§ 106 SGB V - Wirtschaftlichkeitsprüfung der kassenärztlichen Versorgung
Bibliographie
- Titel
- Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) Gesetzliche Krankenversicherung
- Amtliche Abkürzung
- SGB V
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Bund
- Gliederungs-Nr.
- 860-5
(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung.
(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird geprüft durch
- 1.arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder bei Überschreitung der Richtgrößen nach § 84 (Auffälligkeitsprüfung),
- 2.arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben, die 2 vom Hundert der Ärzte je Quartal umfassen (Zufälligkeitsprüfung). Die Vertragspartner können vereinbaren, die Stichprobe getrennt nach Arztgruppen zu ziehen. Die Prüfungen nach Durchschnittswerten und die Zufälligkeitsprüfungen umfassen auch die Häufigkeit von Überweisungen, Krankenhauseinweisungen und Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die in Satz 1 vorgesehenen Prüfungen hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren; dabei dürfen versichertenbezogene Daten nur nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Eine erneute Prüfung nach Satz 1 Nr. 2 findet im Regelfall nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Einleitung dieser Prüfung statt. Soweit ärztlich verordnete Leistungen bei Überschreitung von Richtgrößen geprüft werden, werden Prüfungen nach Durchschnittswerten nicht durchgeführt.
(3) Die in Absatz 2 Satz 3 genannten Vertragspartner vereinbaren die Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 2 gemeinsam und einheitlich. Sie haben mit der Entscheidung über die Einzelheiten der Durchführung der Prüfungen Art und Umfang der Leistungen, die in die Prüfungen einbezogen werden, zu beschränken, wenn das Ziel der Prüfung auch auf diese Weise erreicht werden kann. Der einer Prüfung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 zugrunde zu legende Zeitraum beträgt mindestens ein Jahr. Die Vereinbarung für die Prüfung bei Überschreitung der Richtgrößen nach § 84 hat einen Vomhundertsatz der Überschreitung vorzusehen, ab dem Prüfungen ohne Antragstellung durchgeführt werden, sowie einen Vomhundertsatz der Überschreitung, ab dem der Vertragsarzt den sich daraus ergebenden Mehraufwand zu erstatten hat, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Die Vertragspartner haben auch das Verfahren für die Fälle zu regeln, in denen die Krankenkasse den Versicherten nach § 64 Kosten erstattet. In den Verträgen ist auch festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Einzelfallprüfungen durchgeführt und pauschale Honorarkürzungen vorgenommen werden. Für den Fall wiederholt festgestellter Unwirtschaftlichkeit sind pauschale Honorarkürzungen vorzusehen.
(3a) Ergeben die Prüfungen nach Absatz 2 und nach § 275 Abs. 1 Nr. 3b, Abs. 1a und Abs. 1b, daß ein Arzt Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat, obwohl die medizinischen Voraussetzungen dafür nicht vorlagen, kann der Arbeitgeber, der zu Unrecht Arbeitsentgelt gezahlt hat, und die Krankenkasse, die zu Unrecht Krankengeld gezahlt hat, von dem Arzt Schadensersatz verlangen, wenn die Arbeitsunfähigkeit grob fahrlässig oder vorsätzlich festgestellt worden ist, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorgelegen hatten.
(4) Die in Absatz 2 Satz 3 genannten Vertragspartner bilden bei den Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsame Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse. Den Ausschüssen gehören Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl an. Den Vorsitz führt jährlich wechselnd ein Vertreter der Ärzte und ein Vertreter der Krankenkassen. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(5) Der Prüfungsausschuß entscheidet auf Antrag der Krankenkasse, ihres Verbandes oder der Kassenärztlichen Vereinigung, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Dabei sollen gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Krankenkasse oder ihr Verband kann vor Stellung eines Antrags nach Satz 1 den Vertragsarzt mit seiner Zustimmung über die veranlaßten Leistungen, deren Kosten und über wirtschaftliche Alternativen informieren. Gegen die Entscheidungen der Prüfungsausschüsse können die betroffenen Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen, die Krankenkasse, die betroffenen Landesverbände der Krankenkassen sowie die Kassenärztlichen Vereinigungen die Beschwerdeausschüsse anrufen. Die Anrufung hat aufschiebende Wirkung. Für das Verfahren sind § 84 Abs. 1 und § 85 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes anzuwenden. Das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuß gilt als Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes).
(5a) Abweichend von Absatz 5 werden bei einer Überschreitung der Richtgrößen nach § 84 Abs. 3 um mehr als 15 vom Hundert Prüfungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 ohne Antragstellung durchgeführt; bei einer Überschreitung um mehr als 25 vom Hundert hat der Vertragsarzt den sich daraus ergebenden Mehraufwand zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Absatz 5 Satz 4 gilt entsprechend. Eine Klage gegen die Entscheidung des Beschwerdeausschusses hat keine aufschiebende Wirkung. Die Vertragspartner nach Absatz 2 Satz 3 können frühestens ab 1. Januar 1995 Vomhundertsätze vereinbaren, die von den in Satz 1 genannten abweichen.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen; § 83 Abs. 2 gilt entsprechend.