§ 102 PatAnwO - Verhältnis des ehrengerichtlichen Verfahrens zum Straf- oder Bußgeldverfahren

Bibliographie

Titel
Patentanwaltsordnung
Redaktionelle Abkürzung
PatAnwO
Normtyp
Rechtsverordnung
Normgeber
Bund
Gliederungs-Nr.
424-5-1

(1) Ist gegen einen Patentanwalt, der einer Verletzung seiner Pflichten beschuldigt wird, wegen desselben Verhaltens die öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben, so kann gegen ihn ein ehrengerichtliches Verfahren zwar eingeleitet, es muß aber bis zur Beendigung des strafgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt werden. Ebenso muß ein bereits eingeleitetes ehrengerichtliches Verfahren ausgesetzt werden, wenn während seines Laufes die öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben wird. Das ehrengerichtliche Verfahren ist fortzusetzen, wenn die Sachaufklärung so gesichert erscheint, daß sich widersprechende Entscheidungen nicht zu erwarten sind, oder wenn im strafgerichtlichen Verfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person des Patentanwalts liegen.

(2) Wird der Patentanwalt im gerichtlichen Verfahren wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen, so kann wegen der Tatsachen, die Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung waren, ein ehrengerichtliches Verfahren nur dann eingeleitet oder fortgesetzt werden, wenn diese Tatsachen, ohne den Tatbestand einer Strafvorschrift oder einer Bußgeldvorschrift zu erfüllen, einer Verletzung der Pflichten des Patentanwalts enthalten.

(3) Für die Entscheidung im ehrengerichtlichen Verfahren sind die tatsächlichen Feststellungen des Urteils im Strafverfahren oder Bußgeldverfahren bindend, auf denen die Entscheidung des Gerichts beruht. In dem ehrengerichtlichen Verfahren kann ein Gericht jedoch die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit bezweifeln; dies ist in den Gründen der ehrengerichtlichen Entscheidung zum Ausdruck zu bringen.

(4) Wird ein ehrengerichtliches Verfahren nach Absatz 1 Satz 3 fortgesetzt, ist die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen ehrengerichtlichen Verfahrens auch zulässig, wenn die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Verurteilung oder der Freispruch im ehrengerichtlichen Verfahren beruht, den Feststellungen im strafgerichtlichen Verfahren widersprechen. Den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens kann die Staatsanwaltschaft oder der Patentanwalt binnen eines Monats nach Rechtskraft des Urteils im strafgerichtlichen Verfahren stellen.