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§ 15a ArchG - Prüfung der Verhältnismäßigkeit

Bibliographie

Titel
Architektengesetz
Redaktionelle Abkürzung
ArchG,BW
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Baden-Württemberg
Gliederungs-Nr.
2130

(1) Vor der Einführung neuer oder der Änderung bestehender Vorschriften, die den Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränken, hat die Kammer eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit nach den in diesem Gesetz festgelegten Bestimmungen durchzuführen. Der Umfang der Prüfung steht im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der Vorschrift. Satz 1 gilt für in den Geltungsbereich der jeweiligen Fassung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30. 9. 2005, S. 22, zuletzt ber. ABl. L 095 vom 9. 4. 2016, S. 20), die zuletzt durch Delegierten Beschluss (EU) 2020/548 der Kommission (ABl. L 131 vom 24. 4. 2020, S.1) geändert worden ist, fallende neue oder geänderte Vorschriften, die die Aufnahme oder Ausübung eines Berufs oder eine bestimmte Art seiner Ausübung beschränken, einschließlich des Führens einer Berufsbezeichnung und der im Rahmen dieser Berufsbezeichnung erlaubten beruflichen Tätigkeiten. Die Anwendung ist ausgeschlossen, sofern Vorschriften der Umsetzung eines gesonderten Rechtsakts der Europäischen Union dienen, in dem spezifische Anforderungen an einen bestimmten Beruf festgelegt sind und dieser Rechtsakt den Mitgliedstaaten keine Wahl der genauen Art und Weise der Umsetzung dieser Anforderungen lässt. Für die Zwecke der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Satz 1 gelten die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 2005/36/EG.

(1a) Für die Zwecke der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Absatz 1 Satz 1 gelten ergänzend insbesondere die folgenden Begriffsbestimmungen:

  1. 1.

    "reglementierter Beruf" ist eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist; eine Art der Ausübung ist insbesondere die Führung einer geschützten Berufsbezeichnung, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Personen beschränkt ist, die über eine bestimmte Berufsqualifikation verfügen;

  2. 2.

    "Berufsqualifikation" ist eine Qualifikation, die durch einen Ausbildungsnachweis, durch einen Befähigungsnachweis im Sinne von Artikel 11 Buchstabe a Ziffer i der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22, zuletzt ber. ABl. L 95 vom 9.4.2016, S. 20), die zuletzt durch Delegierten Beschluss (EU) 2023/2383 der Kommission vom 23. Mai 2023 (ABl. L vom 9.10.2023, S. 1) geändert worden ist, oder durch Berufserfahrung nachgewiesen wird;

  3. 3.

    "geschützte Berufsbezeichnung" bezeichnet eine Form der Reglementierung eines Berufs, bei der

    1. a)

      die Verwendung einer Bezeichnung bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit oder einer Gruppe von beruflichen Tätigkeiten aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften unmittelbar oder mittelbar dem Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation unterliegt und

    2. b)

      bei einer missbräuchlichen Verwendung dieser Bezeichnung Sanktionen verhängt werden;

  4. 4.

    "vorbehaltene Tätigkeiten" bedeutet eine Form der Reglementierung eines Berufs, bei der der Zugang zu einer beruflichen Tätigkeit oder einer Gruppe von beruflichen Tätigkeiten aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften unmittelbar oder mittelbar Angehörigen eines reglementierten Berufs, die Inhaber einer bestimmten Berufsqualifikation sind, vorbehalten wird, und zwar auch dann, wenn diese Tätigkeit mit anderen reglementierten Berufen geteilt wird.

(2) Jede Vorschrift nach Absatz 1 ist mit einer Erläuterung zu versehen, die ausführlich genug ist, um eine Bewertung der Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermöglichen.

(3) Die Gründe, aus denen sich ergibt, dass eine Vorschrift nach Absatz 1 gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, sind durch qualitative und, soweit möglich und relevant, quantitative Elemente zu substanziieren. Quantitative Elemente sind relevant, wenn sie für eine fundierte Begründung unerlässlich sind.

(4) Vorschriften nach Absatz 1 dürfen gemäß Artikel 5 der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 25) in der jeweils geltenden Fassung weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes darstellen.

(5) Vorschriften nach Absatz 1 müssen durch Ziele des Allgemeininteresses gemäß Artikel 6 der Richtlinie (EU) 2018/958 gerechtfertigt sein. Sie müssen für die Verwirklichung des angestrebten Ziels geeignet sein und dürfen nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinausgehen.