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§ 35 ThürAIKG - Ehrenverfahren, Ahndung einer Pflichtverletzung

Bibliographie

Titel
Thüringer Gesetz über die Architektenkammer, die Ingenieurkammer und den Schutz von Berufsbezeichnungen (Thüringer Architekten- und Ingenieurkammergesetz - ThürAIKG) 
Amtliche Abkürzung
ThürAIKG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Thüringen
Gliederungs-Nr.
71-1

(1) Gegen natürliche Personen, die ihre Berufspflichten schuldhaft verletzen, die in diesem Gesetz oder in der Berufsordnung nach § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bestimmt sind, werden Maßnahmen im Ehrenverfahren durch den Ehrenausschuss verhängt. Ein außerhalb des Berufs liegendes Verhalten, das eine rechtswidrige Tat oder eine mit Geldbuße bedrohte Handlung darstellt, ist eine zu ahndende Pflichtverletzung, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für die Ausübung der Berufstätigkeit bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Ausgeschlossen sind Ehrenverfahren gegen Personen in einem öffentlichen Dienst-, Anstellungs- oder Amtsverhältnis und Personen, die als Beliehene öffentliche Aufgaben wahrnehmen, hinsichtlich ihrer sich hieraus ergebenden Tätigkeit.

(2) Gegen eine Berufsgesellschaft werden Maßnahmen im Ehrenverfahren durch den Ehrenausschuss verhängt, wenn

  1. 1.

    eine Leitungsperson der Berufsgesellschaft schuldhaft gegen Berufspflichten verstößt, die in diesem Gesetz oder in der Berufsordnung nach § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bestimmt sind, oder

  2. 2.

    eine Person, die nicht Leitungsperson ist, in Wahrnehmung der Angelegenheiten der Berufsgesellschaft gegen Berufspflichten verstößt, die in diesem Gesetz oder in der Berufsordnung nach § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bestimmt sind, wenn die Pflichtverletzung durch angemessene organisatorische, personelle oder technische Maßnahmen hätte verhindert oder wesentlich erschwert werden können.

Leitungspersonen einer Berufsgesellschaft sind

  1. 1.

    die Mitglieder eines vertretungsberechtigten Organs einer juristischen Person,

  2. 2.

    die vertretungsberechtigten Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft,

  3. 3.

    die Generalbevollmächtigten,

  4. 4.

    die Prokuristen und die Handlungsbevollmächtigten, soweit sie eine leitende Stellung innehaben, sowie

  5. 5.

    nicht in den Nummern 1 bis 4 genannte Personen, die für die Leitung der Berufsgesellschaft verantwortlich handeln, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung gehört.

Maßnahmen im Ehrenverfahren gegen eine natürliche Person und gegen eine Berufsgesellschaft, der diese angehört, können nebeneinander verhängt werden.

(3) Einen Antrag auf Einleitung eines Ehrenverfahrens können stellen

  1. 1.

    die in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 genannten natürlichen Personen und Berufsgesellschaften gegen sich selbst,

  2. 2.

    der Vorstand der Kammer.

Wegen eines Verhaltens, das der Vorstand der Kammer gerügt hat, kann ein Antrag nach Satz 1 Nr. 1 nicht gestellt werden.

(4) Maßnahmen in einem Ehrenverfahren gegen eine natürliche Person sind

  1. 1.

    bei Kammermitgliedern die Verwarnung,

  2. 2.

    bei Kammermitgliedern der Verweis,

  3. 3.

    bei Kammermitgliedern die Geldbuße mit einer Höhe von bis zu dreißigtausend Euro,

  4. 4.

    bei Kammermitgliedern die Aberkennung der Mitgliedschaft in Organen und Ausschüssen der Kammer,

  5. 5.

    bei Kammermitgliedern die Aberkennung der mit der Kammerangehörigkeit verbundenen Wahlberechtigung und der Wählbarkeit zu den Organen und Ausschüssen der Kammer,

  6. 6.

    bei Pflichtmitgliedern einer Kammer die Löschung der Eintragung in den in § 21 Abs. 2 und 3 genannten Listen,

  7. 7.

    bei freiwilligen Mitgliedern einer Kammer die Löschung der Eintragung im Mitgliederverzeichnis,

  8. 8.

    bei auswärtigen Dienstleistern

    1. a)

      die Geldbuße mit einer Höhe von bis zu dreißigtausend Euro,

    2. b)

      die Untersagung, in Thüringen die geschützte deutsche Berufsbezeichnung 'Architekt' nach § 13 Abs. 6 Satz 4 zu führen,

    3. c)

      die Löschung einer nach § 13 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 bis 3 im Auswärtigenverzeichnis eingetragenen geschützten deutschen Berufsbezeichnung.

Auf eine Maßnahme nach Satz 1 Nr. 4 bis 8 darf nur erkannt werden, wenn Berufspflichten in erheblichem Maße verletzt wurden. Die Voraussetzung nach Satz 2 ist insbesondere dann erfüllt, wenn auswärtige Dienstleister entgegen § 13 Abs. 6 Satz 4 und Abs. 7 beharrlich eine unrichtige Berufsbezeichnung führen. Bei Kammermitgliedern können die in Satz 1 Nr. 2 bis 5 aufgeführten Maßnahmen nebeneinander verhängt werden. Eine Maßnahme nach Satz 1 Nr. 5 schließt die Folgen einer Maßnahme nach Satz 1 Nr. 4 in sich ein. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 4 bis 7 und 8 Buchst. b und c bestimmt der Ehrenausschuss zugleich einen Zeitraum von mindestens einem und höchstens fünf Jahren, innerhalb dessen die Folgen seiner Entscheidung fortbestehen. Geldbußen fließen dem Haushalt der Kammer zu.

(5) Maßnahmen in einem Ehrenverfahren gegen eine Berufsgesellschaft sind

  1. 1.

    bei Gesellschaften nach § 9 Abs. 1 und 6 die Verwarnung,

  2. 2.

    bei Gesellschaften nach § 9 Abs. 1 und 6 der Verweis,

  3. 3.

    bei Gesellschaften nach § 9 Abs. 1 und 6 die Geldbuße in Höhe von bis zu sechzigtausend Euro,

  4. 4.

    bei Gesellschaften nach § 9 Abs. 1 die Löschung der Eintragung im Gesellschaftsverzeichnis,

  5. 5.

    bei Gesellschaften nach § 9 Abs. 6 die Untersagung, in Thüringen eine nach § 3 Abs. 1 oder 5 geschützte Berufsbezeichnung zu führen,

  6. 6.

    bei auswärtigen Gesellschaften

    1. a)

      die Geldbuße in Höhe von bis zu sechzigtausend Euro,

    2. b)

      die Untersagung, in Thüringen eine Berufsbezeichnung nach § 3 Abs. 1 oder 5 zu führen, verbunden mit der Löschung der Eintragung im Auswärtigenverzeichnis.

Auf eine Maßnahme nach Satz 1 Nr. 4 bis 6 darf nur erkannt werden, wenn Berufspflichten in erheblichem Maße verletzt wurden. Die Voraussetzung nach Satz 2 ist insbesondere dann erfüllt, wenn auswärtige Gesellschaften entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 beharrlich eine unrichtige Berufsbezeichnung führen. Die in Satz 1 Nr. 2 und 3 aufgeführten Maßnahmen können nebeneinander verhängt werden. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 4, 5 und 6 Buchst. b bestimmt der Ehrenausschuss zugleich einen Zeitraum von mindestens einem und höchstens fünf Jahren, innerhalb dessen die Folgen seiner Entscheidung fortbestehen. Absatz 4 Satz 7 gilt entsprechend.

(6) Bei der Festlegung der Art und der Höhe der Maßnahme hat der Ehrenausschuss alle relevanten Umstände zu berücksichtigen. Dazu gehören insbesondere die Art, die Schwere und die Dauer der Pflichtverletzung, die Verantwortung der betroffenen Person oder Berufsgesellschaft für die Pflichtverletzung, die Höhe etwaiger durch die Pflichtverletzung erzielter Mehrerlöse oder verhinderter Verluste und die Finanzkraft der betroffenen Person oder Berufsgesellschaft. Zu Gunsten der betroffenen Person oder Berufsgesellschaft ist zudem zu berücksichtigen, wenn sie an der Aufklärung der Pflichtverletzung mitgewirkt hat.

(7) Bevor Maßnahmen verhängt werden, ist die betroffene Person oder Berufsgesellschaft anzuhören. Der Bescheid, durch den Maßnahmen verhängt werden, ist zu begründen. Er ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und der betroffenen Person oder Berufsgesellschaft zuzustellen. Eine Kopie des Bescheids ist der Aufsichtsbehörde schriftlich oder elektronisch zu übermitteln.

(8) Die Verfolgung einer Pflichtverletzung verjährt nach fünf Jahren. Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist. Für das Ruhen der Verjährung gilt § 78b Abs. 1 bis 3 StGB entsprechend. Die Verjährung ruht zudem für die Dauer

  1. 1.

    eines wegen desselben Verhaltens eingeleiteten Straf- oder Bußgeldverfahrens oder

  2. 2.

    einer Aussetzung des Verfahrens nach § 36 Abs. 2. Für die Unterbrechung der Verjährung gilt § 78c Abs. 1 bis 4 StGB entsprechend.

(9) Von einer Ahndung durch den Ehrenausschuss ist abzusehen, wenn

  1. 1.

    durch ein Gericht oder eine Behörde wegen desselben Verhaltens bereits eine Strafe, eine Geldbuße nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in der Fassung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602) in der jeweils geltenden Fassung oder eine berufsaufsichtliche Maßnahme verhängt worden ist oder

  2. 2.

    das Verhalten nach § 153a Abs. 1 Satz 5, auch in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 StPO nicht mehr als Vergehen verfolgt werden kann.

Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme durch den Ehrenausschuss zusätzlich erforderlich ist, um die betroffene Person oder Berufsgesellschaft zur Erfüllung ihrer Berufspflichten anzuhalten.

(10) Die Verwarnung und der Verweis gelten mit Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung des Ehrenausschusses als vollstreckt. Zum gleichen Zeitpunkt werden Maßnahmen nach Absatz 4 Satz 1 Nr. 4 bis 7 und 8 Buchst. b und c sowie Absatz 5 Satz 1 Nr. 4, 5 und 6 Buchst. b wirksam. Für die Vollstreckung der Geldbuße nach Absatz 4 Satz 1 Nr. 3 und 8 Buchst. a sowie Absatz 5 Satz 1 Nr. 3 und 6 Buchst. a gilt § 38 Abs. 5 entsprechend.

(11) Alle personenbezogenen Daten zu einem Ehrenverfahren sind nach Ablauf von sieben Jahren zu löschen. Sie dürfen bei weiteren Maßnahmen nach Absatz 4 oder 5 nicht berücksichtigt werden, wenn sich die betroffene Person innerhalb dieses Zeitraums keiner weiteren Berufspflichtverletzung schuldig gemacht hat. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Entscheidung des Ehrenausschusses unanfechtbar geworden ist oder nach dem zeitlichen Ablauf der Vollstreckung oder der erkannten Maßnahme. Die Sätze 1 bis 3 gelten für Berufsgesellschaften entsprechend.