§ 186 LVwG - Verfahren beim Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung
Bibliographie
- Titel
- Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz - LVwG)
- Amtliche Abkürzung
- LVwG
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Schleswig-Holstein
- Gliederungs-Nr.
- 20-1
(1) Die Observation (§ 185 Abs. 1 Nr. 1), der verdeckte Einsatz technischer Mittel zum Abhören oder Aufzeichnen des gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 185 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b), die Erhebung personenbezogener Daten in oder aus Wohnungen (§ 185 Abs. 3) sowie die Datenerhebung durch Überwachung der Telekommunikation (§ 185a Abs. 1) dürfen nur richterlich angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Polizei die Anordnung treffen. Die Entscheidung hierüber trifft die Leiterin oder der Leiter des Landespolizeiamtes, des Landeskriminalamtes oder einer Polizeidirektion. Diese können die Anordnungsbefugnis auf besonders beauftragte Personen des Polizeivollzugsdienstes übertragen. Die richterliche Bestätigung der polizeilichen Anordnung ist unverzüglich nachzuholen. Die Anordnung des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen (§ 185 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) und zur Aufnahme von Hinweisen von Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist (§ 185 Abs. 1 Nr. 3), erfolgt durch die Leiterin oder den Leiter des Landespolizeiamtes, des Landeskriminalamtes, einer Polizeidirektion oder durch von ihr oder ihm besonders beauftragte Personen des Polizeivollzugsdienstes, bei Gefahr im Verzuge durch jede Polizeivollzugsbeamtin oder jeden Polizeivollzugsbeamten. Ist die Erhebung personenbezogener Daten mit technischen Mitteln in oder aus Wohnungen ausschließlich zum Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, treffen abweichend von Satz 1 hierüber die Leiterin oder der Leiter des Landespolizeiamtes, des Landeskriminalamtes, einer Polizeidirektion oder die von ihr oder ihm besonders beauftragten Personen des Polizeivollzugsdienstes die Entscheidung. Dies gilt gleichermaßen für einen entsprechenden Einsatz technischer Mittel des § 185 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b außerhalb von Wohnungen.
(2) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 und Absatz 6 ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk das Innenministerium - Landespolizeiamt oder Landeskriminalamt - seinen oder die Polizeidirektion ihren Sitz hat. Für das Verfahren findet das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung. Von einer Anhörung der betroffenen Person durch das Gericht ist abzusehen, wenn die vorherige Anhörung den Zweck der Maßnahme gefährden würde; die Anhörung ist nachzuholen, wenn die Gefährdung des Zwecks der Maßnahme entfallen ist. Die Entscheidung ergeht auf Antrag. Sie wird mit ihrer Bekanntgabe an das Innenministerium - Landespolizeiamt oder Landeskriminalamt - oder die Polizeidirektion wirksam. Für die Bekanntgabe der Entscheidung an die betroffene Person gilt Absatz 4. Die Beschwerde steht dem Antrag stellenden Innenministerium - Landespolizeiamt oder Landeskriminalamt -, der Antrag stellenden Polizeidirektion sowie der betroffenen Person zu. § 20 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bleibt unberührt.
(3) Sind die durch Maßnahmen nach § 185 und § 185a erlangten Daten zur Gefahrenabwehr, zur anderweitigen Verwendung im Sinne von Absatz 6 oder § 186a Abs. 7, insbesondere zur Strafverfolgung und für eine etwaige nachträgliche gerichtliche Überprüfung nach Absatz 4 Satz 3 nicht mehr erforderlich, sind sie unverzüglich zu vernichten. Die Vernichtung ist zu dokumentieren. Soweit die Vernichtung lediglich für eine etwaige nachträgliche gerichtliche Überprüfung nach Absatz 4 Satz 3 zurückgestellt ist, sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur für diesen Zweck verwendet werden.
(4) Nach Abschluss der Maßnahmen nach § 185 oder § 185a ist die betroffene Person zu unterrichten. Bei einem durch die Maßnahme unvermeidbar betroffenen Dritten im Sinne von § 185 Abs. 4 oder § 185a Abs. 3 Satz 4 unterbleibt die Unterrichtung, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Ermittlungen möglich wäre oder überwiegende schutzwürdige Belange anderer Betroffener entgegenstehen. Auf die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes ist hinzuweisen. Im Übrigen erfolgt die Unterrichtung, sobald dies ohne Gefährdung des Maßnahmezwecks oder von Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder von bedeutenden Vermögenswerten geschehen kann. Erfolgt die Unterrichtung nicht binnen sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf jede weitere Zurückstellung der Unterrichtung der richterlichen Zustimmung. Über die Zustimmung einschließlich der Dauer weiterer Zurückstellung entscheidet das Amtsgericht, das für die Anordnung der Maßnahme zuständig gewesen ist. Bedurfte die Maßnahme nicht der richterlichen Anordnung, ist für die Zustimmung das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Landespolizeiamt, das Landeskriminalamt oder die Polizeidirektion ihren Sitz hat, zuständig. Ist die Unterrichtung um insgesamt 18 Monate zurückgestellt worden, entscheidet über jede weitere Zurückstellung und deren Dauer das Landgericht, in dessen Bezirk das Gericht nach Satz 6 oder 7 seinen Sitz hat. Ist die Benachrichtigung für insgesamt fünf Jahre zurückgestellt worden und ergibt sich, dass dir Voraussetzungen für eine Benachrichtigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten werden, kann mit Zustimmung des mit der Sache bereits befassten Landgerichts von einer Benachrichtigung endgültig abgesehen werden.
(5) Ist wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die betroffene Person eingeleitet worden, ist deren Unterrichtung in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft nachzuholen, sobald dies der Stand des Ermittlungsverfahrens zulässt. Erfolgt die Benachrichtigung nicht binnen sechs Monaten nach Abschluss der Maßnahme gilt Absatz 4 Satz 6 bis 9 entsprechend.
(6) Eine anderweitige Verwertung der nach § 185 Abs. 2 mit den Mitteln nach § 185 Abs. 1 erlangten Erkenntnisse ist nur zur Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur dann zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist. Bei Gefahr im Verzuge kann, wenn es sich um eine anderweitige Verwendung zur Gefahrenabwehr handelt, die Polizei die Entscheidung treffen, die unwirksam wird, wenn sie nicht binnen drei Tagen richterlich bestätigt wird. Eine Übermittlung der Daten zur Verfolgung von Straftaten ist nur zulässig, soweit die Daten auch nach der Strafprozessordnung mit vergleichbaren Mitteln hätten erhoben werden dürfen.