§ 115b SchG - Einsatz digitaler Medien im Unterricht und digitale Lehr- und Lernformen
Bibliographie
- Titel
- Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchG)
- Amtliche Abkürzung
- SchG
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Baden-Württemberg
- Gliederungs-Nr.
- 2200
(1) Der alters- und entwicklungsangemessene Einsatz digitaler Lehr- und Lernformen ist üblicher Bestandteil der pädagogischen Arbeit im Präsenzunterricht. Dabei nutzt die Schule zum Zweck der Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrags nach § 1 auch informationstechnisch gestützte Systeme, sofern und soweit digitaler Unterricht im konkreten Fall für die Schülerin oder den Schüler förderlich, der Schule personell, sachlich und technisch möglich und in angemessenem Umfang realisierbar ist.
(2) Digitale Lehr- und Lernformen nach Absatz 1 können zu den dort genannten Zwecken an die Stelle des Präsenzunterrichts treten, sofern der Präsenzunterricht für einzelne oder mehrere Schülerinnen und Schüler aus rechtlichen, tatsächlichen oder organisatorischen Gründen ganz oder teilweise nicht durchführbar und der Einsatz einer digitalen Lehr- und Lernform erforderlich und angemessen ist. Rechtliche Gründe nach Satz 1 sind insbesondere Maßnahmen von öffentlichen Stellen zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit. Tatsächliche Gründe nach Satz 1 sind insbesondere außergewöhnliche Natur- oder Wetterereignisse, Katastrophenfälle, die Sicherstellung des Gesundheits- und Infektionsschutzes oder Störungen der Infrastruktur. Organisatorische Gründe nach Satz 1 können vorliegen, wenn Schülerinnen und Schüler aus gesundheitlichen oder anderen zwingenden Gründen oder aus Gründen, die sich aus der besonderen Beschulung oder Talentförderung ergeben, an der regulären Teilnahme am Präsenzunterricht nach Absatz 1 verhindert sind. Organisatorische Gründe nach Satz 1 sind auch die Sicherstellung der Beschulung von Schülerinnen und Schülern durch Lehrkräfte oder die Sicherstellung des schulübergreifenden Unterrichts in Fächern mit geringer Schülerzahl. Über die Umsetzung von Maßnahmen nach Satz 1 entscheidet die Schulleitung unter Berücksichtigung der Maßgaben von Absatz 1 Satz 2. Im Fall des Satzes 4 Alternative 1 ist die Übertragung von Gesundheitsdaten nur nach zusätzlicher Zustimmung der Erziehungsberechtigten zulässig. Sollen digitale Lehr- und Lernformen aus organisatorischen Gründen nach den Sätzen 4 und 5 an die Stelle des Präsenzunterrichts treten, zeigt die Schule dies der zuständigen Schulaufsichtsbehörde unverzüglich an. Die zuständige Schulaufsichtsbehörde kann Maßnahmen nach Satz 1 untersagen, soweit und solange die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
(3) Die oberste Schulaufsichtsbehörde kann aus wichtigem Grund den Einsatz einer digitalen Lehr- und Lernform nach Absatz 1 zu den dort genannten Zwecken als den Präsenzunterricht ersetzende Unterrichtsform im erforderlichen und angemessenen Umfang anordnen. Ein wichtiger Grund nach Satz 1 liegt insbesondere vor, wenn Maßnahmen zur Sicherstellung des Gesundheits- und Infektionsschutzes, bei außergewöhnlichen Natur- oder Wetterereignissen oder zum Schutz bei Katastrophenfällen getroffen werden sollen. Ein wichtiger Grund nach Satz 1 kann vorliegen, wenn Störungen der Infrastruktur bestehen.
(4) Die Schulpflicht nach § 72 gilt auch für digitale Lehr- und Lernformen nach den Absätzen 2 und 3.
(5) Digitale Lehr- und Lernformen sind in vergleichbarer Weise wie Präsenzunterricht vertraulich einzusetzen, sodass grundsätzlich nur die Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte der jeweiligen Klasse oder Lerngruppe und nötigenfalls zusätzliches pädagogisches und nichtpädagogisches Personal sowie außerschulische Personen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe als Begleitpersonen anwesend sind oder aufgrund besonderer Fachkenntnisse oder Erfahrungen zum Unterricht beitragen, zur Teilnahme berechtigt sind. Soweit dies zur Sicherstellung der Teilhabe am Unterricht erforderlich ist, ist im Einzelfall mit Zustimmung der Lehrkraft die Anwesenheit einer sorgeberechtigten oder eine von dieser bestimmten Person zur Unterstützung der Schülerin oder des Schülers zulässig. Das Recht der Schulleiterin oder des Schulleiters, der Schulaufsicht, der Seminare für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte sowie sonstiger mit der Überprüfung oder Beurteilung des Unterrichts beauftragter Personen, den Unterricht zu besuchen, bleibt unberührt.
(6) Die Schulen verarbeiten bei der Umsetzung der Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 personenbezogene Daten von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften, soweit dies zur Zweckerreichung erforderlich ist. Schulen sind auch befugt, bei der Umsetzung der Maßnahmen nach den Absätzen 2 und 3 personenbezogene Daten von Personen nach Absatz 5 zu verarbeiten, soweit deren Teilnahme am Unterricht nach Absatz 5 erforderlich ist. Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte sind verpflichtet, personenbezogene Daten, einschließlich Ton-, Bild- und Videodaten, durch Schulen verarbeiten zu lassen, soweit dies zur Durchführung des digitalen Lehr- und Lernformats und zur Erreichung der Lernziele in der jeweiligen Unterrichtssituation förderlich und verhältnismäßig ist.
(7) Der Unterricht und die außerunterrichtlichen Angebote und Veranstaltungen können in Form eines nicht gleichzeitigen sowie eines gleichzeitigen Informationsaustausches, auch mittels Bild-, Ton- und Videoübertragung nach Absatz 6, in Räumen der Schule oder an einem anderen geeigneten Lehr- und Lernort erfolgen.
(8) Eine Aufzeichnung von Bild, Ton und Video ist grundsätzlich nicht zulässig. Die Anfertigung digitaler Lehr- und Lernprodukte ist unbeschadet davon zulässig. Satz 2 gilt nicht, wenn in Rechte Dritter eingegriffen wird. Ein Eingriff in Rechte Dritter nach Satz 3 ist zulässig, sofern es dafür eine rechtliche Grundlage gibt.
(9) Das Anwenden automatisierter, anpassungsfähiger Verfahren ist zum Zweck der technischen Unterstützung und Förderung des individuellen Lernweges nach der Rechtsverordnung nach Absatz 11 in ihrer jeweils geltenden Fassung zulässig. Absatz 6 findet entsprechende Anwendung.
(10) Die Absätze 1 bis 9 gelten auch für die Schulen in freier Trägerschaft.
(11) Die oberste Schulaufsichtsbehörde wird ermächtigt, das Nähere zur Verarbeitung personenbezogener Daten und dem Einsatz digitaler Lehr- und Lernformen durch Schulen einschließlich der Voraussetzungen für die Untersagung nach Absatz 2 Satz 9 durch Rechtsverordnung zu regeln.
(12) Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) wird durch die Absätze 6 und 7 eingeschränkt.