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Anlage 1 LWaldG - Definition der Biotopschutzwaldarten

Bibliographie

Titel
Waldgesetz für Baden-Württemberg (Landeswaldgesetz - LWaldG)
Amtliche Abkürzung
LWaldG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Baden-Württemberg
Gliederungs-Nr.
790

Anlage
zu § 30a Abs. 2

Inhaltsübersicht
Vorbemerkung
Regional seltene, naturnahe Waldgesellschaften1
Naturnahe Buchenwälder1.1
Naturnahe Eichenwälder1.2
Naturnahe Fichtenwälder1.3
Naturnahe Tannenwälder1.4
Tobel und Klingen im Wald mit naturnaher Begleitvegetation2.1
Kare und Toteislöcher im Waldmit naturnaher Begleitvegetation2.2
Wälder als Reste historischer Bewirtschaftungsformen3.1
Strukturreiche Waldränder3.2

Die nach § 24a Abs. 1 Naturschutzgesetz geschützten Biotope im Wald sind in der Anlage zu § 24a Abs. 1 Naturschutzgesetz definiert.

Vorbemerkung:

  1. 1.
    Der Biotopschutzwald nach § 30a wird anhand der Standortverhältnisse, der Vegetation und sonstiger Eigenschaften definiert.
  2. 2.
    Als naturnahe Wälder werden Wälder bezeichnet, deren Baumschicht weitgehend aus standortheimischen Baumarten besteht und die eine weit gehende Übereinstimmung von Standort, Waldbestand und Bodenvegetation aufweisen.
  3. 3.
    Als regional selten werden naturnahe Waldgesellschaften bezeichnet, die von Natur aus selten oder ursprünglich regionaltypisch weit verbreitet waren, infolge menschlicher Tätigkeit jedoch selten geworden sind. Die regionale Seltenheit ergibt sich aus der vorhandenen Waldzusammensetzung auf der Grundlage der standortkundlichen regionalen Gliederung Baden-Württembergs.
  4. 4.
    Wälder als Reste historischer Bewirtschaftungsformen und strukturreiche Waldränder sind Biotope, die in ihrer Struktur eine hohe Vielfalt und eine für den Standort typische Pflanzen- oder Tierartenzusammensetzung aufweisen. Sie sind anthropogen oder durch Sukzession entstanden und bedürfen in der Regel einer intensiven Pflege.

1
Regional seltene, naturnahe Waldgesellschaften

1.1
Naturnahe Buchenwälder

Regional seltene, naturnahe Buchenwälder sind naturnahe Wälder auf mäßig trockenen bis frischen Standorten unterschiedlicher Nährstoffausstattung. Zu den regional seltenen, naturnahen Buchenwälder gehören regional seltene und selten gewordene Platterbsen-Kalkbuchenwälder, Waldmeister-Buchenwälder, Hainsimsen-Buchenwälder, Heidelbeer-Buchenwälder und hochstaudenreiche Ahorn-Buchenwälder.

Besonders typische Arten der regional seltenen, naturnahe Buchenwälder sind:

Buche (Fagus sylvatica), Esche (Fraxinus excelsior), Bergahorn (Acer pseudoplatanus), Traubeneiche (Quercus petraea), Weißtanne (Abies alba), Stechpalme (llex aquifolium), Heckenkirsche (Lonicera spec.), Waldbingelkraut (Mercurialis perennis), Grauer Alpendost (Adenostyles alliariae), Hasenlattich (Prenanthes purpurea), Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana), Drahtschmiele (Deschampsia flexuosa), Hainsimsen (Luzula spec.), Buschwindröschen (Anemone nemorosa), Waldmeister (Galium odoratum), Perlgras (Melica spec.), Waldgerste (Hordelymus europaeus).

1.2
Naturnahe Eichenwälder

Regional seltene, naturnahe Eichenwälder sind naturnahe Wälder auf mäßig nährstoffreichen bis nährstoffarmen Standorten der planaren bis submontanen Höhenstufe. Im Gegensatz zu den Feuchtwäldern und den Wäldern trockenwarmer Standorte prägt der mäßig frische bis wechselfeuchte oder mäßig frische bis mäßig trockene Wasserhaushalt die regional seltenen, naturnahen Eichenwälder. Zu den regional seltenen, naturnahen Eichenwäldern gehören seltene und selten gewordene Hainbuchen-Stieleichenwälder, Hainbuchen-Traubeneichenwälder, Traubeneichen-Buchenwälder, Birken-Stieleichenwälder, Hainsimsen-Traubeneichenwälder.

Besonders typische Arten der regional seltenen, naturnahen Eichenwälder sind:

Stieleiche (Quercus robur), Traubeneiche (Quercus petraea), Buche (Fagus sylvatica), Hainbuche (Carpinus betulus), Winterlinde (Tilia cordata), Weißdorn (Crataegus spec.), Rote Heckenkirsche (Lonicera xylosteum), Sternmiere (Stellaria holostea), Labkraut (Galium sylvaticum), Waldziest (Stachys sylvatica), Flatterhirse (Milium effusum), Weiße Hainsimse (Luzula luzuloides), Wiesen-Wachtelweizen (Melampyrum pratense), Pfeifengras (Molinia caerulea agg.), Drahtschmiele (Deschampsia flexuosa), Salbei-Gamander (Teucrium scorodinia).

1.3
Naturnahe Fichtenwälder

Regional seltene, naturnahe Fichtenwälder sind naturnahe Wälder kalter, niederschlagsreicher und luftfeuchter Standorte auf sauren Substraten der montanen und hochmontanen Höhenstufe. Zu den regional seltenen, naturnahen Fichtenwäldern gehört der Peitschenmoos-Fichtenwald.

Besonders typische Arten des regional seltenen, naturnahen Peitschenmoos-Fichtenwaldes sind:

Fichte (Picea abies), Tanne (Abies alba), Birke (Betula spec.), Eberesche (Sorbus aucuparia), Peitschenmoos (Bazzania trilobata), Beersträucher (Vaccinium spec.), Sprossender Bärlapp (Lycopodium annotinum), spezifische Moose und Farne.

1.4
Naturnahe Tannenwälder

Regional seltene, naturnahe Tannenwälder sind naturnahe Mischwälder auf mäßig nährstoffreichen bis nährstoffarmen Standorten der submontanen und montanen Höhenstufe. Zu den regional seltenen, naturnahen Tannenwäldern gehören regional selten gewordene Hainsimsen-Fichten-Tannenwälder, Labkraut-Tannenwälder, Beerstrauch-Tannenwälder mit Eiche oder Kiefer und der artenreiche Tannen-Mischwald.

Besonders typische Arten der regional seltenen, naturnahen Tannenwälder sind:

Weißtanne (abies alba), Fichte (Picea abies), Buche (Fagus sylvatica), Stieleiche (Quercus robur), Waldkiefer (Pinus sylvestris), Schwarze Heckenkirsche (Lonicera nigra), Roter Holunder (Sambucus racemosa), Beersträucher (Vaccinium spec.), Rundblättriges Labkraut (Galium rotundifolium), Wald-Wachtelweizen (Melampyrum sylvaticum), Flatterhirse (Milium effusum).

2.1
Tobel und Klingen im Wald mit naturnaher Begleitvegetation

Tobel und Klingen sind durch Wassererosion entstandene Geländeeinschnitte mit Steilböschungen ohne ausgeprägte Talbodenentwicklung.

Erfasst sind Tobel und Klingen mit naturnaher Begleitvegetation einschließlich ihrer oft starken Verzweigungen im Gelände. Nicht erfasst sind Tobel und Klingen mit naturferner Baumartenzusammensetzung.

2.2
Kare und Toteislöcher im Wald mit naturnaher Begleitvegetation

Kare sind durch eiszeitliche Erosion entstandene Hohlformen in Gebirgshängen. Sie bestehen aus steilen Rück- und Seitenwänden, einem flachen Karboden sowie den seitlich und talseits begrenzenden Karwällen.

Toteislöcher sind kleine, meist kreisrunde Bodensenken, die teilweise mit Wasser gefüllt sind und durch Rückzug der eiszeitlichen Gletscher im Bereich der Grund- und Endmoräne entstanden sind. Nicht erfasst sind Toteislöcher mit naturferner Baumartenzusammensetzung.

3.1
Wälder als Reste historischer Bewirtschaftungsformen

Wälder als Reste historischer Bewirtschaftungsformen sind historisch bedingte Sondernutzungsformen. Dazu gehören ehemalige Nieder- und Mittelwälder, Eichenschälwälder, Harznutzungswälder, Streunutzungsflächen und Hutewälder.

Erfasst sind solche Wälder mit historischen Bewirtschaftungsformen, die noch entsprechend bewirtschaftet werden oder die für die Bewirtschaftung typische Struktur aufweisen.

Besonders typische Arten der Wälder als Reste historischer Bewirtschaftungsformen sind:

Stieleiche (Quercus robur), Traubeneiche (Quercus petraea), Rotbuche (Fagus sylvatica), Hainbuche (Carpinus betulus), Edelkastanie (Castanea sativa), Waldkiefer (Pinus sylvestris), Weißdorn (Crataegus spec.), Hasel (Corylus avellana), Rote Heckenkirsche (Lonicera xylosteum), Flattergras (Milium effusum), Hainrispengras (Poa nemoralis), Waldsegge (Carex sylvatica).

3.2
Strukturreiche Waldränder

Waldränder sind überwiegend natürliche oder naturnahe Übergangsbereiche zwischen Wald und offener Landschaft. Als strukturreiche Waldränder werden diese Übergangsbereiche erfasst, wenn sie ineinander übergehende, stufig aufgebaute Zonen aus Waldsaum, Waldmantel und Waldbestand aufweisen und überwiegend mit standortheimischen Bäumen und Sträuchern bestockt sind. Dazu gehören auch Waldinnenränder.

Besonders typische Arten der strukturreichen Waldränder sind:

Stieleiche (Quercus robur), Traubeneiche (Quercus petraea), Rotbuche (Fagus sylvatica), Hainbuche (Carpinus betulus), Süßkirsche (Prunus avium), Feldahorn (Acer campestre), Feldulme (Ulmus campestre), Schlehe (Prunus spinosa), Weißdorn (Crataegus spec.), Hasel (Corylus avellana), Rote Heckenkirsche (Lonicera xylosteum), Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus), Rosen-Arten (Rosa spec.), Echter Kreuzdorn (Rhamnus catharticus), Liguster (Ligustrum vulgare), Holunder (Sambucus spec.).