Ablauf der Schutzfristen betroffen, ist darüber hinaus erforderlich, dass

  1. 1.

    die betroffenen Personen oder nach deren Tod ihre Angehörigen eingewilligt haben, es sei denn eine betroffene Person hat zu Lebzeiten der Nutzung nachweislich widersprochen. Die Einwilligung ist von dem überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner, nach dessen Tod von seinen volljährigen Kindern, oder, wenn weder ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner noch volljährige Kinder vorhanden sind, von den Eltern der betroffenen Person einzuholen,

  2. 2.

    die Nutzung zur Behebung einer bestehenden Beweisnot oder aus sonstigen im rechtlichen Interesse eines Dritten liegenden Gründen unerlässlich ist oder

  3. 3.

    die Nutzung für die Durchführung eines bestimmten Forschungsvorhabens erforderlich ist und sichergestellt ist, dass die schutzwürdigen Belange betroffener Personen nicht beeinträchtigt werden, oder das öffentliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens die schutzwürdigen Belange der betroffenen Personen erheblich überwiegt. Soweit der Zweck und die Methode des Forschungsvorhabens dies zulassen, sind die Forschungsergebnisse ohne personenbezogene Angaben aus dem Archivgut zu veröffentlichen.

(6) Nach § 203 Absatz 1 und 3 des Strafgesetzbuchs geschützte Unterlagen aus einer Beratungstätigkeit, die als Archivgut übernommen worden sind, dürfen vor Ablauf der Schutzfristen für personenbezogenes Archivgut nach Absatz 3 Satz 3 und 4 nur in anonymisierter Form genutzt werden.

(7) Um die Rechte betroffener Personen, Dritter oder öffentliche Belange zu schützen, und in anderen geeigneten Fällen kann die Nutzung von Archivgut an Bedingungen und Auflagen gebunden werden, insbesondere an eine Verpflichtung zur anonymisierten Verwertung. Personenbezogenes Archivgut, das besondere Kategorien personenbezogener Daten nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 enthält, kann durch Dritte in der Regel vor Ablauf der Schutzfristen nur genutzt werden, wenn die Verpflichtung der anonymisierten Verwertung vorgesehen ist.

(8) Die Verknüpfung personenbezogener Daten durch das Archiv ist innerhalb der Schutzfristen nur zulässig, wenn schutzwürdige Belange betroffener Personen Betroffener angemessen berücksichtigt werden.