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§ 78 ThürHG - Berufung von Professoren

Bibliographie

Titel
Thüringer Hochschulgesetz (ThürHG)
Amtliche Abkürzung
ThürHG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Thüringen
Gliederungs-Nr.
221-1

(1) Ist oder wird die Stelle eines Professors frei, prüft die Hochschule, ob die Stelle besetzt werden kann und welcher Fachrichtung sie dienen soll. Auf der Grundlage dieser Überprüfung wird die Stelle öffentlich und im Regelfall international ausgeschrieben. Die Ausschreibung muss das Fachgebiet sowie Art und Umfang der zu erfüllenden Aufgaben beschreiben. Von einer Ausschreibung kann abgesehen werden, wenn

  1. 1.

    ein Juniorprofessor der eigenen Hochschule auf eine Professur in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis berufen werden soll,

  2. 2.

    ein Professor oder Juniorprofessor ein Rufangebot auf eine höherwertige Professur an einer anderen Hochschule erhalten hat und durch Berufung auf eine höherwertige Professur an der Hochschule gehalten werden soll,

  3. 3.

    im Einzelfall für die Besetzung der Professur eine in besonderer Weise qualifizierte Person zur Verfügung steht, deren Gewinnung im Hinblick auf die Stärkung der Qualität und Profilbildung im besonderen Interesse der Hochschule liegt, der Zweck der Ausschreibung durch ein gleichwertiges Verfahren gewährleistet wird und das Ministerium vorher zugestimmt hat (außerordentliches Berufungsverfahren),

  4. 4.

    eine Professur im Rahmen eines mit dem Ministerium vereinbarten Berufungs- und Karrierekonzeptes, das die Bestenauslese ebenso absichert wie ein Ausschreibungsverfahren, besetzt werden soll,

  5. 5.

    eine Professur mit einem Nachwuchswissenschaftler, der durch ein hochschulübergreifendes Förderprogramm gefördert wird, das seinerseits ein Ausschreibungs- und Begutachtungsverfahren vorsieht, besetzt werden soll oder

  6. 6.

    eine Professur, die durch ein hochschulübergreifendes Förderprogramm finanziert wird, dessen Vergabebestimmungen ein Ausschreibungs- oder ein Bewerbungsverfahren mit Begutachtung vorsehen, besetzt werden soll.

Erfolgt eine Berufung nach Satz 4 Nr. 4 gilt § 82 Abs. 5 Satz 2 entsprechend.

(2) Die Professoren werden vom Leiter der Hochschule aufgrund eines Vorschlags der zuständigen Organisationseinheit der Hochschule und nach Maßgabe des § 121 berufen. In begründeten Fällen kann von der Reihenfolge des Berufungsvorschlags abgewichen werden; bei einem Abweichen von Berufungsvorschlägen des Fachbereichrats Medizin der Friedrich-Schiller-Universität Jena sind zuvor die Mitglieder des Vorstands des Universitätsklinikums Jena zu hören. Bestehen gegen die Vorschläge Bedenken oder lehnen die Vorgeschlagenen den an sie ergangenen Ruf ab, wird der Berufungsvorschlag zurückgegeben und die zuständige Organisationseinheit aufgefordert, in angemessener Frist einen neuen Berufungsvorschlag vorzulegen. Bestehen gegen die Vorgeschlagenen Bedenken, ist der zuständigen Organisationseinheit der Hochschule zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Dem Berufungsvorschlag muss eine vergleichende und eingehende Würdigung der fachlichen, pädagogischen und persönlichen Eignung der Vorgeschlagenen sowie eine Begründung für die Reihenfolge beigefügt sein. Hierfür sind grundsätzlich Gutachten auswärtiger Professoren des betreffenden Berufungsgebiets einzuholen, die auch eine vergleichende Einschätzung der vorgeschlagenen Bewerber enthalten sollen. Die Feststellung der pädagogischen Eignung soll sich in Ergänzung der Gutachten auch auf Vorträge der Bewerber an der Hochschule stützen. Vertreter der Studierenden sind insbesondere zur Feststellung der pädagogischen Eignung zu hören; ihre Äußerung ist der Vorschlagsliste beizufügen.

(4) Der Berufungsvorschlag soll drei Personen in einer Reihenfolge umfassen; es dürfen auch Personen aufgenommen werden, die sich nicht beworben haben. Mitglieder der eigenen Hochschule dürfen außer in den Fällen des Absatzes 1 Satz 4 Nr. 1, 2 und 4 nur in begründeten Ausnahmefällen vorgeschlagen werden; in diesem Fall muss der Berufungsvorschlag drei Personen umfassen. Bei Berufungen auf eine Professur können Juniorprofessoren der eigenen Hochschule nur dann berücksichtigt werden, wenn sie nach ihrer Promotion die Hochschule gewechselt haben oder mindestens zwei Jahre außerhalb der berufenden Hochschule wissenschaftlich oder künstlerisch tätig waren. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 4

  1. 1.

    kann die Hochschule von den Bestimmungen über das Berufungsverfahren insoweit abweichen als es die besondere Berufungssituation erfordert, wenn die Bestenauslese durch ein internes oder externes Verfahren ebenso gewährleistet wird wie durch ein Ausschreibungs- und Berufungsverfahren und

  2. 2.

    ist abweichend von den Sätzen 1 und 2 ein Berufungsvorschlag mit einem Namen ausreichend.

(5) Ausstattungszusagen an Professoren im Rahmen von Berufungs- und Bleibeverhandlungen sind in der Regel auf bis zu fünf Jahre zu befristen und stehen unter dem Vorbehalt der Mittelbewilligung durch den Landtag, der Zuweisung durch die Landesregierung sowie staatlicher oder hochschulinterner Maßgaben zur Verteilung von Stellen oder Mitteln.

(6) Nach Abschluss der Prüfung nach Absatz 1 Satz 1 kann der Leiter der Hochschule, am Universitätsklinikum Jena der Klinikumsvorstand, Personen übergangsweise die Wahrnehmung der Aufgaben der Professur übertragen (Vertretungsprofessur). Der Inhaber einer Vertretungsprofessur steht in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis eigener Art zum Land. Die Übertragung einer Vertretungsprofessur an eine Person soll in der Regel die Dauer von zwei Semestern nicht überschreiten.

(7) Zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen einer Hochschule und einer Forschungseinrichtung oder einer medizinischen Einrichtung außerhalb des Hochschulbereichs können diese die Durchführung gemeinsamer Berufungsverfahren vereinbaren. Die aufgrund eines gemeinsamen Berufungsverfahrens berufenen Hochschullehrer können der Forschungseinrichtung oder der medizinischen Einrichtung zur Dienstleistung zugewiesen werden, um dort Forschungsvorhaben zu betreiben. Das Nähere regeln der Einweisungserlass des Ministeriums und die Vereinbarung zwischen der Hochschule und der Forschungseinrichtung oder der medizinischen Einrichtung. Die Vereinbarung nach Satz 3 soll auch vorsehen, dass die Hochschule und die Forschungseinrichtung oder die medizinische Einrichtung in der Auswahlkommission zumindest auf der Ebene der Hochschullehrer gleichstark vertreten sind und der Berufungsvorschlag auch der Zustimmung der Forschungseinrichtung oder der medizinischen Einrichtung bedarf.

(8) Personen, die die Einstellungsvoraussetzungen nach § 77 erfüllen, können aufgrund eines gemeinsamen Berufungsverfahrens abweichend von Absatz 7 auch in die mitgliedschaftsrechtliche Stellung eines Hochschullehrers nach § 20 an der Hochschule, die am gemeinsamen Berufungsverfahren beteiligt war, berufen werden. In diesem Fall werden die Personen in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis an der am gemeinsamen Berufungsverfahren beteiligten Forschungseinrichtung oder der medizinischen Einrichtung außerhalb des Hochschulbereichs beschäftigt. Ihnen können die sich aus § 76 Abs. 2 ergebenden Rechte übertragen werden. Die nach Satz 1 berufenen Personen sind verpflichtet, mindestens zwei Semesterwochenstunden an der am gemeinsamen Berufungsverfahren beteiligten Hochschule zu lehren. Sie haben das Recht, für die Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses an der Forschungseinrichtung oder der medizinischen Einrichtung außerhalb des Hochschulbereichs die Bezeichnung "Universitätsprofessor", wenn am gemeinsamen Berufungsverfahren eine Fachhochschule beteiligt ist oder ein Juniorprofessor berufen wurde, die Bezeichnung "Professor" als Berufsbezeichnung zu führen; § 81 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie Abs. 3 und § 82 Abs. 7 gelten entsprechend.

(9) Die Hochschulen sollen einen oder mehrere Hochschullehrer zu Berufungsbeauftragten bestellen.

(10) Näheres zum Berufungsverfahren für Professoren und Juniorprofessoren, insbesondere Zuständigkeiten, Mitwirkung und Verfahren, sowie zum Berufungsbeauftragten regelt die Hochschule in der Berufungsordnung.

(11) Der Bewerber auf eine Hochschullehrerstelle hat kein Recht auf Einsicht in die Akten des Berufungsverfahrens, soweit diese Gutachten über die fachliche Eignung enthalten oder ganz oder teilweise wiedergeben.