§ 9 BVO - Beihilfe bei Pflegebedürftigkeit

Bibliographie

Titel
Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung - BVO)
Amtliche Abkürzung
BVO
Normtyp
Rechtsverordnung
Normgeber
Baden-Württemberg
Gliederungs-Nr.
2032-14

(1) Bei Pflegebedürftigkeit sind die Aufwendungen für die von Ärzten begründet als notwendig bescheinigte Behandlungspflege beihilfefähig; § 6 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 ist anzuwenden. Die Aufwendungen für die nach Absatz 8 als notwendig festgestellte häusliche Pflege (Grundpflege und zusätzlich hauswirtschaftliche Versorgung), für teilstationäre oder stationäre Pflege sind nach den folgenden Absätzen beihilfefähig, soweit nicht nach Absatz 4 eine pauschale Beihilfe zusteht.

(2) Pflegebedürftig sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Erforderlich ist mindestens, dass die pflegebedürftige Person bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Die Pflegebedürftigen sind einer der Stufen nach § 15 SGB XI zuzuordnen.

(3) Die Aufwendungen für häusliche Pflege durch geeignete Pflegekräfte in dem als notwendig festgestellten Umfang der Pflege sowie für teilstationäre Pflege einschließlich der Fahrkosten sind entsprechend den Pflegestufen des § 15 SGB XI beihilfefähig für Pflegebedürftige

  1. 1.

    in Pflegestufe 1 bis zu 420 Euro, ab 1. Januar 2010 bis zu 440 Euro, ab 1. Januar 2012 bis zu 450 Euro je Kalendermonat,

  2. 2.

    in Pflegestufe 2 bis zu 980 Euro, ab 1. Januar 2010 bis zu 1.040 Euro, ab 1. Januar 2012 bis zu 1.100 Euro je Kalendermonat,

  3. 3.

    in Pflegestufe 3 bis zu 1.470 Euro, ab 1. Januar 2010 bis zu 1.510 Euro, ab 1. Januar 2012 bis zu 1.550 Euro je Kalendermonat.

Ist in besonders gelagerten Einzelfällen ein außergewöhnlich hoher Pflegebedarf festgestellt, der das in Pflegestufe 3 übliche Maß weit übersteigt, so sind Aufwendungen entsprechend § 36 Abs. 4 Satz 1 SGB XI bis zu 1.918 Euro monatlich beihilfefähig. Im Übrigen ist § 5 Abs. 6 mit Ausnahme von dessen Satz 3 anzuwenden. Werden nicht mindestens die Voraussetzungen der Pflegestufe 2 erfüllt, so sind Aufwendungen nach Satz 3 höchstens bis zum doppelten Betrag der Pflegestufe 1 beihilfefähig. Bei einer Pflege durch nahe Angehörige sind die Aufwendungen im Rahmen der Sätze 1 bis 4 nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 beihilfefähig; besteht danach kein Beihilfeanspruch, findet Absatz 4 Anwendung.

(4) Bei einer häuslichen Pflege durch geeignete Pflegepersonen (§ 19 SGB XI) wird eine Pauschalbeihilfe ohne Nachweis von Aufwendungen gewährt. Als beihilfefähige Aufwendungen gelten in den Pflegestufen des § 15 SGB XI entsprechend § 37 Abs. 1 SGB XI monatlich

  1. 1.

    in Pflegestufe 1 215 Euro, ab 1. Januar 2010 225 Euro, ab 1. Januar 2012 235 Euro je Kalendermonat,

  2. 2.

    in Pflegestufe 2 420 Euro, ab 1. Januar 2010 430 Euro, ab 1. Januar 2012 440 Euro je Kalendermonat,

  3. 3.

    in Pflegestufe 3 675 Euro, ab 1. Januar 2010 685 Euro, ab 1. Januar 2012 700 Euro je Kalendermonat.

Die Beiträge in Satz 2 vermindern sich entsprechend § 4 Abs. 3 des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg anteilig nur um Tage einer vollstationären Unterbringung nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 und § 7, soweit diese über vier Wochen hinausgeht, sowie um Tage, für die Beihilfe nach Absatz 5 Satz 2 oder Absatz 7 zusteht. Dabei gelten die Tage der An- und Abreise jeweils auch als volle Tage der häuslichen Pflege. Pauschalbeihilfe wird bis zum Ende des Kalendermonats gewährt, in dem der Pflegebedürftige verstorben ist; § 118 Abs. 3 und 4 SGB VI gilt entsprechend.

(5) Wird die häusliche Pflege teilstationär in Einrichtungen der Behindertenhilfe (§§ 43a, 71 Abs. 4 SGB XI) erbracht, so sind die Aufwendungen für die Pflege in der Einrichtung, neben Aufwendungen nach Absatz 4, bis zur Höhe der Hälfte der in Satz 2 genannten Beträge beihilfefähig. Wird die Pflege vollstationär in Einrichtungen der Behindertenhilfe erbracht, so gelten als beihilfefähige Aufwendungen für die Pflege in der Einrichtung

  1. 1.

    in Pflegestufe 1 monatlich 245 Euro, ab 1. Januar 2010 monatlich 256 Euro,

  2. 2.

    in Pflegestufe 2 monatlich 393 Euro, ab 1. Januar 2010 monatlich 400 Euro,

  3. 3.

    in Pflegestufe 3 monatlich 638 Euro, ab 1. Januar 2010 monatlich 650 Euro.

Im Monat des Beginns und der Beendigung der Pflege werden die Beträge nach Satz 1 und Satz 2 halbiert; im Übrigen sind Unterbrechungszeiten bereits bei der Bemessung der Beträge berücksichtigt.

(6) Treffen Aufwendungen für verschiedene Pflegeleistungen zusammen, so gilt Folgendes:

  1. 1.

    Wird die Pflege im Kalendermonat zeitweise sowohl durch Pflegekräfte (Absatz 3) als auch durch Pflegepersonen (Absatz 4) erbracht, so darf die Summe der nach den Absätzen 3 und 4 beihilfefähigen Beträge den nach der Pflegestufe zutreffenden Höchstbetrag in Absatz 3 im Kalendermonat nicht übersteigen (kombinierte Pflege).

    Wird teilstationäre Pflege im Kalendermonat zeitweise sowohl in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege (Absatz 3) oder in Einrichtungen der Behindertenhilfe (Absatz 5 Satz 1) als auch durch

    1. a)

      Pflege durch Pflegekräfte (Absatz 3), oder

    2. b)

      Pflege durch Pflegepersonen (Absatz 4), oder

    3. c)

      kombinierte Pflege (Satz 1)

    erbracht, so gilt für jede Pflegeform der einschlägige Höchstbetrag, insgesamt aber im Kalendermonat begrenzt auf 150 Prozent des nach der Pflegestufe zutreffenden Höchstbetrags in Absatz 3.

  2. 2.

    Ist eine Pflegeperson nach Absatz 4 wegen Urlaub, Krankheit oder aus anderen Gründen an der häuslichen Pflege gehindert, so sind Aufwendungen für die Pflege entsprechend § 39 Satz 3 SGB XI bis zu weiteren 1.470 Euro, ab 1. Januar 2010 bis zu 1.510 Euro und ab 1. Januar 2012 bis zu 1.550 Euro jährlich beihilfefähig (Verhinderungspflege). Absatz 3 letzter Satz gilt sinngemäß.

  3. 3.

    Neben einer Beihilfe nach Absatz 4 sind Aufwendungen für Beratungen nach § 7a Abs. 1 und § 37 Abs. 3 SGB XI ohne Anrechnung auf die vorstehenden Höchstbeträge beihilfefähig.

  4. 4.

    Bei einem erheblichen Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung sind Aufwendungen für Leistungen nach Maßgabe der §§ 45a und 45b SGB XI beihilfefähig.

(7) Kann die häusliche Pflege (Absätze 3 bis 5 Satz 1) zeitweise nicht, noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden, so sind Aufwendungen für vollstationäre Pflege entsprechend § 42 Abs. 2 SGB XI bis zu 1.470 Euro, ab 1. Januar 2010 bis zu 1.510 Euro und ab 1. Januar 2012 bis zu 1.550 Euro im Kalenderjahr beihilfefähig (Kurzzeitpflege). Ist häusliche Pflege längerfristig nicht ausreichend möglich, so sind Aufwendungen für die vollstationäre Pflege nur in einer dafür zugelassenen Pflegeeinrichtung (§ 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) beihilfefähig. Erfolgt die Unterbringung vollstationär, liegen aber die Voraussetzungen des Satzes 1 oder 2 und des Absatzes 5 nicht vor, so sind die auf die Pflege entfallenden Kosten im Rahmen der Höchstbeträge des Absatzes 3 beihilfefähig.

(8) Die Beihilfestelle entscheidet über die Pflegebedürftigkeit und die Beihilfe. Erforderlich ist eine Erhebung der Merkmale der Pflegebedürftigkeit durch ein medizinisches Gutachten, das zu dem Vorliegen der Pflegebedürftigkeit sowie zu Art und notwendigem Umfang der Pflege Stellung nimmt. Bei Versicherten der privaten oder sozialen Pflegeversicherung ist die von der Versicherung festgestellte Pflegestufe auch für die Beihilfe bindend, im Übrigen ist auf Grund des für die Versicherung erstellten Gutachtens zu entscheiden; Kostenanteile für die Erstellung dieses Gutachtens werden nicht erstattet. Die Beihilfe wird ab Beginn des Monats der erstmaligen Antragstellung oder des Antrags auf Feststellung einer höheren Pflegestufe bei der Beihilfestelle oder Pflegeversicherung gewährt, frühestens jedoch ab dem Zeitpunkt, von dem an die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.

(9) Aus Anlass einer nach Absatz 7 Satz 1 oder 2 beihilfefähigen vollstationären Pflege sind Aufwendungen für Unterkunft (einschließlich Investitionskosten und Verpflegung) insoweit beihilfefähig, als sie einen Eigenanteil übersteigen.

  1. 1.

    Der Eigenanteil beträgt bei Beihilfeberechtigten mit einem Angehörigen 250 Euro, mit zwei Angehörigen 220 Euro, mit drei Angehörigen 190 Euro, mit mehr als drei Angehörigen 160 Euro pro Kalendermonat; die Beträge gelten für jede Person, wenn mehr als eine Person vollstationär pflegebedürftig ist.

  2. 2.

    Bei Beihilfeberechtigten ohne Angehörige oder bei gleichzeitiger vollstationärer Pflege des Beihilfeberechtigten und aller Angehörigen beträgt der Eigenanteil 70 vom Hundert der in § 2 Abs. 2 genannten Bruttobezüge sowie der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen und aus zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgungseinrichtungen.

Angehörige im Sinne der Nummern 1 und 2 sind Personen, die nach § 3 Abs. 1 berücksichtigungsfähig sind. Die in Nummern 1 und 2 bezeichneten monatlichen Eigenanteile werden entsprechend § 4 Abs. 3 des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg nicht für Kalendertage abgesetzt, für die keine Aufwendungen für Unterkunft in Rechnung gestellt sind.

(10) Aufwendungen für Hilfsmittel zur Linderung von Beschwerden, zur Erleichterung der Pflege oder der selbstständigen Lebensführung des Pflegebedürftigen sind nach Maßgabe der Anlage beihilfefähig. Bei stationärer Pflege gilt Satz 1 nur für Gegenstände, die zum Verbrauch bestimmt sind, die individuell angepasst sind oder die überwiegend nur dem Pflegebedürftigen allein überlassen sind, sofern sie nicht üblicherweise von der Einrichtung vorzuhalten sind.

(11) Aufwendungen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen können als beihilfefähig anerkannt werden, wenn und soweit die Maßnahme von der Pflegeversicherung anteilig bezuschusst wird.