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Anlage 2 NatSchG - Anlage 2
(zu § 33 Absatz 1)

Bibliographie

Titel
Gesetz des Landes Baden-Württemberg zum Schutz der Natur und zur Pflege der Landschaft (Naturschutzgesetz - NatSchG) 
Amtliche Abkürzung
NatSchG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Baden-Württemberg
Gliederungs-Nr.
7910

Vorbemerkung:

  1. 1.

    Die nach § 33 gesetzlich geschützten Biotope werden anhand der Standortverhältnisse, der Vegetation und sonstiger Eigenschaften definiert.

  2. 2.

    Zur Verdeutlichung der Biotopdefinitionen sind in der Regel besondere typische Arten aufgeführt. Insbesondere bei Wiesen- und Waldbiotopen begründet nicht das Vorkommen einer einzigen besonderen typischen Art, sondern erst die Kombination von mehreren der genannten Arten das Vorliegen eines besonders geschützten Biotops.

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Biotope nach § 33 Absatz 1 Nummer 1 (Streuwiesen und Kleinseggenriede)

1.1 Streuwiesen

Streuwiesen sind Grünlandgesellschaften, insbesondere Pfeifengraswiesen, die traditionell durch Nutzung mit einer Mahd im Herbst in der Regel zur Gewinnung von Einstreu auf feuchten oder wechselfeuchten bis nassen Standorten entstanden sind.

Erfasst sind auch nicht mehr genutzte Streuwiesen-flächen, auf denen noch überwiegend Arten der Streuwiesen vorkommen.

Besondere typische Arten der Streuwiesen sind:

Pfeifengras (Molinia caerulea, Molinia arundinacea), Teufelsabbiss (Succisa pratensis), Kümmel-Silge (Selinum carvifolia), Nordisches Labkraut (Galium boreale), Schwalbenwurz-Enzian (Gentiana asclepiadea), Lungen-Enzian (Gentiana pneumonanthe), Moor-Labkraut (Galium uliginosum), Niedrige Schwarzwurzel (Scorzonera humilis), Lachenals Wasserfenchel (Oenanthe lachenalii), Kanten-Lauch (Allium angulosum), Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica).

1.2 Kleinseggenriede

Kleinseggenriede sind von Seggen (Sauergräser oder Riedgräser) gekennzeichnete Biotope mit zumeist hochanstehendem Grundwasser. Erfasst sind nicht genutzte oder extensiv genutzte Kleinseggenriede.

Besondere typische Arten der Kleinseggenriede sind:

spezifische Seggen-Arten (Carex canescens, Carex davalliana, Carex demissa, Carex echinata, Carex flava, Carex hostiana, Carex lepidocarpa, Carex nigra, Carex panicea, Carex pulicaris), Sumpf-Weidenröschen (Epilobium palustre), Sumpf-Ständelwurz (Epipactis palustris), Schmalblättriges und Breitblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium, E. latifolium), Schlauch-Enzian (Gentiana utriculosa), Glanzständel (Liparis loeselii), Fieberklee (Menyanthes trifoliata), Herzblatt (Parnassia palustris), Wald-Läusekraut (Pedicularis sylvatica), Gewöhnliches Fettkraut (Pinguicula vulgaris), Blutauge (Potentilla palustris), Mehl-Primel (Primula farinosa), Kopfriet-Arten (Schoenus ferrugineus, Schoenus x intermedius, Schoenus nigricans), Sommer-Schraubenständel (Spiranthes aestivalis), Blauer Sumpfstern (Swertia perennis), Gewöhnliche Simsenlilie (Tofieldia calyculata), Sumpf-Baldrian (Valeriana dioica) und Sumpf-Veilchen (Viola palustris).

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Biotope nach § 33 Absatz 1 Nummer 2 (Naturnahe Uferbereiche und naturnahe Bereiche der Flachwasserzone des Bodensees)

Naturnahe Uferbereiche und naturnahe Bereiche der Flachwasserzone des Bodensees sind Bereiche,

  • deren Ufer sich in weitgehend natürlichem Zustand befindet,

  • in denen ein weitgehend geschlossener Schilfgürtel oder eine andere standortspezifische Vegetation (beispielsweise Strandlings- und Strandschmielen-Gesellschaften vorhanden) ist,

  • deren Flachwasserzone die Selbstreinigungsfunktionen weitgehend erfüllt oder als Laich- und Aufwuchsgebiet für Fische von Bedeutung ist.

Naturnahe Bereiche der Flachwasserzone reichen seewärts bis zur Halde, landseitig grenzen sie an die Uferbereiche. Naturnahe Uferbereiche reichen landwärts bis zur Oberkante der Uferböschung einschließlich des Seehags oder, wo keine Uferböschung vorhanden ist, so weit wie die naturnahe oder, bei extensiver Nutzung, halbnatürliche Vegetation von den wechselnden Wasserständen des Bodensees beeinflusst wird.

Besondere typische Arten der naturnahen Uferbereiche und der naturnahen Bereiche der Flachwasserzone des Bodensees sind:

Schilf (Phragmites australis) sowie Bodensee-Vergissmeinnicht (Myosotis rehsteineri), Strand-Schmiele (Deschampsia rhenana), Strandling (Littorella uniflora), Ufer-Hahnenfuß (Ranunculus reptans) und Nadelbinse (Eleocharis acicularis).

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Biotope nach § 33 Absatz 1 Nummer 4 (Höhlen und Dolinen)

3.1 Höhlen

Höhlen sind natürlich entstandene unterirdische Hohlräume. Erfasst sind auch seit längerer Zeit nicht genutzte künstliche Hohlräume, insbesondere Stollen, sowie naturnahe Eingangsbereiche von Höhlen. Nicht erfasst sind touristisch erschlossene oder intensiv genutzte Höhlenbereiche.

Besondere typische Arten der Höhlen sind:

Fledermaus-Arten (zum Beispiel Myotis myotis), Feuersalamander (Winterquartier) sowie im Eingangsbereich auch Arten der offenen Felsbildungen, zum Beispiel Streifenfarn-Arten (Asplenium trichomanes, Asplenium viride Asplenium ruta-muraria), Bleicher Schwingel (Festuca pallens), Kalk-Blaugras (Sesleria albicans), Dreiblättriger Baldrian (Valeriana tripteris) und Arten der Balmenvegetation, zum Beispiel Scharfkraur (Asperugo procumbens) und Österreichische Rauke (Sisymbrium austriacum).

3.2 Dolinen

Dolinen (Erdfälle) sind Einstürze oder trichterförmige Vertiefungen in der Erdoberfläche, die durch Lösung der Gesteine im Untergrund oder durch das Einbrechen von Höhlen entstanden sind. Die Vegetation der Dolinen ist sehr verschiedenartig. Nicht erfasst sind intensiv landwirtschaftlich genutzte und aufgefüllte Dolinen.

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Biotope nach § 33 Absatz 1 Nummer 5 (Feldhecken und Feldgehölze, Hohlwege, Trockenmauern, Steinriegel)

4.1 Feldhecken und Feldgehölze

Feldhecken und Feldgehölze sind kleinere, oft linienhafte Flächen in der freien Landschaft von nicht mehr als 50 m Breite oder von weniger als 0,5 ha Fläche, die von Bäumen und Sträuchern oder nur von Sträuchern bestockt sind. Nicht erfasst sind Feldgehölze von weniger als 250 m2 Fläche sowie Hecken von weniger als 20 m Länge. Nicht erfasst sind gebietsfremde Anpflanzungen und Heckenzäune.

Besondere typische Arten der Feldhecken und Feldgehölze sind:

Gewöhnliche Hasel (Corylus avellana), Roter Hartriegel (Cornus sanguinea), Schwarzer Holunder (Sambucus nigra), Gewöhnlicher Liguster (Ligustrum vulgare), Hainbuche (Carpinus betulus), Stiel-Eiche (Quercus robur), Weißdorn-Arten (Crataegus spp.), Schlehe (Prunus spinosa), Esche (Fraxinus excelsior), Vogel-Kirsche (Prunus avium), Hunds-Rose (Rosa canina), Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus), Ahorn-Arten (Acer campestre, Acer platanoides, Acer pseudoplatanus), Sal-Weide (Salix caprea), Gewöhnliche Heckenkirsche (Lonicera xylosteum), Schneeball-Arten (Viburnum lantana, Viburnum opulus), Zitter-Pappel (Populus tremula) und Kreuzdorn (Rhamnus cathartica).

4.2 Hohlwege

Hohlwege sind Wege in der freien Landschaft, die sich durch die nutzungsbedingt verstärkte Erosion in das Gelände eingeschnitten haben, einschließlich ihrer Steilböschungen und eines nicht genutzten Streifens entlang der Böschungsoberkante.

Die Vegetation an Hohlwegen kann entsprechend den Feldhecken und Feldgehölzen, den Gebüschen trockenwarmer Standorte mit ihren Staudensäumen oder den Magerrasen entwickelt sein. Nicht erfasst sind Hohlwege, die weniger als 1 m eingetieft sind oder deren Böschungsneigungen an der steilsten Stelle weniger als 45 Grad betragen.

4.3 Trockenmauern

Trockenmauern sind Mauern in der freien Landschaft, die ohne Verwendung von Mörtel aus Natursteinen aufgeschichtet wurden. Nicht erfasst sind Trockenmauern mit weniger als 0,5 m Höhe oder einer Mauerfläche von weniger als 2 m2.

Besondere typische Arten der Trockenmauern sind:

Streifenfarn-Arten (Asplenium spp.), Mauerpfeffer-Arten (Sedum spp.), Mauer-Glaskraut (Parietaria judaica), spezielle Moos- und Flechten-Arten, Mauereidechse (Lacerta muralis), Rotflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda germanica).

4.4 Steinriegel

Steinriegel sind meist linienartige Steinanhäufungen in der freien Landschaft, die dadurch entstanden sind, dass von landwirtschaftlich genutzten Flächen Steine ab-gesammelt und zumeist an deren Rändern abgelagert wurden. Die Vegetation der Steinriegel kann entsprechend den Feldhecken und Feldgehölzen, den Gebüschen trockenwarmer Standorte und ihrer Staudensäume oder den offenen natürlichen Block- und Geröllhalden entwickelt sein. Nicht erfasst sind Steinriegel von weniger als 5 m Länge.

Besondere typische Arten der Gebüsche und ihrer Staudensäume trockenwarmer Standorte auf Steinriegel sind:

Gebüsche

Schlehe (Prunus spinosa), Feld-Ahorn (Acer campestre) Gewöhnliche Berberitze (Berberis vulgaris), Gewöhnlicher Liguster (Ligustrum vulgare), Wolliger Schneeball (Viburnum lantana), Echter Kreuzdorn (Rhamnus carthartica), Blaugrüne Rose (Rosa vosagiaca), Gewöhnlicher Besenginster (Cytisus scoparius);

Staudensäume

Blut-Storchschnabel (Geranium sanguineum), Sichelblättriges Hasenohr (Bupleurum falcatum), Ästige Graslilie (Anthericum ramosum), Bunte Kronwicke (Securigera varia), Hirsch-Haarstrang (Peucedanum cervaria), Kalk-Aster (Aster amellus), Savoyer Habichtskraut (Hieracium sabaudum), Echter Gamander (Teucrium chamaedrys), Salbei-Gamander (Teucrium scorodonia), Gamander-Ehrenpreis (Veronica teucrium).

Besondere typische Arten der offenen Block-, Schutt- und Geröllhalden auf Steinriegel sind:

Ruprechtskraut (Geranium robertianum), Fetthennen-Arten (Sedum album, Sedum acre, Sedum sexangulare, Sedum spurium), Mausohr-Habichtskraut (Hieracium pilosella), Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria).